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Quelle: themoviedb.org

Inhalt

Tú me abrasasist eine Adaption von „Meeresschaum“, einem Kapitel aus Cesare Paveses „Dialoghi con Leucò“ von 1947. Am Ufer des Meeres führen die antike griechische Dichterin Sappho und die Nymphe Britomartis ein Gespräch über Liebe und Tod. Sappho soll sich aus Liebeskummer ins Meer gestürzt haben. Britomartis soll auf der Flucht vor einem Mann von einer Klippe ins Wasser gestürzt sein. Gemeinsam diskutieren die beiden über die Geschichten und Bilder, die um sie herum entstanden sind, um so zumindest für einen Moment die bittersüße Natur des Begehrens zu begreifen.

Kritik

Die erste und greifbarste der verschachtelten metatextuelle Ebenen liegt im bruchstückhaften Aufbau Matías Piñeiros (La Princess de Francia) cineastischer Kontemplation über jene Gefühle, die das menschliche Miteinander wohl am stärksten bestimmen - Sehnsucht und Schmerz, Abscheu und Angst sowie als Mementum und Mittelpunkt von allem die Kunst als deren sublimierte Sprache. Deren suggestive Kraft schwindet nicht, sondern wächst im Gegenteil durch eine lückenhafte Form, wie der Regisseur sie in seinem adaptiert, bei den großartigsten Werken. Zu jenen zählen die Titelworte. 

Sie sind die womöglich bekanntesten der wenigen Worte Sapphos. Die um 620 vor Chr. auf der griechischen Insel Lesbos geborene Dichterin galt schon zu Lebzeiten als „zehnte Muse“ dank ihres lyrischen Werkes, von dem nur eines in Gänze überlebte: Ode an Aphrodite. Der Rest sind Fragmente; Einzelworte und Halbsätze unterbrochen von Leerzeichen, gleich verschlüsselten Einladungen zum selbstständigen Ausfüllen. Mit seiner assoziativen Bilderfindung folgt ihnen Piñeiro, und wandelt auf den Spuren des italienischen Schriftstellers Cesare Paveses.

Dessen den Dialoghi con Leucòin entnommenes Kapitel „Meeresschaum“ über einen fiktiven Austausch zwischen Sappho und der Nymphe Britomartis dient als Ausgangspunkt der essayistischen Exploration, die nicht nur den Text selbst betrachtet, sondern die eigenwilligen biografischen Überschneidungen zwischen dessen historischen und literarischen Protagonisten sowie dem Autor, der sein Leben 1950 mit Tabletten beendete. Sappho wiederum stürzte sich, angeblich aus Liebeskummer, von einer Klippe; auch Britomartis fiel ins Meer, allerdings auf der Flucht vor einem sexuellen Aggressor.

Nicht der einzige Aspekt, der die metatextuelle Ménage à trois auch problematisch macht. Paveses eigene ambivalente Haltung gegenüber Frauen spiegeln auch seine Texte. Diese werden für Piñeiros analytischen Blick unwillkürlich zum patriarchalischen Filter, der seinerseits auf das weibliche Objekt nur durch das Prisma einer ebenfalls patriarchalisch geprägten Historiographie blickt. Die dramaturgische Gegenüberstellung Sapphos mit der von Ovids verewigten Britomartis ermöglicht die Dekonstruktion des Sappho-Bildes als überwiegend männliches Konstrukt - doch jenes wird filmisch nur erneut bestätigt.

Fazit

An seine filmischen Reflexionen über die Frauenfiguren in Shakespeares Werken knüpft Matías Piñeiro mit einem musischen Mosaik. Das versammelt reale und erfundene Figuren zu einem philosophischen Dialog, der die Grenzen zwischen Geschichtsschreibung und Belletristik auflöst. Dass diese von traumwandlerischen Kameraschemen untermalte Konstellation nie dazu dient, historische Persönlichkeitsbilder als patriarchalische Projektion zu hinterfragen, enthüllt das Fehlen einer queer-feministischen Perspektive. Der männliche Griff, dem sich Britomartis im dramatischen Rahmen entzieht; erweist sich auf metatextueller Ebene als unentrinnbar. 

Kritik: Lida Bach

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