Bildnachweis: © Plaion Pictures | Szene aus "Nikita"

"Nikita": Ein Blick auf das 3-Disc-UHD-Steelbook

von Yuliya Mieland

Inhalt

Die junge Französin Nikita (Anne Parillaud) gilt als Enfant terrible, da sie mit ihren Freunden gegen jegliche Regeln rebelliert und Autorität von Natur aus ablehnt. Als ein nächtlicher Einbruch in einer Apotheke jedoch in einer blutigen Schießerei mit der Polizei endet, steht die junge Frau vor einer folgenschweren Wahl, denn ihr droht ein Leben im Gefängnis und unter Umständen sogar der Tod. Als scheinbar letzter Ausweg winkt eine Resozialisierung, samt Umschulung zur Auftragsmörderin für die Regierung. Unter den Fittichen ihres Mentors Bob (Tchéky Karyo ) lernt sie nicht nur den Umgang mit Waffen aller Art, sondern auch den Wert von Weiblichkeit und gehobenen Manieren. Aus der rotzfrechen Punkerin wird nach und nach eine kultivierte junge Dame, doch schon bald muss Nikita lernen, dass ihr neu gewählter Beruf nichts für zarte Gemüter ist, denn die Regierung sitzt ihr ständig im Nacken, nur darauf wartend, wann Sie ihre Waffe auf zwei Beinen wieder einsetzen können. Um endlich ein neues Leben anfangen zu können, frei von Gewalt, Mord und Verfolgung, beschließt Nikita einen letzten Auftrag anzunehmen, mit ungeahnten Konsequenzen.

Kritik

Der Regisseur Luc Besson (DogMan) erlangte wegen seiner Beziehung zu einer Minderjährigen eher zweifelhaften Ruhm und so erhielt der Film  Léon - Der Profi wegen der abgewandelten „Lolita-Thematik“ natürlich einen faden Beigeschmack, obwohl der Film einen Kultstatus hat und für viele sogar als ein Meisterwerk gilt. Léon - Der Profi hat durchaus eine enorme Durchschlagskraft und ist wahrscheinlich eines der besten Werke von Besson. Der Film Nikita, der vier Jahre zuvor herauskam, kann nicht so ganz mit  Léon - Der Profi mithalten, hat aber trotzdem seine Stärken und Besonderheiten und auch hier kommt Bessons Talent als Regisseur zum Vorschein und das, obwohl die Instrumentalisierung seiner Hauptdarstellerin als Mittel zum Zweck ganz deutlich durchschimmert und da kann man noch so oft von grandioser Regiearbeit sprechen, aber es bleibt nicht unbemerkt, dass Besson nicht nur seine Schauspielerinnen, sondern auch seine Frauen nach Belieben formte. Er unterhielt nicht nur eine Beziehung zu Anne Parillaud (Nikita), sondern legte ihr nahe, sich einer ganz besonderen Vorbereitung für die Rolle zu unterziehen.

In einem Interview auf der Bonus-Disc gibt sie dezent zu verstehen, dass sie gefragt wurde, aber eigentlich keine andere Wahl hatte: Sie wurde gebeten sich einen Monat vor den Dreharbeiten in ihrem Kostüm in eine Zelle einsperren zu lassen. Währenddessen wurde sie von einem Mann mit einem Hund zu ihrer eigenen Sicherheit bewacht und bekam nur wenig zu essen. Sie wusch sich nicht mehr und durfte nichts lesen, keine Musik hören und sich mit niemandem treffen. Es gab in dem Raum nicht einmal Spiegel und das alles sollte dazu führen, dass sie die Orientierung verliert und vollständig in das Milieu der Figur eintaucht. Um das zu erreichen, fuhr sie schwarz in der Metro, ging in ihren schmutzigen Klamotten in einen Musikladen oder in einen Park. Nach ihrer eigenen Aussage, ist sie in eine andere Form der Existenz abgedriftet: „das Reale und Irreale verschwimmt“ Sie hat sogar völlig vergessen, dass sie sich nur auf eine Rolle vorbereitet. Sie lebte das Leben „einer diebischen Drogensüchtigen“. Es lässt sich darüber streiten, ob diese extreme Vorbereitung auf eine Rolle unbedingt erforderlich und vor allem gesund für die Psyche der Schauspielerin war, aber sie war zum Zeitpunkt des Drehs bereits 30 Jahre alt, also erwachsen genug, um ihre eigenen Entscheidungen zu treffen. In dem Interview verriet sie, dass sie in dem Moment wusste, dass sie für den Dreh bereit war, als drei Obdachlose sich vor ihr geekelt haben. Sie sagten, dass sie hässlich und dreckig aussah.

