Vom Feuilleton einvernehmlich verrissen, vom Kinogänger weitestgehend übergangen und im Nachhinein auch gerne mal als Sargnagel für Paul-Verhoevens-(Hollywood-)Karriere gewertet: Das ist Showgirls. Man möchte sich dieser Tage jedoch nur zu gerne in die frühen Neunziger zurückversetzen lassen, als der niederländische Filmemacher mit seinen inzwischen zu Genre-Klassikern avancierten RoboCop, Die totale Erinnerung – Total Recall und Basic Instinct reüssierte, um dann einen Streifen wie Showgirls auf die Beine zu stellen. Weg vom schmierigen Analogeffekt, von phantastischen Gedankenspielen, vom schwül-fiebrigen Erotik-Thrill, hin zum sich selbst zerfleischenden Showgeschäft, welches Verhoeven während seiner Zeit in der Traumfabrik wohl auch am eigenen Leibe bestens studieren konnen. Irritationen machten sich breit, Zwietracht wurde durch das Unterlaufen von Erwartungen gesät. Alles Kalkül? Angesiedelt in der Stadt der Sünde, Las Vegas, gibt Verhoeven dem Rezipienten indes geflissentlich Angriffsfläche, weil er Feuer mit Rausch und Pomp mit Camp bekämpft.
Die blutjunge Nomi (Elizabeth Berkley) wird zum Dreh- und Angelpunkt von Showgirls. Sie flieht in die Wüstenstadt, über ihre Vergangenheit spannt sie den Schleier des Schweigens: „Von überall“, antwortet sie, wenn sie explizit nach ihrer Heimat gefragt wird. Und dass Las Vegas sich durchaus dazu eignet, ein neues Leben zu beginnen, gerade wenn man über derlei körperliche Attribute wie Nomi verfügt, ist kein Geheimnis. Es steht natürlich außer Frage, dass Showgirls in Sachen Schauspielführung und Drehbuch äußerst, nun ja, bescheiden geraten ist. Berkley ist keine Charakterdarstellerin – und Joe Eszterhas offenbarte schon vor wie auch nach Showgirls weitaus mehr rhetorische Finesse. Paul Verhoeven allerdings beruft sich hier auf Oberflächenreize und verwendet seine flamboyante Inszenierung, um jene Plastikwelt hinter den roten Vorhängen offenzulegen. Da liegt es nicht fern, Showgirls vorzuwerfen, dass er selber viel zu fasziniert von dem ist, was er eigentlich entlarven möchte, aber gerade diese drall-verruchte Prägung, die Verhoevens Ägide zeichnet, sorgt für doppelwertige Spannung.
Vielleicht ist dieses verschmähte Verhoeven-Varieté nicht gänzlich missverstanden worden, man muss Showgirls nur zu nehmen wissen, anstatt ihn von vornherein zu verdammen. Wer den Exzess des Las Vegas' Showgeschäft aufbrechen möchte, der muss schlussendlich mit den Indikatoren und Eigentümlichkeiten dieser illusorischen Welt jonglieren. Tatsächlich geht Verhoeven sogar einen Schritt weiter und lotet die Grenzen einer „hochbudgetierten“ Studioproduktion aus – während er genauso die Grenzen des guten Geschmacks infrage stellt. Showgirls ist das schmuddelig-fickrige Ausstellen eines (künstlerisch binär codierten) Geltungsdrangs, der Schächte in die Eingeweide des vergnügungs- und verschwendungssüchtigen Showbiz fräst. Machtkämpfe und klaffender Narzissmus bestimmten das Dasein hinter der Bühne, der Körper wird kommerzialisiert, er wird zur Ware im Kielwasser der Selbstverwirklichung, alles muss zwanghaft aufregend und sexy sein – bis man vollends abgestumpft und verroht ist. Es stellt sich am Ende nur die Frage, inwiefern man sich als Zuschauer auf die offensive Umsetzung Verhoevens einlassen kann.