Inhalt
Als ein Mädchen unter Schock aufgefunden und der Wohnwagen der Familie zertrümmert in New Mexico aufgefunden wird, steht die Polizei vor einem Rätsel. Erst eine Autopsie und das Hinzuziehen des Biologen Dr. Medford (Edmund Gwenn) bringen eine schreckliche Gewissheit ans Licht: Auf einem ehemaligen Atomtestgelände mutierten Ameisen zu riesigen Monstern und drohen, sich in ganz Amerika auszubreiten. Zusammen mit dem Militär verfolgen sie die Spur bis nach Los Angeles, wo sich die Rieseninsekten in der Kanalisation verschanzt halten...
Kritik
Noch kurz vor "Tarantula" markierte "Formicula" den Beginn der so genannten "Bug Movies", in denen großgewachsene Monstertiere die Menschheit bedrohten. Und schon hier stilisiert man die Army als Heilsbringer für das amerikanische Vollk hoch, garniert mit etwas stereotyper Familienthematik und klar gesteckten Figurenmustern.
Dass Regisseur Gordon Douglas vorher schon mit Stan Laurel und Oliver Hardy zu tun hatte, scheint in diesem Monster- und Katastrophenmovie offenkundig durch. Ein paar verschrobene Pennercharaktere dürfen hier ihren alkoholgeschwängerten Dunst von sich geben oder gleich ganz nach Skrewball-Art durchdrehen (Stichwort: Saufkompanie), was durchaus für Lacher sorgte, aber der Thematik und Filmausrichtung nicht ganz gerecht wird. Denn nimmt der Film seine Story sehr ernst. Im Atomzeitalter stellt sich das Werk durchaus wichtige Fragen, schraubt sich formell immer weiter in die Spirale der globalen Bedrohung und platziert etwa eine besorgte Mutter in den Plot, die ihre Kinder vermisst. Da lacht sich auch niemand ins Fäustchen, außer vielleicht der geneigte Zuschauer, wenn er merkt, dass das Werk in seiner Hauptessenz völlig ironiefrei verfährt - und dies gar zu einer moralisch geschwängerten Schlussaussage des Biologen.
Aus heutiger Sicht betrachtet ist die Story natürlich ein Witz. Da sprudeln Logiklöcher aus der Colaflasche, als ob ein Mentos hineingefallen wäre, und die Dialoge sind gut und gerne mal lachhaft bis unfreiwillig komisch ausgefallen. Man fragt sich ständig nach Sinn und Zweck der Storyentwicklung, und schnell wird klar, dass eben alles mal schnell passgenau zusammengeschustert wurde. Atomgelände, zoologischer Hintergrund, Auftritt der Armee und supernaives Rechtsverständnis werden entweder bestätigt oder völlig sinnentleert karikiert. Und nicht selten schwingt der Vorwurf mit, dass das amerikanische Kino dieses Sinnbild für die eigenen Hirngespinste um den Kalten Krieg verwendete. Da verwundert es nur, dass die eigenen Atomtests Schuld an der Misere haben und nicht gleich pauschal die Russen.
Das Schwarz/Weiß-Feature hat eine straffe Inszenierung inne, die diesen Eindruck bekräftigt. Ganz im Trashmovie-Eckchen verankert, zeigen bedeutungsschwangere Fade-Outs und verharrende Gesichter den typischen Spannungsfaktor der 50er auf. Natürlich wurde vieles auf Bühnen gefilmt, ist qualitativ sehr unterschiedlich und spart an allen Ecken am letzten Fünkchen Professionalität, und trotzdem konnte sich der Film eine Technik-Oscarnominierung einheimsen (gut, damals war das kein Hexenwerk). Heute darf man sich gut und gerne schlapplachen, wenn ein paar Styropormonster bedrohlich mit dem Kopf wackeln, ein Statist völlig emotionslos einen Notruf morst oder Räume mit Fototapeten hinter der Fensterfassade bestückt sind.
Ähnlichen Trashfaktor kann man auch bei den Schauspielern bewundern, und die nehmen die Sache tatsächlich sehr ernst. Man sollte das Ganze jetzt nicht nach heutigen Maßstäben betrachten, und so wirken die Performances des Cast durchaus belustigend sowie angestrengt seriös. Ähnlich spaßiges Detail wie im Nachfolgefilm "Tarantula" sind kleine Nebenrollen. Was Clint Eastwood bei der Riesenspinne, ist Leonard Nimoy in "Formicula" im Kurzauftritt eines US-Seargeants. Oder wer hätte gedacht, dass ein James Whitmore eine Hauptrolle in diesem Monsterfilm gespielt hatte (jüngere Generationen verbinden ihn noch gerne mit "Die Verurteilten")? Heute würden daran Karrieren scheitern, aber damals? Da zeigte man nostalgisch verklärt mit dem Finger auf den Bildschirm und dachte sich: "Ach Gott, guck mal an!"
Fazit
Hm, was soll man aus heutiger Sicht über einen derartigen Film aussagen? Da müsste man mal bei Marty McFly in der Zeitmaschine mitreisen, um das Publikum damals auszufragen. Aus aktuellen Betrachtungswinkeln ist "Formicula" natürlich reinster Trash auf allen Ebenen. Und daran sind nicht nur die hoffnungslos veralteten Riesenameisenmodelle Schuld - nein, auch die Schauspielerei sowie die luftig-löchrige Story leisten ihren belustigenden Beitrag dazu. Man bemerkt, mit welch simplen Mitteln ein Kino einst zum kollektiven Schreiorchester gebracht werden konnte, heute würde sich der Saal krümmen vor Lachsalven. So ist nun mal der Lauf der Dinge, und trotzdem wirkt der Monstertrashstreifen so verdammt sympathisch, dass er aus nostalgischer Sicht Pflichtprogramm ist.
Autor: Sascha Wuttke