Zumindest hat sich die psychische Tortur ausgezahlt und sie erhielt den César für beste Hauptdarstellerin. Ob das Ganze es wert war, weiß nur Anne Parillaud allein. Die Verkörperung von Nikita ist ihr definitiv ausgezeichnet gelungen und Nikita ist keine einfache Figur, sondern eine Figur voller Gegensätze: Sie ist stark und sehr fragil zugleich. Sie ist hypersensibel und brutal. Anne Parillaud spielte nicht nur Nikita, sondern sie war Nikita in Wirklichkeit, sie hatte wie ihre Figur Kampfsporttraining und Benimmtraining und aufgrund der vorherigen Selbstkasteiung fiel es ihr sogar schwer, sich in die Femme fatale zu verwandeln, weil sie so stark ausgewildert wurde, dass sie  Probleme damit hatte, wieder ein heißes Bad zu nehmen, weil sie sich wochenlang nicht gewaschen hatte. Im Grunde musste die Schauspielerin nichts spielen, sondern hat all das, was sie vor der Kamera zeigt, in Wirklichkeit erlebt. Sie hatte auch Waffentraining und das lief sehr grenzwertig ab, weil sie eine geladene Waffe auf ihren Ausbilder richten musste, um die Macht zu spüren, die von so einer Waffe ausgeht. Gerade aus heutiger Sicht klingt es verantwortungslos und unfassbar dämlich. Da kann man nur froh sein, dass Besson sie nicht wirklich dazu gezwungen hat, Menschen zu erschießen, nur damit der Film noch authentischer wirkt. Das Ergebnis lässt sich in der Tat sehen, weil der Film emotional, actionreich, aufregend und wahrhaftig ist.

Technischer Part

Studiocanal veröffentlichte das limitierte 3-Disc-UHD-Steelbook von Nikita am 26. September 2024 in solider Bild- und Tonqualität auf Deutsch und Französisch (jeweils in DTS-HD MA 5.1 und 2.0) mit deutschen und englischen Untertiteln auf 4K UHD (2,35:1 (2160/24p Dolby Vision)) und Blu-ray (2,35:1 (1080/24p Full HD)). Das Steelbook enthält bisher unveröffentlichte Extras sowie eine Bonus-Disc mit neuen Interviews mit Cast & Crew, die äußerst informativ und sehenswert sind. Es handelt sich um Interviews mit Anne Parillaud, Tchéky Karyo, Jean-Hugues Anglade (Cast) & Christophe Vassort, André Labbouz (Crew). Auf der UHD Disc sind folgende Extras: Making of "Im Herzen von Nikita"; Featurette "Nikita im Kino".


Fazit

Ein starkes Werk mit einer toughen weiblichen Hauptfigur, die sich von einer drogensüchtigen Punkerin zu einer Femme fatale und einer eiskalten Killerin entwickelt hat. „Nikita“ könnte sogar als ein recht emanzipierter Film durchgehen, wenn die Figur nicht so sehr wie eine Marionette ihres männlichen Schöpfers wirken würde. Im Grunde ist ihr Mentor Bob ein Ebenbild von Luc Besson, der hier seine eigene Partnerin Anne Parillaud mit fragwürdigen Methoden in Nikita verwandelt hat.

Gesamtfazit zum Steelbook 

Das Steelbook verfügt über umfangreiche Bonusmaterialien und ist allein wegen der informativen Interviews einen Blick wert, weil sie eine ganz andere Sichtweise auf den Film ermöglichen und viele Hintergrundinfos liefern. Außerdem hat das Steelbook auch optisch eine wunderschöne Aufmachung zu bieten.

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