Inhalt
Automechaniker Tommy (Steve Buscemi) ist der geborene Verlierer. Nicht nur, dass sein eigenes Auto das wohl einzige in der Stadt ist, das immer kaputt ist, nein, sein ehemalig bester Freund spannt ihm auch noch seine Freundin aus. Als Tommys Onkel Al stirbt, übernimmt er dessen Eisverkaufswagen und verdient sich so eine Brötchen. In seiner Freizeit hängt er mit anderen Typen seines Schlages in der Kneipe "Trees Lounge" herum, seine zweiten Zuhause...Die Geschichte über einen gescheiterten Mann, der zu spät erkennt, dass er sein Leben vergeudet hat. Brillant und einfühlsam gespielt von Steve Buscemi, der hier zudem sein Regiedebüt abliefert. In kleinen Nebenrollen sieht man zudem Samuel L. Jackson, Mimi Rogers und weitere Hollywood-Größen.
Kritik
Steve Buscemi ist eine feste Größe im amerikanischen Film, auch wenn man ihn nicht unbedingt mit großen Prestige-Projekten in Verbindung bringt. Zwar konnte er erfolgreich sein Image als Independent-Underdog abstreifen, kleineren Filmproduktionen blieb er aber stets treu, auch wenn sich das Verhältnis hin zu Hollywood-Produktionen verschob. Da ist es kaum verwunderlich, dass sein 1996 erschienenes Debut „Trees Lounge“ eben jenem unabhängigen Film mit schmalem Budget zuzuordnen ist und Buscemi als Writer/Director und Hauptdarsteller ein hohes Maß an Kontrolle ausüben konnte.
Dabei versammelt Buscemi in seinem Drama um einen gescheiterten Trinker mit Apartment direkt über der titelgebenden Bar Schauspieler von Rang und Namen und auch handwerklich lässt sich nicht ausmachen, dass das Budget seinerzeit bei lediglich 1.3 Millionen lag. Denn Buscemis Werk lebt von seinem genauen wie authentischen Blick auf die Trinkerszene in einer amerikanischen Kleinstadt. Der nicht sonderlich kreative deutsche Untertitel „Die Bar, in der sich alles dreht“ ist dabei erstaunlich bezeichnet für Tommys (Steve Buscemi) Leben. Die etwas schummerige Bar mit ihren „Regulars“ – Stammgästen, die wie die Barhocker zur Einrichtung gehören – ist Dreh- und Angelpunkt in Tommys Leben. Dieses besteht aus Essen, Schlafen und Trinken, keinen Job finden, ein kaputten Auto fahren und Frauen angraben, die Reihenfolge variiert und manche Dinge werden simultan gemacht.
In straffen 95 Minuten erzählt „Trees Lounge“ die Geschichte von Tommy. Chronisch alkoholisiert, kürzlich gefeuert und ohne Frau fristet er sein Dasein als zutiefst unglücklicher, dabei aber menschlich realistisch und nachvollziehbar gestalteter Trinker. Seine junges Alter, er ist erst 31, hebt ihn ein Stück weit vom Rest der Bar ab, der gefühlt aus abgewrackten Mittfünfzigern besteht. Dabei besteht „Trees Lounge“ nicht nur aus einer Aneinanderreihung von schlechten Momenten, zwischen den morgendlichen Katern und spätnächtlichen Abstürzen lässt Buscemi immer wieder Lichtblicke durchscheinen. Ob es der Flirt an der Theke ist, die Verbrüderung mit einem Saufkumpane oder infantile Taschenspielertricks, Buscemi macht aus seiner Rolle eine mehr als solide, höchst authentische Figur. Dabei weist der Film auch autobiografische Bezüge auf. Buscemi, der vor seiner Schauspielkarriere als Feuerwehrmann arbeitete, steuerte nach eigener Aussage auf ein Dasein als Tommy zu.
„Trees Lounge“ ist keine Charakterstudie, die sich am Hauptcharakter abarbeitet. Vielmehr ist der Film eine Sozialstudie, denn Hauptthema ist der Alkoholkonsum eines Menschen auf sein direktes zwischenmenschliches Umfeld. Ein in leisen Tönen gehaltenes menschliches Drama, nicht abgehoben, nicht unrealistisch, sondern nachvollziehbar und einfühlsam. Ein tolles Darstellerensemble, allen voran Chloë Sevigny, runden den Film ab.
Fazit
Steve Buscemis Regiedebut kann als äußerst gelungen betrachtet werden. Mit „Trees Lounge“ dreht er einen Film der leisen Töne. Gelegentliche schwarzhumorige Einschübe lockern die recht ernste und bedrückende Grundthematik auf, durch den vielschichtigen Cast und eine wechselseitige Handlung wird stetige Bewegung suggeriert. Ein kurzweiliges Filmvergnügen.
Autor: Magnus Knoll