Inhalt
Wenn der neue Wärter als Häftling verkleidet ist, sieht er aus erster Hand die ganze Korruption und die Betrügereien und die Gefängnisbeamten laufen. Als er sich selbst enthüllt und anfängt, Reformen durchzuführen, um die Korruption zu stoppen, kämpft die örtliche Wirtschaft, die von den Betrug profitiert hatte, zurück, und das korrupte Gefängnissystem beginnt politische Schwierigkeiten für den neuen Wärter.
Kritik
Sein bekanntestes Werk lieferte Stuart Rosenberg (Massenmord in San Franscio) wohl mit The Amityville Horror aus dem Jahre 1979 ab. Der angeblich auf wahren Begebenheiten beruhende Horrorfilm war seiner Zeit maßgeblich mitverantwortlich dafür, das sogenannte Haunted-House-Genre neu zu popularisieren, was letztlich auch dazu führte, einen – nicht immer erfreulichen – Subgenre-Trend um von Geistern und Dämonen heimgesuchte Häuser in Bewegung zu setzen (allein das Amityville Horror-Franchise umfasst inzwischen ganze vierzehn Filme). Der Unbeugsame (1967) mit Paul Newman (Der Coup) allerdings ist der vermutlich beste Film, für den sich Stuart Rosenberg verantwortlich gezeigt hat. Das gleichermaßen beeindruckend fotografierte wie gespielte Portrait eines hochdekorierten Soldaten, der im Gefängnis landet und nach und nach an seiner eigenen Rebellion zugrunde geht, ist ein Meisterwerk des amerikanischen Kinos.
Mit Brubaker hat sich Stuart Rosenberg Anfang der 1980er Jahre noch einmal hinter schwedische Gardinen begeben und die wahre Geschichte des Kriminologen Thomas Murton erzählt, der zum Direktor des Wakefield-Gefängnisses erkoren wird und dieses reformieren soll. Kurz nach dem Aufdecken massiver Menschenrechtsverletzungen wurde er unter einem fadenscheinigen Vorwand entlassen. Robert Redford (Ein Gauner und Gentleman), der hier als Murtons Alter Ego Henry Brubaker in Erscheinung tritt, pflegt eine überdeutliche Gemeinsamkeit mit Luke Jackson aus Der Unbeugsame: Das Widerborstige, Unerschütterliche, Auflehnende ist auch seiner Natur eingeschrieben. Es ist gleichzeitig sein größte Stärke wie auch seine auffälligste Schwachstelle, weil er nicht in der Lage ist, Kompromissbereitschaft an den Tag zu legen. Genau diese Charaktereigenschaft, die Verweigerung eines jedweden gegenseitigen Einvernehmens, wird in Brubaker zum Aushängeschild eines unbeirrbaren Helden.
Und genau an diesem Punkt stoßen wir auf das größte Problem, mit dem sich das Skript von Brubaker herumschlagen muss: Der von Robert Redford tadellos gespielte Protagonist ist zu integer, zu blütenrein in seinen moralischen Prinzipien, was das Interesse an seiner Persönlichkeit immer ein Stück weit in Grenzen hält, obgleich der Zuschauer natürlich fraglos auf seiner Seite ist, wenn Henry Brubaker den Kampf gegen Windmühlen in Angriff nimmt. Brubaker lässt sich vorerst inkognito in das Wakefield einliefern, um die verheerende Zustände am eigenen Leibe zu erfahren: Demütigungen, Bestrafungen, Vergewaltigungen und Sklavenarbeit stehen auf der Tagesordnung – und diverse politische Ebenen schlagen Profit aus den unmenschlichen Verhältnissen, die hier herrschen. Institutionelle Korruption nämlich hat in und um diese Mauern der Gewalt eine neue Dimension erreicht – und Hunderten das Leben gekostet.
Natürlich bringt die Geschichte vom unbestechlichen Einzelkämpfer, der sich einem grausamen System in den Weg stellt, unweigerlich etwas ungemein Pathetisches mit sich. Es ist zum einen Robert Redfords kontrollierter Performance zu verdanken, dass Brubaker niemals an Bodenhaftung verliert. Zum anderen ist es die hochgradig stimmungsvolle Regiearbeit von Stuart Rosenberg, der sich hier merklich an der New-Hollywood-Ära orientiert und auf eine stringente Erzählökonomie setzt, die sich nur um die dramaturgischen Elemente schert, die den Handlungsverlauf auch wirklich voranbringen. Auch wenn Brubaker niemals wirklich spannungsgeladen sein mag, der Film besticht durch seine inszenatorische Präzision und schafft es dadurch durchaus packend, das Wakefield-Gefängnis zur gesellschaftskritischen Projektionsfläche eines ganzen Landes erklären: Die Misstände, die den Alltag innerhalb der Haftanstalt bestimmen, tragen ihre üblen Wurzeln außerhalb der Gitterstäbe und Stacheldrahtzäune.
Fazit
Auf einem Niveau mit dem großartigen "Der Unbeugsame" mag sich "Brubaker" nicht befinden, Stuart Rosenberg aber zeichnet sich hier fraglos für einen stimmungsvoll inszenierten und gut gespielten Eintrag in das frühe 1980er Jahre Kino verantwortlich, welches sich hinsichtlich der Erzählökonomie merklich an der New-Hollywood-Ära orientiert. Die Geschichte des unbestechlichen Einzelgängers, der sich einem grausamen System in den Weg stellt, bringt natürlich unweigerlich etwas Pathetisches mit sich, dennoch: Sehenswert.
Autor: Pascal Reis