Inhalt
Sommer 1961. Emil ist Komparse im DEFA-Studio Babelsberg und verliebt sich dort in die französische Tänzerin Milou. Die beiden sind wie füreinander bestimmt. Doch dann werden sie durch die Grenzschließung am 13. August getrennt. Ein Wiedersehen scheint unmöglich, bis Emil einen waghalsigen Plan schmiedet …
Kritik
Eine echte, reine, unverstellte Liebe. Man wähnt sich oftmals in dem Gedanken, dass eine solche nur auf der großen Leinwand einen angemessenen Platz für sich verbuchen kann, um dort ungestört von liderlichen Einflüssen zu existieren. Traumfabrik von Martin Schreier (Unsere Zeit ist jetzt) lässt diese (leicht) bekümmerte Annahme nun mit viel Glanz, sattem Pomp und knalliger Gloria über eine Laufzeit von beinahe 130 Minuten ein weiteres Mal aufleben, wenn er die amouröse Leidenschaft zwischen Emil (Dennis Mojen, Summertime Blues) und Milou (Emilia Schüle, Jugend ohne Gott) vor dem Hintergrund der altehrwürdigen DEFA-Studios nachzeichnet. Tragischerweise allerdings beschleicht den Zuschauer dabei oftmals der Gedanke, dass die Ode an das Träumen in diesem Fall nur als Deckmantel herreicht. Vielmehr noch nämlich geht es hier um Imagepflege respektive -Korrektur.
Allein der Umstand, dass es sich bei diesem Film um den ersten Kinobeitrag der 2017 gegründeten Produktionsgesellschaft Traumfabrik Babelsberg handelt, lässt dann doch ein Stück weit aufhorchen. Berechtigterweise, wie sich nach der Sichtung von Traumfabrik bestätigt: Im Grunde genommen nämlich geht Martin Schreier hier in erster Linie gar nicht darum, den schillernden Geist des ältesten Filmstudios der Welt heraufzubeschwören, sondern um ein selbstbezogenes wie -besoffenes Abfeiern der eigenen Kompetenzen, dabei natürlich immer auf die Blickrichtung gen Hollywood bedacht. Herausgekommen ist dabei ein Werk, welches den Zauber und die Magie des Lichtspielhauses durch märchenhafte Gesten, überlebensgroße Emotionen und einer opulenten Ausstattungsmühe imitiert, aber niemals organisch entfesselt. Das bedeutet, dass sich der produktionstechnische Aufwand auch auf die Gefühle überträgt und sie ebenfalls in eine sehr formale Kulissenhaftigkeit übersetzt.
Freilich muss man Traumfabrik zugestehen, dass er oberflächlich durchaus von der inszenatorischen Gabe zehrt, prächtige Bilder zu erschaffen, die rein visuell immerhin dem Anspruch genügen, hier Zeuge von imposantem Kino aus Deutschland zu werden. Auch schauspielerisch überzeugt das romantisierte Nostalgiestück. Gerade Dennis Mojen, der zuvor vor allem im Abendprogramm des öffentlich-rechtlichen Rundfunks unterwegs war, gefällt in der Rolle des hoffnungsfrohen Schwärmers, der alle Hebel in Bewegung setzen würde, um die niedliche Tänzerin Milou für sich zu gewinnen. Dass sein Vorgehen dabei einem rücksichtslosen Egoismus unterliegt, lässt Traumfabrik natürlich unter dem Schmalz der harmonieheischenden Liebelei unkommentiert. Mojen aber gelingt es durch seine gefasste Performance, seinen Charakter sympathisch zu halten, obgleich sich das sonnengeflutete Rührwerk durchgehend krampfhaft selbst damit entkernt, unbedingt lieb gehabt werden zu wollen.
Fazit
Ist das Kino oder kann das weg? Nun, rein visuell überzeugt "Traumfabrik" durch seine produktionstechnische Imposanz, die fortwährend unter Beweis stellt, dass auch Deutschland in der Lage ist, schillernde Bilder auf die Leinwand zu bannen. Dieser krampfhafte Anspruch, unbedingt Großes auf die Beine stellen zu wollen, um damit auf Tuchfühlung mit Hollywood gehen zu können, sorgt letztlich auch dafür, dass sich die hier allseits beteuerte Magie in eine ebenfalls formale Kulissenhaftigkeit übersetzt. Letzten Endes betreibt "Traumfabrik" in seinem reichlich fehlgeleiteten Traditionsbewusstsein reine Imagepflege respektive -Korrektur und erliegt dabei der festen Überzeugung, dass Kino immer auch Pomp sein muss. Hauptdarsteller Dennis Mojen indes spielt durch eine gefasste Performance angenehm gegen diese larmoyanten Umstände an und bewahrt die Seherfahrung immerhin davor, den Zuschauer wirklich zu verärgern.
Autor: Pascal Reis