Inhalt
Die drei ungleichen Brüder Celal, Sami und Mesut leben mit über dreißig immer noch zusammen. Ihr geerbter Brautmodeladen läuft richtig schlecht und jeder bastelt irgendwie an seinem eigenen Lebensentwurf herum: Frauenschwarm Celal trauert seiner Ex Anna hinterher und riskiert für seinen Traum eines Handyladens sogar den letzten Cent der Familie. Sami sucht nach der großen Liebe, versemmelt aber jedes Date mit unkontrollierten Wutausbrüchen. Und Mesut, der Jüngste, möchte seit Neuestem streng nach den Regeln des Korans leben und träumt gleichzeitig von einer coolen Musikkarriere. Als die drei charmanten Chaoten eines Tages wider Willen Ersatzpapis eines Babys werden, stellt das kleine Mädchen das bisherige Dasein der drei Brüder komplett auf den Kopf. Im Crash-Kurs müssen die eingefleischten Junggesellen lernen Verantwortung zu übernehmen und auf einmal erhält Ihr Leben bisher unbekannten Schwung.
Kritik
Lang ist der Weg und beschwerlich, der hinaus ins Licht führt aus der Hölle. Deutsche Komödien haben es nicht leicht. Zwar sind sie regelmäßig erfolgreich an den Kinokassen, aber dennoch müssen sie viel Häme und Kritik einstecken. Kritik über die Malen-nach-Zahlen-Geschichten, die nicht selten lediglich ein paar Details abändern und ansonsten (aber nicht immer) noch mit einer veränderten Besetzung aufwarten. Ebenso ausgereizt wie die Toleranz und Geduld des deutschen Publikums wird dabei das Sujet der Migration. Deutsche mit Migrationshintergrund und Integration sind ein wichtiges Thema, werden hier aber immerhin weitestgehend ignoriert. Immerhin, weil es da weitaus schlimmere Fälle gibt, die sich an der Thematik versuchen und denen nichts besseres einfällt, als sich über den „Assi“ zu belustigen. Dann lieber gar nicht, sondern so wie hier einfach ein wenig mit Vorurteilen sanft spielen, den wirklichen Fokus aber auf die emotionalen Welten der Figuren legen.
Das soll nun aber nicht heißen, dass „3 Türken und ein Baby“ keine von den unüberschaubar massenhaften deutschen (TV-)Komödien geworden ist, von der man mit verbundenen Augen jede Plotpoint nennen und vorhersagen kann. Das ist er nämlich doch und das ist auch im gleichen Maße ermüdend und nervig, wie in all den anderen Filmen. Das größte Problem findet sich hier jedoch in dem Versuch, Humor in die ganze Gaudi einzubringen. Damit scheitern der Film und Sinan Akkus ("Evet, ich will!")nämlich so spektakulär auf jeder erdenklichen Ebene, dass es schon fast bemerkenswert ist. Das fängt direkt in der ersten Szene an, wenn mögliche Witze durch die Abstinenz jeglichen Timings komplett aber nicht unbemerkt an dem Zuschauer vorbeiziehen und man noch die Gelegenheit hat, auf sie zu zeigen: Ha, das sollte ein Witz sein! Funktionieren tut leider das Wenigste, was immer und immer wieder am fehlenden Gespür der Inszenierung liegt. Ganz bitter.
Dabei liegt es gar nicht einzig und allein am Timing, dass der Humor gar nicht zünden mag, sondern auch an der offensichtlichen Notlage des Drehbuches. Witze, die so einen langen Bart haben wie Albus Dumbledore werden hier wieder und wieder verwurstet. Witze, die man so in- und auswendig kennt, dass man sich sicher ist, alle Seiten der Pointe zu kennen. Zumindest bis man überrascht wird, weil Akkus selbst diese Witze inszenatorisch in den Sand setzt. Es ist, als würde jemand vergessen haben, wie man das ABC richtig aufsagt und sich immer wieder verirrt und die Plätze einiger Buchstaben unkontrolliert vertauscht. In manchen Szene wird derart verkrampft versucht, zu einem Witz zu gelangen, dass man den Willen des Autors strampeln spüren kann. Es ist traurig und führt lediglich dazu, dass man als Zuschauer schon nach einer Viertelstunde beginnt, auf die Uhr zu schielen.
Altbackene Witze, Klischees, Schema F. Was fehlt noch, wenn nichts wirklich zünden mag und die Ideenlosigkeit derart deutlich auf der Stirn jedes Beteiligten steht? Richtig, der Fäkalhumor. Kotzwitze sind total lustig. Kakawitze sind total lustig. Nacktsein ist total lustig. Omasex ist auch total lustig. Total. Und wenn dann das arg zusammengeschusterte Finale kommt und der Film sich auf den Humor, der oft aus dem Chaos aufersteht, konzentriert, dann breitet sich das mangelnde komödiantische Talent der Macher des Films ganz deutlich vor dem Publikum aus. Statt chaotisch-lustig ist es hier stets nur chaotisch. Und darauf wird so herumgeritten, dass es einfach nur ermüdend ist. Aber das ist der Film bereits von Anfang an, wenn die Figuren die ultimative Moral der Geschicht schon wortwörtlich in einer der ersten Szenen aussprechen. Und danach passiert nichts, sodass der Zuschauer über eine weitere Stunde der Bedeutungslosigkeit Zeuge sein darf.
Fazit
„3 Türken und ein Baby“ scheitert als Komödie in nahezu allen Belangen. Die Geschichte und die Witze sind ebenso lahm wie platt, ebenso altbekannt wie uninspiriert. Dem durchaus sympathischen Hauptdarsteller Kostja Ullmann ("A Most Wanted Man") wegen mag man hier und da noch drei oder vier Augen zudrücken, aber wenn in einem Film die Plage der „Youtube-Stars“ noch das kleinste Problem ist und Eko Fresh nicht der darstellerische Tiefpunkt im Ensemble ist, dann ist das gleichzeitig überraschend und alarmierend. Dass Frederick Lau wieder und immer wieder in Filmen derart verheizt wird, ist und bleibt unverzeihlich und so ist das einzige, was diesen Film vor der Vollkatastrophe rettet, dass er für einen Familienfilm das Herz am rechten Fleck hat.
Autor: Levin Günther