Morgan Saylor (Being Charlie) kannte man bisher vermutlich am ehesten aus der Fernsehserie Homeland. Hier spielte die noch recht junge Schauspielerin Dana Brody, die Tochter von Nicholas Brody, einem amerikanischen Soldaten, der im Irak eventuell auf die Gegenseite gelockt wurde und nun verdeckt für einen al-Quaida-Terroristen auf heimischem Boden operiert. Durch diesen belastenden Umstand gerät Saylors Figur schnell in die Nähe persönlicher Abgründe, sieht sich zu verantwortungslosen Aktivitäten hingezogen, kommt mit Drogen in Berührung und entkommt einem Suizidversuch nur knapp mit dem Leben.
In White Girl ist die 22-Jährige in der Hauptrolle zu sehen und es dauert keine 10 Minuten, bis ihre Figur mit der Freundin und Mitbewohnerin etwas Gras raucht, im Büro ihres Chefs eines Magazins, bei dem sie als Praktikantin arbeitet, zwei Linien Koks durch die Nase zieht und anschließend vor ihm auf die Knie geht, um ihn mit Oralsex zu beglücken. Ein regelrecht wüster Auftakt, der einen vergleichsweise milden Ausblick auf das gibt, was noch folgen wird. Anfangs wirkt die Aufgeschlossenheit von Leah gegenüber Alkohol, Drogen und flüchtigem Sex noch wie ein reizvolles Spiel, dem sich die frisch nach New York gezogene Studentin mit unschuldigem Lächeln hingibt. Als sie Blue kennenlernt, der auf der Straße gegenüber ihres Apartments mit Kumpels rumhängt, raucht und offensichtlich Drogen verkauft, kann sie der Anziehungskraft, die er auf sie ausübt, kaum noch widerstehen und lässt sich auf eine Beziehung mit ihm ein, wobei sie gleichzeitig Teil seines kriminellen, gefährlichen Lebensstils wird.
Für ihren Debütfilm beruft sich Regisseurin und Drehbuchautorin Elizabeth Wood (Wade in the Water, Children) auf lose Fakten ihres eigenen Lebens, auf denen der unweigerliche Absturz, in den Leah fortan gerät, basieren soll. Auch Wood ist in recht jungem Alter von Oklahoma nach New York gezogen und wurde Zeugin von Drogenmissbrauch, Verhaftungen und sexuellen Übergriffen, wovon sie teilweise selbst betroffen war. Der Versuch, tiefste Schattenseiten aus persönlicher Erfahrung filmisch aufzuarbeiten, ist allerdings nur leidlich gelungen. White Girl weiß der Thematik der destruktiven Abwärtsspirale, in welche die Protagonistin gerät, kaum mehr hinzuzufügen als sich ständig wiederholende Szenen, in denen die immer gleichen Motive abgespult werden.
Ausschweifender Drogenkonsum folgt auf ausschweifenden Drogenkonsum, in Clubs wird sich völlig benebelt oder betäubt die Seele aus dem Leib getanzt und zu jeder Gelegenheit wird miteinander geschlafen, notfalls auch mitten am helllichten Tag auf dem Rücksitz eines Autos. Als Blue bei einem geplanten Deal von einem Undercover-Cop festgenommen wird, bleibt Leah nichts anderes übrig, als selbst zu dealen, um die Anwaltskosten bezahlen zu können, damit er wieder in Freiheit gelangt. Mehr und mehr gleicht sie dabei einem willenlosen, zerfallenden Junkie, wobei die mutige, freizügige Leistung der Hauptdarstellerin einem Kraftakt gleichkommt, den Saylor mit einer regelrecht schonungslosen Selbstaufgabe überzeugend bewältigt.
Den monotonen Charakter der Geschichte füllt die Regisseurin jedoch auch mit einigen Figuren, die zu sehr dem typischen Klischeedenken zu entstammen scheinen. Dabei fehlt der skrupellose, gefürchtete Gangster im Unterhemd, von dem die Drogen stammen und der folglich sein Geld einfordert, ebenso wenig wie der Vorgesetzte, dem es nur darum geht, die frisch eingestellte Praktikantin flachzulegen oder der Anwalt, der sich vordergründig als barmherziger Samariter aufspielt, um im entscheidenden Höhepunkt des Films ebenfalls sein wahres, abstoßendes Gesicht zu offenbaren.