Inhalt
Das Porträt eines gegen das Franco-Regime agierenden Exilspaniers, der während eines kurzen Aufenthalts in Paris von Müdigkeit und Zweifeln befallen wird.
Kritik
Alain Resnais (Letztes Jahr in Marienbad) beginnt seinen vierten Spielfilm mit einer trotz der unaufgeregten Inszenierung äußerst nervösen Szene, in der zwei Männer sich daran machen gerade die spanisch/französische Grenze zu überqueren. Kein ungefährliches Unterfangen, denn Diego (Yves Montand, Lohn der Angst) und sein Kollege befinden sich nicht auf einer Urlaubsreise. Sie sind Mitglieder der kommunistischen Partei, die schon vor Jahren vor dem Franco-Diktatur ins französische Exil flüchteten. Doch ihre Kameraden in der alten Heimat haben sie nicht im Stich gelassen. Diego ist Vollzeit-Revolutionär. Mit falschen Papieren immer zwischen Frankreich und Spanien pendelnd, im Untergrund den Kampf gegen das Regime weiterführend. Stets einem hohen Risiko ausgesetzt, bei jeder ihrer Aktionen drohen sie enttarnt zu werden. Auch diesmal geht alles nur noch glimpflich aus, da alle Beteiligten einen kühlen Kopf bewahren und in der Bedrängnis die richtigen Entscheidungen treffen. Ein Ritt auf der Rasierklinge, der irgendwann zum Scheitern verurteilt scheint.
Zurück in Paris ist Diego trotzdem mit dem Kopf immer in Spanien. Mit den Gedanken bei seinen Genossen, da wieder eine große Verhaftungselle losgetreten ist. Alle sind jetzt hoch gefährdet und in der Führungsetage herrscht Uneinigkeit, wie mit der Situation umzugehen ist. Genau jetzt beschleichen ihn langsam aber sich Zweifel an seiner Tätigkeit. Es ist nicht das Grundsätzliche an ihrem Kampf für die Freiheit, doch Diego realisiert peu à peu, dass ihn dieses Leben nicht mehr ausfüllt. Die Leidenschaft für die Sache ist immer mehr zur Routine und Pflichtaufgabe verkommen. Gefühlt ist er eigentlich kein Spanier mehr. In Paris hat er sich ein Leben aufgebaut – aber irgendwie auch nicht. Er lebt eine Scheinexistenz, in die neben den Mitstreitern nur seine Ehefrau Marianne (Ingrid Thulin, Wilde Erdbeeren) eingeweiht ist. Sie ist Diego’s Hafen, das Einzige, an das er sich außer seiner Tätigkeit für die Revolution noch klammern kann. Und nun wird ihm gewahr, dass er vielleicht auch sie nicht mehr lange halten kann, wenn er nicht einen Schlussstrich zieht.
Alain Resnais zelebriert mit Der Krieg ist vorbei deutlich mehr eine nachdenkliche, reumütige Charakterstudie denn einen politischen Thriller, wobei der brisante Hintergrund natürlich auch eine gewichtige Rolle einnimmt. In Cannes durfte der Film seinerzeit nach heftigen Protesten der spanischen Regierung nicht im Wettbewerb laufen. Wirklich politisch ist der Film dabei überhaupt nicht, bezieht keine eigene, wertenden Stellung in irgendeine Richtung. Im Mittelpunkt steht der innere Konflikt eines desillusionieren und mit seinen Idealen hadernden Mannes, den Yves Montand mit einer eindringlichen, introvertierten Schwere kraftvoll zum Leben erweckt. Seine Blicke, seine kleinen Gesten sagen mehr als tausend Worte. Gleiches gilt für Ingrid Thulin, die so etwas wie den positiven Gegenpart zu ihm bietet. Die trotz der schweren Zeit immer noch nicht die Hoffnung auf ein normales Leben an seiner Seite aufgegeben hat. Ausgerechnet als er endgültig für sich beschlossen hat, dass dieser Kampf nicht mehr der seine sein kann, werden beide doch noch dazu gezwungen sich gegen ihre Ideale zu Entscheiden. Aus Loyalität, aus Verantwortungsbewusstsein – und letztlich vor allem aus Liebe. Ein bewegender Schlussmoment, der wie bei Resnais typisch fast schon mit dokumentarischer Nüchternheit vorgetragen wird, ohne seine Empathie dabei zu verlieren.
Fazit
Ein melancholischer Gewissenskonflikt, von Alain Resnais behutsam und elegant inszeniert, von Ingrid Thulin und besonders Yves Montand fantastisch gespielt. Der politische Hintergrund ist dabei mehr Kulisse als von essentieller Wichtigkeit, wäre die Geschichte doch auch in einem anderen Kontext vorzutragen. Dennoch auch deshalb ein mutiger Film, der sich nicht vor der politischen Kontroverse scheut.
Autor: Jacko Kunze