Inhalt
Nach dem Tod seines Vaters muss sich der junge Totone plötzlich um seine siebenjährige Schwester kümmern. Um Geld zu verdienen, nimmt er einen Job in einer Käserei an. Was als Notwendigkeit beginnt, entwickelt sich unerwartete zu einer Leidenschaft und Totone beschließt, den besten Käse der Gegend zu produzieren.
Kritik
Warum nach neuen Perspektiven suchen, wenn sich doch die besten Optionen im Altbewährten bieten? Von der reichlich verstaubten Botschaft ihrer konformen Coming-of-Age-Story ist Louise Courvoisier so überzeugt, dass die Regisseurin und Drehbuchautorin sie auf ihr stereotypes Spielfilmdebüt anwendet. Nicht nur dessen pädagogische Prämisse ist überholt, sondern auch das gesellschaftliche Bild einer von ökologischen Werten und Handwerk distanzierten Jugend, die erst in professionellem, moralischem und schließlich romantischem Traditionalismus wahre Werte findet.
Der 18-jährige Totone (Clément Favreau) ist der prototypische Protagonist einer solchen Lehrbuch-Litanei. Mehr interessiert an Partys, Chillen mit gleichaltrigen Freunden und flüchtigen Flirts, holt ihn mit dem Tod seines Vaters der Ernst des Lebens eins. Der junge Slacker trägt die Verantwortung für seine 7-jährige Schwester - wie das ohne amtliche Prüfung geht, bleibt unklar - und muss zwecks finanzieller Versorgung einen regulären Job annehmen. Davon gibt es auf dem Land nicht viele …
Könnte man meinen, aber in der Geschichte einer rustikalen Renaissance haben weder Dörfer-Sterben noch Arbeitslosigkeit und Tierrechtsfragen einen Platz. Die Kühe der Molkereien, deren Produkte in Totone neue Ambitionen wecken, stehen glücklich auf der grünen Wiese. Selbst die größeren Unternehmen sind generationsgeführt und Bio-Betriebe schöpfen den Käsebruch von Hand. Das nahezu utopische Bild von der die Klimakatastrophe maßgeblich vorantreibenden Milchindustrie ist die Kehrseite der revisionistischen Romantik, der besser im Fernsehen versauert.
Fazit
Mit der stilistischen Simplizität einer Vorabend-TV-Serie zeichnet Louise Courvoisier eine verstaubte Moral-Mär von, wertkonservativen Weg zu materiellem, familiärem und leiblichem Wohl. Materielle Bedrängnis ist in der eigentlich herausfordernden Situation der Hauptfiguren genauso wenig spürbar wie emotionale Erschöpfung oder körperliche Beanspruchung. Erfahrung, sensorische Expertise und Fachwissen kommen fast von selbst. Diese realitätsferne Idealisierung zieht jegliche Spannung aus einem Szenario, dessen gefällige Optik, mechanisches Schauspiel und glattgebügelte Inszenierung das schale Geschmacksprofil komplettieren.
Autor: Lida Bach