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Inhalt

Jazz-Musiker Chet Baker steht eine verheißungsvolle Karriere als Trompeter und Sänger bevor. Doch den Mann mit der samtweichen Stimme, der schon bald den Drogen verfällt, erwarten auch herbe Rückschläge auf seinem Weg in den Musik-Olymp. Als Chet bei einer Prügelei seine Vorderzähne verliert, scheint seine Karriere vor dem Aus zu stehen. Unter großen Mühen und unterstützt von seiner Freundin Jane erlernt er wieder das Trompetespielen.

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Quelle: themoviedb.org

Kritik

"I want to play. All I want is to play."

Auf der Tiefe des Raumes heraus betritt er die Bühne. Sein Blick taxiert wortlos das in Zigarettenqualm verhangene Publikum. Er führt die Trompete an seine Lippen, liebkost das Mundstück, beginnt zu spielen - und die Welt steht im Klang des Jazz für einige Minuten still. Es sind losgelöste Momente des inneren Friedens, wenn Chet Baker (Ethan Hawke, Boyhood) sich seiner Leidenschaft hingibt und die Menschen um ihn herum daran teilhaben lässt. Schon früh begann Chet Baker damit, sich autodidaktisch das Improvisieren beizubringen, was ihm letztlich nur möglich war, weil er ein außergewöhnliches Talent dafür besaß, harmonische Zusammenhänge aus dem Bebob aus dem Stegreif zu erschließen und individuell zu umspielen. Swing-Melodien erfasste er bereits im Kindesalter in Windeseile und verpasste ihnen den letzten, eigenen Schliff.

Chet Baker und seine Trompete, das war eine Liebesgeschichte, deren wohltönende Wellen um den Globus getragen wurden, so weit, dass selbst eine stilprägende Jazz-Ikone Charlie Parker nur das größte Lob für den hochtalentierten Jungen aus Oklahoma übrig hatte. Born to Be Blue hat das Leben von Chet Baker nun filmisch aufbereitet, wobei 'Leben' an dieser Stelle eine zu grobe Beschreibung für den Film darstellt. Regisseur und Drehbuchautor Robert Budreau (That Beautiful Somewhere) hingegen beschränkt sich auf die frühen 1960er Jahre und fängt Chet Baker dort ab, wo seine massiven Drogenprobleme langsam Bahn brechen sollten. Dass sich Born to Be Blue dabei jedoch nicht auf eine stringente Narration verlässt und sich chronologischen Kontinuitäten überdrüssig präsentiert, verleiht dem Film über gut 100 Minuten eine interessante, erzählerische Dynamik.

Born to Be Blue nämlich entfaltet sich auf zwei Ebenen: Einer fiktionalen, in der Chet Baker selbst zum Hauptdarsteller seines eigenen Films wird, und auf einer faktischen, in der wir Chet Baker durch die Höhen und Tiefen seiner Lebenswirklichkeit folgen. Es ist ein geschickter, ineinander laufender Kniff, den Robert Budreau durch diese narrative Zweiteilung bemüht, wird hier doch nicht nur Meta-Selbstbeweihräucherung betrieben, sondern versucht, ein Gefühl für die Persönlichkeit Chet Bakers zu entwickeln, in dem man seine Darstellung immer mehr als Interpretation, denn als Rekonstruktion begreift. Gerade dadurch wird und wirkt sein Charakter wahrhaftig, wobei Ethan Hawkes Performances dieser einnehmenden Wirkung natürlich einen Bärendienst erweist: Erneut beweist das intensive Spiel Hawkes, dass er zu den pointiertesten Künstlern zählt, die Hollywood derzeit aufzubieten hat.

Befreit von jedweden formelhaften BioPic-Zwängen und abseits des krampfhaften Hausierens mit lexikalischem Wissen findet Born to Be Blue seine Kompetenz in der Beschreibung eines Menschen, der vom Sonnenaufgang träumen durfte, aber dem Sonnenuntergang verfallen war. In den Tiefen des Drogensumpf wartet die traurige Wahrheit hinter der prominenten Fassade: Chet Baker wünschte sich nichts mehr als zu spielen, seine Abhängigkeit von synthetischen Betäubungsmitteln aber zerschlug ihn mehr und mehr. Eigentlich wollte er doch nur den Schmerz stillen, um sich Glanz und Gloria hinzugeben, letztlich jedoch war er selber der Urheber seines Schmerzes und Schuld daran, nicht nur aufgrund seines Könnens berühmt-berüchtigt zu werden, sondern wegen seiner eigenverschuldeten Auftritte als zerfurchtes Wrack. Born to Be Blue intoniert ein Lied des Scheiterns; ein Scheitern an sich und der Welt.

Fazit

Biographien renommierter Künstler gibt es häufig zu sehen, zuletzt wurde dieses filmische Feld allein mit "Miles Ahead", "I Saw the Light" und "Get on Up" zu genüge stimuliert. "Born to Be Blue" von Robert Budreau allerdings ist keine abgestandene Retortenware, die sich darauf ausruht, chronologisch die Meilensteine im Leben von Chet Baker abzuklappern, sondern überzeugt als ambitioniertes, mit einem blendend aufgelegten Ethan Hawke in der Hauptrolle versehenes Werk, welches Chet Baker mehr interpretiert, anstatt sich auf einer in lexikalischem Wissen gebetteten Rekonstruktion zu verlaufen. Dieser Film ist lebendig.

Kritik: Pascal Reis

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