Inhalt
Als der in Ungnade gefallene New Yorker Times Reporter Michael Finkel dem des Mordes angeklagten Christian Longo begegnet, beginnt ein mörderisches Katz- und Maus-Spiel. Denn Longo hat Finkels Identität angenommen. Und Finkel will um jeden Preis die Wahrheit von Longos Geschichte herausfinden. Es beginnt eine schonungslose Jagd um Mord, Liebe, Betrug und Erlösung...
Kritik
„Die höhere Ebene ist die Wahrheit.“
Wenn sich Jonah Hill (The Wolf of Wall Street) und James Franco (Planet der Affen: Prevolution) vor der Kamera treffen, dann können auch Seth Rogen (Steve Jobs), Danny McBride (Up in the Air) und Craig Robinson (Morris aus Amerika) eigentlich nicht weit sein, oder? Oh, doch, denn auch wenn Filme wie Beim ersten Mal oder Das ist das Ende immer wieder unter Beweis stellen, wie gerne sich diese Männer in postpubertären Blödeleien auf der Leinwand wälzen, ist der mit Jonah Hill und James Franco in den Hauptrollen besetzte True Story – Spiel um Macht aus einem ganz anderen Holz geschnitzt. Der in sich gekehrte Thriller erzählt die wahre Geschichte des Journalisten Michael Finkel, der seinen Job verliert, als er bei einem Artikel über Kindersklaven in Afrika und Korruption in Hilfsnetzwerken das Ausschmücken mit dem Ausdenken verwechselt.
Natürlich ist das nicht alles, denn während Michael Finkel seinen Namen durch Eigenverschulden verlieren musste, hat ihn Christian Longo, der des Mordes an seiner Frau und ihren gemeinsamen Kindern verdächtig wird, diesen aufgenommen und sich als Finkel ausgegeben. True Story – Spiel um Macht verwendet diese durchaus ansprechende, nicht unweigerlich an Truman Capotes Kaltblütig gemahnende Ausgangslage, um das Zusammenfinden zweier Männer zu dokumentieren, die augenscheinlich aus verschiedenen Welten entstammen, sich in Wahrheit aber doch näher sind, als beide imstande sind zuzugeben. Und Wahrheit ist das Schlüsselwort, welches wie ein Damoklesschwert über allen Handlungen, Verbalien und Satzpartikeln thront. Ist Christian Longo wirklich schuldig? Agiert Michael Finkel auch aus einem gesunden Interesse an Gerechtigkeit oder treibt ihn letztlich nur der Wunsch an, seine verlorengegangene Reputation zu rehabilitieren? Und wer instrumentalisiert hier wen?
Man muss True Story – Spiel um Macht ankreiden, dass er sich nicht fähig zeigt, in die diffizilen Tiefen der Materie vorzufinden. Hätte Rupert Goold, der künstlerische Leiter des Londoner Almeida Theatre, ein Meisterwerk inszenieren wollen, hätte sein Film geradezu meditativ über der unwägbaren Natur der Wahrheit brühten müssen. Goold begeht jedoch gerne den Fehler, dass er der formale Ebene zu oft das Wort erteilt, anstatt die innere Spannung der Charakter-Dynamik zu stimulieren: Da schnurren tieffrequente Klänge durch das kammerspielartige Ambiente, die Kamera labt sich an Landschaftsaufnahmen und findet, bei der Rückkehr zu den Hauptakteuren, keine adäquate Rechtfertigung für diese inszenatorischen Mittel, weil eine ausgewogene Rückbindung zum seelischen Befinden der Figuren oftmals abhandenkommt: True Story – Spiel um Macht veranschaulicht zuweilen, wie Bild und Inhalt konträr zueinander operieren.
Und doch ist Rupert Goold mit seinem Spielfilmdebüt ein ansprechendes Werk geglückt, obgleich er seinem faktischen Rahmen schlichtweg zu pedantisch verhaftet bleibt. Der Zusammenschluss zweier Narzissten, deren geltungssüchtige Egos um den größten Ausbund an Selbstgerechtigkeit buhlen, gestaltet sich nicht nur auf dem Papier, sondern auch in der finalen Umsetzung, als reizvolle Aushandlung der Machtverhältnisse. Die Frage, wie man sich selbst am längsten im Mittelpunkt hält, beantwortet Christian Longo in diesem Fall mit erschreckendem Pragmatismus: Man muss seine Familie bestialisch ermorden. Dass True Story – Spiel um Macht dabei ganz von seinen Mimen lebt, versteht sich bei Goolds Anspruch auf methodisches Schauspielkino von allein. Auf Jonah Hill und James Franco allerdings ist Verlass, beide präsentieren sich in Bestform und müssen sich Zweifel an ihren Fähigkeiten als Charakter-Darsteller schon lange nicht mehr bieten lassen.
Fazit
"True Story – Spiel um Macht" mag mit Sicherheit kein perfekter Film sein, dafür stehen sich nicht nur Inszenierung und Inhalt zuweilen etwas zu deutlich im Weg, auch Rupert Goolds Anspruch auf Faktentreue beschränkt das Szenario in seinem spannungsgeladenen Möglichkeiten. Dafür aber ist das Aufeinandertreffen zweier Narzissten, die sich gegenseitig be- wie ausnutzen, erstklassig von Jonah Hill und James Franco in den Hauptrollen gespielt. Nicht makellos, aber auf zurückhaltende Art und Weise interessant.
Autor: Pascal Reis