Me, Myself & I: Die gruseligsten Doppelgänger-Filme
Kaum etwas bedroht das Ich mehr als dessen aus dem Spiegelgefängnis befreite Kopie aus Fleisch und Blut. Sei es die überlegene "best version of yourself", die zu sein wir unablässig ermahnt werden, oder eine Verkörperung all der Aggression, Angst und Amoral, die wir unterdrücken. Aber wer ist das Original, wenn das Alter Ego von der eigenen Authentizität ebenso überzeugt ist wie wir? Zum Start von Jordan Peeles genialem Horrorspaß Us gibt es hier zehn beklemmende Filme zum Thema "Geteiltes Grauen ist doppeltes Grauen".
Dostojewskis satirische Novelle ist Blaupause der bissigen Komödie, in der ein duckmäuserischer Beamter seine eigene Überflüssigkeit im System persönlich trifft. Der Titelcharakter ist alles, was Jesse Eisenbergs Simon James insgeheim gerne wäre, aber nicht ist. Schlimmer noch: Er ist James - James Simon. Und auch in der piefigsten Behörde gilt: Es kann nur einen geben!
Gier und Missgunst auf materieller, sexueller und karrieristischer Ebene sind die Triebfedern beider Doppelgänger in Denis Villeneuves surreal angehauchtem Vertauschspielchen. Trotz des unterschwelligen Horrors sind Kafka & Komik nie weit weg.
Der finale Twist von Darren Aronofskys stilisiertem Ballett-Horror ist längst bekannt. Dennoch behält der Psychothriller um eine Spitzentänzerin und deren ebenso anziehende wie bedrohliche Konkurrentin besonders dank der exzellenten Darstellerinnen und exaltierten Inszenierung seinen Reiz.
Schrödingers Katze und The Twilight Zone inspirierten James Ward Byrkits effektives Regiedebüt. Das trotzt dem sichtbar geringen Budget mit einem durchdachten Skript und subtil bourgeoisiekritischer Pointe: Die neidvollen Invasoren, die sich fremde Existenzen aneignen wollen, sind wir.
Frei nach Anthony Armstrongs gleichnamigem Psychokrimi inszeniert Hitchcock in The Case of Mr. Pelham den Ersatz seines Protagonisten durch dessen Double als sarkastische Allegorie auf soziale Entfremdung und entmenschlichte Bürokratie. Mächte, gegen die selbst der Regisseur nicht gefeit ist.
Parabel auf die Paranoia der McCarthy-Ära oder cineastischer Ausdruck von Red Scare? Don Siegels Sci-Fi-Schocker ist für beide Auslegungen offen, was nur zur beklemmenden Atmosphäre allgegenwärtiger Ambivalenz beiträgt. Keine Identität ist sicher - nicht einmal die der Inszenierung, deren Originalende seinerzeit als "zu verstörend" zensiert und durch ein (kaum beruhigendes) holperndes Happy End ersetzt wurde.
Was ist besser als ein Conrad Veidt? Klar, zwei. Das gilt natürlich nicht für den von Veidt porträtierten tragischen Helden des expressionistischen Schauerstücks. Henrik Galeen schuf mit seinem Remake der gleichnamigen Fassung von 1913 einen Meilenstein des phantastischen Films. Auch wenn das schwarzromantische Melodram nicht mehr gruselt, besticht die düstere Theatralik.
Hypnotisch, poetisch und übervoll an kryptischen Symbolen, interpretiert Maya Derens avantgardistischer Kultklassiker die Doppelgängerin der Hauptfigur als gleichermaßen verführerische und Furcht einflößende Personifikation pathologischer Gemütszustände. Der Einfluss der filmischen Phantasmagorie erstreckt sich von Godard über David Lynch bis zu Aronofsky.
Der sowjetische Sci-Fi-Klassiker evoziert statt vordergründiger Schrecken eine gespenstische Aura von Vergeblichkeit und Verlust in einem entrückten Umfeld, das sich als ebenso nebulös und inkonstant erweist wie die Identität der Figuren. Beängstigender als belebte Schatten realer Menschen erscheint in jenem Zwischenreich von Weltraum und Traum die unendliche Einsamkeit.
Eine nächtliche Bushaltestelle wird für Vera Miles' junge Reisende zur Begegnungsstätte mit dem titularen Mirror Image. Das will ihren Platz einnehmen, und zwar nicht nur im Bus, der am serientypisch ominösen Ende nicht nur für sie abgefahren ist, sondern ebenso den selbstgefälligen Typen, der sie für durchgedreht hält. Double whammy.