6.7

MB-Kritik

Trespass 1992

Action, Thriller – USA

6.7

Bill Paxton
Ice-T
William Sadler
Ice Cube
Art Evans
De'voreaux White
Bruce A. Young
Glenn Plummer
Stoney Jackson
T.E. Russell
Tommy Lister Jr.
John Toles-Bey
Byron Minns
Tico Wells
Hal Landon Jr.
James Pickens Jr.

Inhalt

Die Feuerwehrmänner Don und Vince suchen eine Kiste mit gestohlenem Kirchengold in einer verfallenen Industrieanlage. Mittem im Gangland von Drogenboss King James und seinem Handlanger Savon geraten sie in einen tödlichen Deal – Zeugen unerwünscht. In letzter Sekunde verschanzen sich Don und Vince in einem Fabrikraum: Sie haben eine Waffe, 21 Kugeln und Kings kleinen Bruder als Geisel, um ihr Leben zu retten. Während die schwer bewaffneten Gangster sie belagern, suchen sie in ihrem unfreiwilligen Gefängnis verzweifelt nach einem Fluchtweg, um mit dem Gold zu entkommen. Die Uhr tickt gegen sie und das Gebäude wird zum Schauplatz eines gnadenlosen Kampfes um Leben und Tod ...

Kritik

Regisseur Walter Hill (Die letzten Amerikaner) gehört zu den großen Action-Koryphäen des 1970er, 1980er und teilweise auch des 1990er Jahre Kinos. Mit Klassikern wie Ein stahlharter Mann, Driver, Die Warriors, Nur 48 Stunden, Straßen in Flammen, Red Heat oder Last Man Standing hat sich der aus Long Beach stammende und von John Ford (Der schwarze Falke) wie Sam Peckinpah (Bring mir den Kopf von Alfredo Garcia) maßgeblich beeinflusste Hill durch sein Gespür für Timing und eine auf das Wesentliche reduzierte Erzählökonomie einen Namen gemacht. Nicht nur Action-Fans waren begeistert, auch die Ikonen dieses Gefildes wurden angelockt: Charles Bronson, Arnold Schwarzenegger, Bruce Willis oder Sylvester Stallone. Alle wollten sie verständlicherweise mit ihm drehen. Eine der weniger schillernden Ausnahmen im Schaffen des Altmeisters stellt indes Trespass dar. 

Nicht, dass der Film schlecht wäre, Trespass kam jedoch zur falschen Zeit in die Kinos, was geradewegs zu einem rigorosen Kassenflop führte: Anfang der 1990er Jahre eskalierten die Rassenunruhen ein weiteres Mal. Ausgehend vom Fall um Rodney King, der 1991 Opfer unverhältnismäßiger Polizeigewalt wurde, mündeten die hitzigen Debatten schlussendlich darin, dass die angeklagten Cops von einer Jury – in der sich kein Schwarzer befand – freigesprochen wurden. Massive Proteste entbrannten, die schlussendlich in extreme Gewalt umschlugen. Über mehrere Tage hinweg herrschte Chaos in Teilen von Los Angeles, erst die Nationalgarde mit Unterstützung der US Marines und US Army konnte die Kontrolle zurück über die Stadt erlangen. Da spielte es dann schließlich auch keine Rolle mehr, dass Walter Hill unermüdlich betonte, mit Trespass keinen Film über Rassenkonfrontationen gemacht zu haben, sondern einen reinrassigen, sehr klassisch gehaltenen Actionfilm. 

Und genau das ist Trespass letztlich auch geworden: Ein handwerklich größtenteils kompetent arrangierter Actioner, in dem zwei Feuerwehrmänner (gespielt von Aliens-Star Bill Paxton und Stirb langsam 2-Schurke William Sadler) im Gangland der East Bronx auf Schatzsuche gehen. Meilenweit vom geschäftigen Zentrum der Stadt entfernt, wird ein verfallener Industriekomplex zum Setting der klaustrophobisch anmutenden Geschichte. Die Drehbuchautoren Bob Gale und Robert Zemeckis, die mit der Zurück in die Zukunft-Reihe einen populärkulturellen Meilenstein geschaffen haben, ließen sich nach eigenen Aussagen vom Surival-Terror eines Beim Sterben ist jeder der Erste inspirieren: Damals war es eine Gruppe Großstädter, die in selbstherrlicher Arroganz in die Wildnis eindrangen. Hier sind es zwei raffgierige Männer aus dem Mittelstand, die in fremdes Terrain einkehren, um sich selbst zu bereichen.

Walter Hill gelingt es durchaus gekonnt, ein stetiges Gefühl für die begrenzte Räumlichkeit des heruntergewirtschafteten Fabrikgeländes zu evozieren: Wie die beiden Protagonisten, denen das Drehbuch partiell angenehme Ambivalenzen zugesteht, wenn sie im Angesicht des Batzen Goldes ihre Loyalität zueinander mehr und mehr hinterfragen, erforscht auch die Kamera den Handlungsort stetig, inspiriert die verschachtelten Räume, die verwinkelten Korridore, sucht nach Fluchtwegen und Rückzugsmöglichkeiten, während die Antagonisten, King James (Ice-T, Surviving the Game) und seine Schergen (u.a. Ice Cube und Tiny Lister), mit immer schwererem Geschütz auffahren. Die Ausgangslage und die im Film enthaltenen Konflikte zwischen beiden Parteien und untereinander sind simplistisch, durchweg zweckdienlich, um den Kampf ums Überleben (und die Suche nach dem Gold) ins Rollen zu bringen. Interessant an Trespass ist letztlich, selbstverständlich, Walter Hills Umsetzung. 

Die ist, wie bereits erwähnt, routiniert und stilsicher, artikuliert sich atmosphärisch und arbeitet konsequent auf die unausweichliche Konfrontation zwischen allen Beteiligten zu. Dass Trespass aufgrund seiner schnöden TV-Optik teilweise aussieht wie ein Fernsehfilm, lässt die Produktion schmuckloser erscheinen, als sie wirklich ist. Dadurch, dass Walter Hill außerdem darauf verzichtet, sich seinen Figuren wirklich psychologisch anzunähern, erklärt er sie zu funktionalen Abziehbildern und Kanonenfutter auf zwei Beinen. Trespass wirkt zuweilen gemächlich und ermüdend, obwohl hier – theoretisch - ständig Druck auf dem Kessel ist, was folgerichtig am wenig umsichtigen Umgang mit den Figuren liegt. Oftmals fühlt es sich so an, als sei Walter Hill ausschließlich darauf erpicht, den Goldrausch-Topos – ausgehend von Der Schatz der Sierra Madre – möglich reibungslos zu modernisieren und in die Gegenwart zu transportieren. Trespass ist sehenswert, aber niemals mitreißend.

Fazit

Inszenatorisch kann sich "Trespass" durchaus sehen lassen: Atmosphärisch, reduziert und immer nach vorne gerichtet entwirft Walter Hill eine kammerspielartige Konfrontation zwischen den Gangland-Membern und zwei Feuerwehrmännern, die sich auf Schatzsuche befinden. Dass "Trespass" nur solide, aber niemals mitreißend ist, liegt zum einen an seiner wenig ergiebigen TV-Optik, zum anderen aber auch daran, dass Walter Hill kaum Zugang zu den Figuren findet respektive finden möchte. Dennoch, ein durchaus sehenswerter Actioner, aber kein Meilenstein im Schaffen des großen Regisseurs.

Autor: Pascal Reis
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