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Im Sci-Fi-Thriller Ad Astra reist der Astronaut und Raumfahrt-Ingenieur Roy McBride zum Neptun, um auf dem Planeten seinen Vater, der vor 30 Jahren auf der Suche nach außerirdischem Leben verschollen gegangen ist, und vielleicht sogar die Lösung für eine globale Bedrohung zu finden.

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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Nachdem Gravity (2013) uns durch atemberaubende Plansequenzen und einen markerschütternden Sound in die Kinosessel drückte, Interstellar (2014) mit einem originellen Plot unsere Hirnwindungen durchpustete, Der Marsianer (2015) Unterhaltungswert und Faszination für die Wissenschaft miteinander verquickte und Aufbruch zum Mond (2018) sich in feinen Beobachtungen emotionaler Regungen seiner Charaktere übte, stehen wir vor der Frage, was ein weiteres Weltraum-Abenteuer uns noch Neues bringen kann. Trotz der facettenreichen Vorlage dieser Reihe hochkarätiger Filme entschied Regisseur und Drehbuchautor James Gray, sich ebenfalls im Science-Fiction-Genre auszuprobieren. Mit Ad Astra wagt er sich, im wahrsten Sinne der Worte, zu den Sternen. Die Erwartungen des Publikums, etwas Neuartiges zu Gesicht zu bekommen, steigern wohl die Fallhöhe auf dem Weg zu den Sternen. Doch welcher Regisseur, wenn nicht James Gray, hat das Potenzial, durch seine markante individuelle Handschrift ein Weltraumwunderwerk zu schaffen, das sich von den anderen abzuheben versteht!

Indem Ad Astra sich voll und ganz auf seine Hauptperson, den Astronauten und Weltraum-Ingenieur Major Roy McBride (Brad Pitt, Once Upon a Time in Hollywood), konzentriert, schafft er eine ähnlich intime Atmosphäre wie schon Aufbruch zum Mond. Der entscheidende Unterschied ist jedoch, dass er den intensiven Nahaufnahmen von Gesichtsregungen anhand der Erzählerstimme Brad Pitts einen Kommentator hinzufügt. So gesellt sich zu der Außensicht eine Innensicht, die zumindest auf der rationalen Ebene einen Zugang zu Roy McBride gewährt. Das Faszinierende dabei ist, dass wir an zahlreichen psychologischen Bestandsaufnahmen teilnehmen und jeglichen Gedanken der Hauptperson auf dem Silbertablett geliefert bekommen und trotzdem nicht eindeutig sagen können, ob wir Roy McBride kennen und verstehen gelernt haben. Denn ihm fehlt ein Stück weit die Fähigkeit, Emotionen zu empfinden und auszuleben, was es ihm schwer macht, sich in Bindungen zu anderen Menschen zu begeben. Sein Puls übersteigt selten 80 Schläge in der Minute, was es ihm ermöglicht, in den gefährlichsten Situationen einen kühlen Kopf zu bewahren und nicht ohnmächtig zu werden. Diese Eigenschaften befähigen Roy McBride dazu, Höchstleistungen in seinem Beruf zu erbringen, lassen ihn aber auch zu einem einsamen Menschen werden. So gelingt es seiner Frau (Liv Tyler, Wildling) nur selten, seine Aufmerksamkeit auf ihre Beziehung zu lenken. Und die andere wichtige Bindungsperson, sein als Held für seine Arbeit als Raumfahrtpionier gefeierter Vater (Tommy Lee Jones, The Homesman), ist vor vielen Jahren im Weltraum verschollen.

Trotz der Schwierigkeiten Roy McBrides, sein Innenleben auf einer emotionalen Ebene mitzuteilen, nimmt man die Reise zum Neptun mit ihm zusammen gerne auf sich. Denn als integrer Mensch mit wahrnehmbaren Stärken und Schwächen und einer nur nachvollziehbaren Angst, am Ende wie sein Vater zu werden, ist er eine gelungene Hauptfigur. Und Brad Pitt, der auf dem Höhepunkt seiner Karriere angelangt zu sein scheint, vermittelt ihr durch sein minimalistisches, nuanciertes Spiel eine ungemeine Authentizität. Neben der ausgefeilten psychologischen Komponente hat Ad Astra aber auch Qualitäten zu bieten, die Erinnerungen an Gravity und Der Marsianer aufkommen lassen. So wartet die erste halbe Stunde mit schwindelerregenden Aufnahmen von zusammenstürzenden Funktürmen und exzellent inszenierten Verfolgungsjagden auf dem Mond auf. Damit ist es James Gray und seinem Kameramann Hoyte Van Hoytema gelungen, den Weltraum in düsteren Aufnahmen kühler, scharfkantiger Materie als menschenfeindlichen Ort darzustellen, ganz der Vision des Regisseurs zufolge.

Den einzigen Vorwurf, den man Ad Astra machen kann, ist seine Tendenz, die Botschaften auf der Stirn zu tragen. Denn der begleitende Kommentar von Roy McBride nimmt ein Stück weit die Interpretationen eines Kunstwerkes vorweg und wandelt auf einem schmalen Grat zwischen psychologischer Reflexion und pathetischer Verkündung von Botschaften. Aber solange die Gratwanderung gelingt, ist es ein mutiger und innovativer Bestandteil, der dem Film sein Alleinstellungsmerkmal gegenüber anderen Weltraum-Abenteuern beschert. Damit glückt es James Gray, auch ohne die aus seinen Historienfilmen bekannten sepiagetönt-flackernden Bilder, seinen individuellen Stempel dem Science-Fiction-Genre aufzudrücken.

Fazit

Mit „Ad Astra – Zu den Sternen“ wagte sich auch James Gray an das Science-Fiction-Genre heran und nahm es mit Leichtigkeit mit den großen Weltraum-Filmen des letzten Jahrzehnts auf. Auf originelle Weise verbindet er künstlerische Bildsprache, spannungsgeladene Actionsequenzen und psychologische Charakterstudie, die den Zusammenprall von Materie und Materie, Mensch und Materie sowie Mensch und Mensch im Weltraum abbilden. Ein mutiger Film, der die Spannweite voll ausnutzt und damit den Weiten des Weltalls alle Ehre macht.

Kritik: Jonas Göken

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