Inhalt
Regisseur Cockburn hat sich für seinen neuesten Film, das teuerste Vietnam-Drama aller Zeiten, die bestbezahlten Schauspieler gesichert, u. a. den blasierten Superstar Speedman, den verweichlichten Komiker Portnoy und den Charakterstar Lazarus. Um nach anfänglichen Schwierigkeiten optimale Ergebnisse zu erzielen, will Cockburn den Film fortan im Guerilla-Stil mit versteckten Kameras drehen. Deshalb glaubt die Schauspieler-Gruppe auch dann noch, die Kameras würden laufen, als sie im Dschungel von Drogengangstern aufgespürt werden.
Kritik
Es beginnt mit einer Aneinanderreihung von (grandiosen) Fake-Trailern, die uns den Cast vom Film im Film präsentieren: Da wäre Kirk Lazarus (Robert Downey junior, Avengers 4: Endgame), seines Zeichens fünffacher Oscar-Gewinner und Method-Acting-Maniac, während Jack Portnoy (Jack Black, King Kong) sich als König des Fäkalhumors verdingt und Rapper Alpa Chino (Brandon T. Jackson, Operation: Endgame) vor allem daran interessiert ist, seinen Energydrink zu bewerben. Wirklich angewiesen auf Tropic Thunder ist eigentlich nur Tugg Speedman (Ben Stiller, Verrückt nach Mary): Einst galt er als größter Action-Star seiner Generation, nach dem sechsten Teil seiner vor Jahren mal erfolgreich gestarteten Scorcher-Reihe und dem sagenhaft idiotischen Auftritt als geistig behinderter Farmersjunge Simple Jack aber ist die Karriere von Speedman weitestgehend ruiniert.
Komplettiert wird das Ensemble durch Kevin Sandusky (Jay Baruchel, Das ist das Ende), einem weitestgehend unbekannten Schauspieler, der die letzten Jahre mehr schlecht als recht von der Gage lebte, die ihm ein Werbedeal einst eingebracht hat. Dieser kunterbunte Haufen an Unterhaltungskünstlern soll nun unter der Regie des überforderten Debütanten Damien Cockburn (Steve Coogan, Stan & Ollie) die auf Tatsachen beruhende Heldengeschichte des Kriegsveterans Four Leaf Tayback (Nick Nolte, Angel Has Fallen) nicht nur zum Kassen-, sondern auch zum Oscar-Erfolg erheben. Was dabei herauskommt, ist sowohl Marsch durch die grüne Hölle als auch knallig-grelle Hollywood-Satire, die nichts lieber tut, als den Gewehrlauf immer wieder gegen sich selbst zu richten. Feuer frei! Gerade das von Egoismen und Allüren geprägte US-Starsystem der Traumfabrik bekommt hier gnadenlos sein Fett weg.
Regisseur, Autor, Produzent und Hauptdarsteller Ben Stiller schöpft reichhaltig aus dem Fundus des Vietnam- und Söldner-Kinos und amüsiert sich nicht nur köstlich über die Klischees dieses Gefildes, er entlarvt dabei auch auf fast schon autoaggressive Art und Weise Finanzierungs- und Marketingstrukturen, die immer wieder zu dem hitzköpfigen Megamogul Les Grossman (legendär: Tom Cruise, Mission: Impossible) führen. Einem cholerischen Investor, der letztlich auch akzeptiert, über Leichen zu gehen, wenn die Kasse stimmt. Das ungemein spielfreudige Schaulaufen der hier aufgereihten Stars (auch Matthew McConaughey, Danny McBride und Bill Hader sind mit von der Partie) erklärt Tropic Thunder zum schmissig-bissigen Vergnügen. Robert Downey junior, den man inzwischen (leider) nur noch mit dem Marvel Cinematic Universe in Verbindung bringt, liefert hier eine geradezu denkwürdige Selbstoffenbarung ab.
Seine Oscar-nominierte Performance des Australiers Kirk Lazarus treibt den auf Lee Strasberg zurückgehenden Schauspielnaturalismus sensationell auf die exzentrisch-größenwahnsinnige Spitze, wenn dieser sich sogar einer Hautpigmentierungoperation unterzieht, um den afroamerikanischen Staff Sergeant Lincoln Osiris möglichst authentisch zu verkörpern: „Ich lese keine Drehbücher, Drehbücher lesen mich!“ Mit einem Budget von über 90 Millionen US-Dollar war es Ben Stiller zudem auch möglich, die pompöse Bedeutungshuberei der Illusionsmaschinerie Hollywood in entsprechend hochwertigen Sets, Effekten und Fotografien abzubilden. Hier erlebt das hochbezahlte Primadonnen-Quintett rundum Speedman und Co. ihr ganz eigenes Vietnam-Himmmelsfahrtskommando, während sich Tropic Thunder dabei den Tonfall einer Muster und Missstände offenlegenden Karikatur fortwährend bewahrt. Eine vulgäre, brachial-komödiantische und doch in ihren besten Momenten durchaus pointierte Abrechnung mit den fadenscheinigen Mechanismen der Filmindustrie.
Fazit
Ohne Frage ein guter Film. Ben Stiller parodiert und persifliert alles, was in Verbindung mit den Mechanismen der Traumfabrik steht und zieht sich damit auch selbst mit viel Leidenschaft durch den Kakao. Gewappnet mit einem Star-gespickten Ensemble mag "Tropic Thunder" keine subtile Kritik am Hollywoodsystem darstellen, als treffsicher geschriebene und wunderbar gespielte Abrechnung aber funktioniert die Brachial-Meta-Komödie überaus gut. Ein hemmungsloses Vergnügen.
Autor: Pascal Reis