Inhalt
Der Zirkusclown Metulski hat dem Kunstsammler und Freak Nihil Baxter (Helge Schneider) sein Auto verkauft. Als Baxter bemerkt, das dieser ihn mit dem Auto übers Ohr gehauen hat, erschlägt er Metulski mit einer Statue. Kommissar 00 Schneider (Helge Schneider) und sein Kollege Körschgen (Helmut Körschgen) ermitteln in dem Mordfall und kommen schon bald dem exzentrischen Nihil Baxter auf die Schliche...
Kritik
Helge Schneiders (7 Zwerge - Männer allein im Wald) Texas – Doc Snyder hält die Welt in Atem kam einem Schlag gleich. Für die einen war das Langfilmdebüt des einzigartigen, speziellen Künstlers und Multitalents ein Schlag gegen sämtliche Filmkonventionen und somit ein unvergleichlich reiches Werk an Zitaten und humorvollen Momenten für die Ewigkeit. Für die anderen war der Film schlicht ausgedrückt ein Schlag ins Gesicht. Nun hätte man davon ausgehen können, dass Schneiders erste Gehversuche als Regisseur mit typischen Anfängerfehlern gespickt waren, die er für seinen darauffolgenden Film ausmerzen und sich mehr auf ein kohärenteres, durchdachteres oder ansatzweise ambitioniertes Werk konzentrieren würde.
Ambitioniert ist 00 Schneider – Jagd auf Nihil Baxter tatsächlich, aber nur im Bezug auf die Frage, wie weit Schneider es noch mit seinem Publikum treiben kann, bevor er endgültig im puren Dadaismus angelangt ist. Sein zweiter Langfilm ist erstaunlicherweise sogar noch extremer, was den unangepassten Humor betrifft, wirft jegliche Ansätze von Stringenz oder plausibler Logik aus dem Fenster und kreiert eine Form des geradezu surrealen Anti-Humors, den es im deutschen Film in solch einer Form vermutlich noch nie gegeben hat. Kommissar 00 Schneider, der in Schneiders Langfilmdebüt bereits seinen ersten Auftritt erhielt, kehrt aus dem Ruhestand in den aktiven Dienst zurück, um den Mord an Zirkusclown Bratislav Metulskie aufzuklären, für den der verrückte Kunstsammler Nihil Baxter verantwortlich ist. Dieser eine Satz umschreibt alles, was man hier an grober Rahmenhandlung spendiert bekommt. In ungefähr jeder zweiten Szene schweift der Regisseur absichtlich vom Geschehen ab und ergeht sich teilweise minutenlang in absurden Nichtigkeiten, die zweifelnde Zuschauer, welche mit Schneiders Art eher weniger anfangen können, zur absoluten Verzweiflung bringen dürften.
Es ist bemerkenswert, mit was für einem konsequenten Hang zum dilettantischen Nonsense sich Schneider durch dieses Werk bewegt und einen gigantischen Reigen des bizarren Wahnsinns über den Zuschauer regnen lässt. Erneut hat er die Regie übernommen, die jazzige Musik komponiert und unter dem ausgeklügelten Pseudonym "Brötchen" das Drehbuch geschrieben. Daneben fährt 00 Schneider – Jagd auf Nihil Baxter aber vor allem ein Figurenarsenal auf, in dem Schneider persönlich wieder einmal am meisten hervorsticht. Selbst diejenigen, die vom grotesken Stil des Regisseurs kaum erreicht werden und in manchen Szenen glauben, sie befänden sich kurz vor einem Schlaganfall, müssten spätestens die unglaublich schräg entworfenen Charaktere zumindest etwas lieb gewinnen. Schneider macht sich nicht nur einen Heidenspaß daraus, in vier verschiedene Rollen zu schlüpfen, die er alle mit ganz unterschiedlichen Eigenheiten verkörpert, sondern lässt diese auch immer wieder in gemeinsamen Szenen aufeinanderprallen, was aufgrund von verplanten Schnitten, notdürftigen Doubles und völlig abstrusen Dialogen sowie blanken Aussetzern zu Situationen führt, die man selbst gesehen haben muss, um sie glauben zu können.
Das Konzept des formvollendeten Chaos, bei dem keine Sekunde dieses Films nach irgendwelchen Regeln spielt und eine Pointe nach der anderen abgefeuert wird, egal wie gelungen oder misslungen diese ist, macht 00 Schneider – Jagd auf Nihil Baxter zum radikalsten Werk des Regisseurs, das unter Fans von Helge Schneider gerne zum persönlichen Favoriten gekürt wird. Die deutlich vermehrten Auftritte von Helmut Körschgen, den Schneider in nur zwei Filmen vom Parkplatzwächter zu einem der fragwürdigsten Schauspieler aller Zeiten machte, da dieser von Schauspiel nicht die geringste Ahnung hatte, sind nur die Spitze des Eisbergs, den der Regisseur ganz bewusst zum Einstürzen bringt, wenn er kurz vor dem eigentlichen Finale beispielsweise noch mal in einen komplett neuen Handlungsstrang springt, der sich um die irrwitzigen Geschehnisse in der Praxis Dr. Hasenbein dreht. Eine Figur, der Schneider wiederum in seinem nachfolgenden Werk einen eigenen Film beschert hat.
Fazit
Regie, Drehbuch, Musik und Schauspiel: Helge Schneider. Diese Information alleine dürfte ausreichen, um zu wissen, was einen in "00 Schneider – Jagd auf Nihil Baxter" erwartet. Doch selbst in der ohnehin eigenwilligen, gewöhnungsbedürftigen Filmographie des Künstlers nimmt dieses Werk nochmal eine Sonderstellung ein, denn so wahnsinnig, extrem und sämtliche Konventionen verweigernd ist Schneider noch nie durch die deutsche Filmlandschaft gerast. Witzig, verstörend, irritierend, anstrengend, fordernd und zitierwürdig zugleich. Der ultimative Helge-Schneider-Film.
Autor: Patrick Reinbott