Bildnachweis: ©TSUKUMIZU, SHINCHOSHA, GIRLS LAST TOUR PARTNERS

"Girls' Last Tour" - Vol. 1 - Kritik

von Thomas Repenning

Die Anime-Serie Girls' Last Tour (OT: Shoujo Shuumatsu Ryokou) von Autor Tsukumizu – basierend auf seinem gleichnamigen Manga - ist gleich in mehrfacher Weise ein Kleinod: Nicht nur ist der Stil sehr einprägsam und eigenwillig – perfekt von Regisseur Takaharu Ozaki übertragen – auch die sehr fließende Geschichte in Form einer apokalyptischen Odyssee ist einmalig. So lebt Girls' Last Tour nicht von seiner Handlung, sondern von der Interaktion der beiden Hauptprotagonistinnen Chito und Yuuri. Diese sind nicht nur menschlich vollkommen naiv, sondern wissen wie der Zuschauer selbst fast nichts über die Welt, die uns Tsukumizu hier offenbart. Und selbige ist natürlich klar das Highlight: Denn wo Mensch, Tier und Vegetation der Gier der Menschheit zum Opfer gefallen ist, verloren in Krieg und Kampf, ist auch ein Überleben ohne jeglichen Sinn und Verstand. Doch Chito und Yuuri sind sich dessen überhaupt nicht bewusst und durchstreifen daher neugierig auf der Suche nach Essen (nicht Wissen) die Welt die übriggeblieben ist. Keine einfache Kost, aber eine Irrfahrt sondergleichen. Seit dem 30.11. ist nun Vol. 1 dank Universum Film GmbH im Handel erhältlich. Wir haben einen Blick riskiert.

Story

Die beiden Freundinnen Chito und Yuuri, versuchen in einer vom Krieg zerstörten Welt zu überleben. Sie reisen ziellos auf ihrem "Kettenkrad" durch die Ruinen und suchen Tag für Tag nach Nahrung als auch nach Treibstoff für ihr Gefährt. Die beiden können sich nur auf ihre eigenen Erfahrungen und Chitos eingeschränkte Lesefähigkeit verlassen, um die Welt um sie herum zu verstehen. Der Klang von Regentropfen fasziniert die beiden genauso wie alte Götterstatuen oder interessante Kreaturen denen sie auf ihrer Reise ins Unbekannte begegnen. Obwohl sie ab und zu auf andere Menschen treffen, wird ihnen bewusst, wie einsam sie eigentlich sind. Sie träumen davon, auf die nächst höhere Ebene der Ruinen zu gelangen und irgendwann einmal den Mond zu erreichen. Trotz der düsteren Zeit, in der sie leben, lassen sie sich nicht entmutigen und leben für die Gefühle und Erfahrungen, die sie miteinander teilen …

Kritik

Episodenhaft aufgebaut – insgesamt vier Folgen erwarten den Zuschauer in Vol. 1 (Sternenhimmel / Krieg..., Badespaß / Tagebuch / Waschtag, Begegnung / Stadt / Straßenlaternen… sowie Fotografie / Tempel) – konzentriert sich Girls' Last Tour, auch aufgrund vollkommen fehlender anderer Charaktere, vollkommen auf Chito und Yuuri. Zwei Kinder in einer Welt voller Grauen, Eis, Schnee und der Ödnis. Diese zum einen sehr eigenwillige Erzählweise zusammen mit der herrlichen Naivität der Beiden ist wohl das größte Highlight der Serie. Denn die eigentliche Welt, die sich gerne in unlogischen Zusammenhängen verschließt, bietet eher nur Bilder als einen wirklichen Inhalt. Und genau hier greifen Chito und Yuuri. Während Chito Wissen bewahren möchte und Tagebuch schreibt, ist Yuuri eher die Unbedarftheit und die Neugier. Diese Verbindung aus niedlicher Düsterheit ergibt immer wieder grandiose Szenen die zum Nachdenken anregen und eine Apokalypse offenbaren, in der der Mensch eigentlich schon gar kein Teil der Welt mehr sein dürfte.

So gibt es während er Irrfahrt vor allem eine einprägsame Folge, in der Chito und Yuuri ein paar Essensrationen finden. Doch statt einmal fünf Riege aufzuteilen, sind sie dazu verdammt die Fehler und Vergehen ihrer Vorfahren zu wiederholen: So hält Yuuri überraschend Chito eine Waffe vor den Kopf und isst kurzerhand den Riegel alleine. Während Chito zum Gedanken kommt, dass sie sich doch auch hätte lieber bewaffnen sollen, entsteht ein Gleichnis, welches sich perfekt auf unsere Gesellschaft, unsere Zeit und unsere Zukunft übertragen lässt. Statt eines Teilens kommt es zur Bewaffnung. Statt einer Bewahrung zur Zerstörung. Und dies spiegelt sich schließlich auch in der Welt von Girls' Last Tour wieder: Riesige Städte, gigantische Betonklotze, Fabriken, Türme zum Himmel und eine beängstigende Leere. Die Schönheit ergibt sich nur noch aus der eigentlichen Stille sowie eines Tempels am Ende, der eine Verehrung des Lichtes offenbart. Hier bekommen die beiden auch die passenden Dialoge in den Mund gelegt, der zu einem kleinen Offenbarungseid führt. Allerdings, und auch dies gehört zur Wahrheit, muss hier der Zuschauer schon genau hinsehen und zuhören. Leichte Kost ist Girls' Last Tour trotz seiner visuellen Einfachheit und Darstellung nie. Zum Glück.

Blu-Ray

Die Blu-Ray von Girls' Last Tour - Vol. 1 ist dank Universum Film GmbH ab dem 30.11.2018 im Handel erhältlich. Technisch gesehen gibt es unterdessen wenig zu beanstanden. Das Bild ist kräftig, scharf, weich und überträgt gekonnt die Ödnis auf den Fernseher. Und auch der Ton – vorliegend in Deutsch DTS-HD MA 2.0 Japanisch DTS-HD MA 2.0 – ist ebenfalls gelungen. Zudem liegt der Japanische Original Trailer bei

Fazit

Girls' Last Tour ist durchaus schwere Kost, trotz seiner leichten teils schon knuffigen Inszenierung, und bietet somit einen tiefgreifenden wie interessanten Blick in eine Zukunft, in der der Mensch sich längst selbst überlebt hat und Missgunst, Krieg und Hass zum Unvermeidbaren geführt haben. Was bleibt ist eine schneebedeckte leere Landschaft ohne Hoffnung und ein Duo, welches ebenso ungewöhnlich wie einnehmend ist. Tolles Anime-Kino.

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