Inhalt
Auf der Rückreise von einer Lesung hat Krimiautorin Tess eine Autopanne mitten im Nirgendwo. Der zufällig vorbeikommende Mechaniker scheint wie ein Wink des Himmels, bis der Hüne über sie herfällt, brutal vergewaltigt und in dem Glauben sie sei tot in einem Abwasserkanal zurücklässt. Tess schleppt sich irgendwie nach Hause und nach einer Phase von Angst, Panik und Scham bleibt nur noch ein Gefühl zurück: Vergeltung. Aber überlegt durchgeführt…
Kritik
2017 war eindeutig Stephen King-Jahr, keine Frage. Mit Der Dunkle Turm und Es landeten zwei seiner populärsten Bücher auf der Kinoleinwand und auch wenn sicher nicht alle Erwartungen entsprechend erfüllt wurden (bei Der Dunkle Turm: Irgendwer?), die Marke King ist wieder richtig hot geworden. Das spült dann auch leicht verspätet Filme auf unseren Heimkinomarkt, an denen offenbar von Verleihseite kein großes Interesse bestand. So auch Big Driver, bereits 2014 für das US-Fernsehen abgedreht, beruhend auf der gleichnamigen Kurzgeschichte aus der Novellen-Sammlung Zwischen Nacht und Dunkel (Full Dark, No Stars) aus dem Jahr 2010, die auch die Vorlagen zu den Verfilmungen A Good Marriage und 1922 enthält.
Inhaltlich dort wie hier sehr einfach gehalten und oberflächlich schnell erzählt (Kurzgeschichte, wen wundert’s?): Nach einer brutalen Vergewaltigung sinnt die fälschlicherweise von ihrem Peiniger für tot gehaltene Krimiautorin Tess (Maria Bello, Lights Out) auf Rache. King’s Geschichte lebte und funktionierte schon in der Ursprungsform weniger durch einen sonderlich originellen Plot, der an sich nichts anderes ist als schlichter Rape & Revenge, in seiner moralischen Ausrichtung tendenziell immer fragwürdig, der (Zwischen)Ton macht da oft die Musik. Bei der Vorlage wurde dieser bestimmt durch den ausgeprägten inneren Monolog, den die Schriftstellerin mal unverfälscht mit sich selbst, öfter aber schützend-verkapselt über fiktiven Charaktere aus ihren Büchern oder gar mit ihrem Navi „Tom“ führt. Um einerseits ihr Trauma zu verarbeiten, ihre Taten zu rechtfertigen aber auch um ihren kriminalistisch geschulten Verstand zu kitzeln, um Fehler zu vermeiden und besonders Zusammenhänge und Motive zu entschlüsseln. Kurz gesagt: Die Novelle funktionierte ganz klar über die Stilistik, die Handwerkskunst denn über die reine, an der Oberfläche vorgetragenen Handlung.
So etwas in einem Film zu verarbeiten ist immer schwierig und obwohl es bei Big Driver durchaus versucht wird, es bleibt nur ein grobes Abfilmen einer simplen Böse-Nacht-Geschichte, mit wenig Aufwand und noch weniger Motivation. Gefangen im biederen TV-Film-Look hält man sich lange stoisch, verkrampft, unsicher und sehr mutlos-blind an den reinen Ablauf, um ausgerechnet am Ende plötzlich unnötige Mini-Kürzungen und Kompromisse vorzunehmen, die trotz ihrer augenscheinlichen Banalität für entscheidenden Verständnis- und Wirkungslücken sorgen. Selbst das wäre relativ egal, wenn der Film es verstehen würde das entscheidende, narrative Element adäquat zu übertragen, was leider nicht der Fall ist. Es ist vorhanden, aber wohl nur weil es so im Buch steht, den ursprünglichen Zweck erfüllt es nicht. Klarer Fall von falscher Prioritätensetzung. Was oder eher wer einiges an Boden gut macht: Maria Bello ist ein echter Lichtblick, sehr überzeugend in dieser nicht ganz leichten Rolle und abermals doch fast Perlen vor die Säue.
Fazit
Blasse, wenn auch partiell nicht ganz wirkungslose Verfilmung einer Geschichte, die sich wesentlich besser liest als anschauen lässt. Zumindest in dieser Form. Weil Stephen King es eben aufgrund seiner intensiven Figurenschilderung oft versteht, auch aus kleinen Ideen ein packendes Angst- und Terror-Häppchen zu kreieren. Wenn das dann nur am Rande stattfindet, bleibt am Ende natürlich nicht mehr als ein Rohbau. Maria Bello ausgenommen, wie immer…
Autor: Jacko Kunze