Inhalt
Der Schriftsteller Jason Scott (Franco Nero) hat mit seinem Abenteuerroman "Wolfsblut" großen Erfolg und wird von der feinen Gesellschaft San Franciscos gefeiert. Doch das Leben und der Kampf ums Überleben am Klondike fehlen ihm, und er sehnt sich nach neuen Abenteuern. Dawson City ist inzwischen verlassen, doch eine neue Goldgräberstadt ist Meilen weiter entstanden. Dort betreibt Schwester Evangelina (Virna Lisi) eine Krankenstation und trifft auf einen alten und totgeglaubten Feind: Beauty Smith (John Steiner). Aber der behauptet ein anderer zu sein, und der örtliche Polizeichef bestätigt dies. Jason Scott und sein Freund Kurt Janson (Raimund Harmstorf) kommen Schwester Evangelina zu Hilfe und suchen Beauty Smith endlich zu überführen. Und sie treffen auf einen alten Freund: den Hund Wolfsblut, der sich inzwischen mit dem Jungen Bill (Renato Cestiè) angefreundet hat. Doch letztlich dreht sich am Klondike alles um Gold, und ein mörderisches Schlittenrennen wird entscheiden, wem Glück und Reichtum winken und auf wen der kalte Tod in der unwirtlichen Schneelandschaft wartet.
Kritik
Von den mit autobiographischen Erfahrungen gespickten Abenteuerromanen eines Jack London ist Wolfsblut (im Original: White Fang) sicherlich der Bekannteste, was wohl auch an den zahlreichen Leinwandadaptionen liegt, die bis in die frühen 1920er zurückgehen. Speziell durch die prominenten Disney-Verfilmungen in den 90ern eher als Jugendabenteuer bekannt, versuchte sich in den 70ern niemand geringerer als Lucio Fulci – beliebt und berüchtigt durch einige legendäre wie knüppelharte Horrorfilme und Spaghetti-Western – an einer Interpretation des Stoffs, mit achtbarem Erfolg. So entstanden zwischen seinem wohl besten Giallo Don’t Torture a Duckling und dem avantgardistisch-surreal angehauchten Spätwestern Verdammt zu leben - Verdammt zu sterben mit Jack Londons Wolfsblut und Wolfsblut 2 – Die Teufelsschlucht der wilden Wölfe zwei auf den ersten Blick für ihn eher untypischen Filme, die bei genauerer Betrachtung (speziell dieses Sequel) sehr wohl seine Handschrift tragen.
Bei beiden Filmen erlaubte sich Fulci inhaltliche, künstlerische Freiheiten (hätte man wohl auch kaum anders erwartet), bleibt dafür der eigentlich sehr rauen Stimmung der Vorlagen treu. Deutlich mehr als die späteren Verfilmungen, die eher als jugendgerechter Abenteuerfilm verkauft wurden. Der oftmals aussichtlose Kampf um Gold in der eiskalten, unwirtlichen Welt am Klondike ist halt kein Ponyhof oder Streichelzoo, was der Film durch seine wenig romantische Stimmung jederzeit ausdrückt, selbst in seinen harmloseren Momenten. Die können mitunter tatsächlich für leichte Irritationen sorgen, denn auch eine eher kindgerechte Geschichte von einem Jungen und seinem treuen Hund steht natürlich im Fokus des Plots. Diese versöhnlichen Situationen werden besonders im weiteren Verlauf immer wieder erschüttert durch erstaunlich ruchlose Gewaltdarstellung. Zwar nicht Fulci-üblich immer extrem explizit, aber was da geschieht ist eigentlich alles andere als jugendfrei - was auch nach heutigen Maßstäben die aktuelle FSK: 12-Freigabe ziemlich fragwürdig gestaltet. Da wird aus niedersten Motiven intrigiert, gefoltert und gemordet. Ab einem gewissen Punkt scheint niemand mehr ernsthaft „Welpenschutz“ zu genießen, Fulci ist irgendwann alles zuzutrauen. Ist so gesehen Standard bei ihm, in diesem speziellen Sujet allerdings eine wirklich verblüffende Tatsache.
Auch wenn der Film in seiner Auslegung somit leicht schizophrene und für einige Zuschauer bestimmt fragwürdige Züge besitzt, die Umsetzung ist über jeden neutralen Zweifel erhaben. Mit Franco Nero (Das verfluchte Haus), Virna Lisi (Die Bartholomäusnacht), Kartoffel-Quetscher Raimund Harmstorf (Blutiger Freitag) und besonders dem wunderbar diabolischen John Steiner (Tenebrae) finden sich die relevanten Stars des Erstlings wieder zusammen und liefern allesamt ausdrucksstarke Performances ab. Hinzu kommt neben dem bemerkenswerten Tiertraining (nicht nur für „White Fang“) die bestechende Optik: Die fabelhafte Kamera fängt die unbarmherzige Stimmung zwischen Goldrausch und Wundbrand; zwischen Loyalität und bitterer Niedertracht wunderbar ein. Gerade im Schlussdrittel - gekrönt von einem durch blanke Gier getriebenen Wettrennen - ist das unverkennbar ein echter Lucio Fulci und kaum noch ein Unterschied zu seinen (guten) Italo-Western auszumachen. Bis auf diese Kind-Hund-Dynamik, die dem Film aber keinesfalls wirklich schadet, nur die allgemeine Verwertbarkeit verkompliziert. Wer knallhartes Survival-Kino sehen will, könnte darin eventuell eine Verwässerung sehen, jüngeren Semestern sollte jedoch von diesem verblüffend radikalen Abenteuerfilm dringend abgeraten werden. Da steht man leicht zwischen den Stühlen, aber diese Kontroverse macht ihn auch irgendwie individuell & interessant.
Fazit
Luci Fulci kann auch anders – bleibt sich aber selbst wie auch der Vorlage im positiven Sinne treu. „Wolfsblut 2 – Die Teufelsschlucht der wilden Wölfe“ ist kurzweiliges, packend erzähltes, handwerklich einwandfreies Abenteuerkino, das sich nur nicht ganz zweifellos einer gewissen Zielgruppe empfehlen lässt. Neutrale Zuschauer ohne größere Probleme mit der Darstellung filmischer Gewalt sollten diesem oftmals unterschätzen Werk aber gerne eine Chance geben. Fulci- und Nero-Fans sowieso.
Autor: Jacko Kunze