Inhalt
Die Erde wird von einer sich ausdehnenden Sonne bedroht, sodass das Ende allen Lebens gekommen zu sein scheint. Durch das Projekt „Wandernde Erde“, sollen jedoch tausende Turbinen dafür sorgen, dass die Menschheit in eine neue Galaxie aufbricht und so das Überleben gesichert ist. Als sich die erkaltete Erde jedoch dem Jupiter nähert, droht die Mission zu scheitern. Es gibt nur noch wenig Hoffnung…
Kritik
In den letzten Jahren zeichnete sich vor allem eine neue Richtung im internationalen Filmgeschäft ab: China. Sei es um den riesigen Markt mit westlichen Filmen zu erobern – die teils extra dafür angepasst werden oder eben geschnitten – oder eben um in Kooperation kostengünstiger produzieren zu können. Zudem hat aber natürlich die angehende Supermacht auch einige Ansprüche. Was einst Hollywood konnte, möchte nun China mit eigenen Blockbustern und großangelegten Projekten selbst schaffen. Im Falle von Die wandernde Erde (OT: Liu lang di qiu) sind die Ansprüche gar so hoch, dass ein fast schon irrwitziges Stück Popcorn-Kino dabei entstanden ist. Doch während der Film in China selbst fast 700 Millionen US-Dollar einspielen konnte (bei einem kleinen Budget von 50 Millionen US-Dollar), steht für eine internationale Verwertung eher nur Netflix zur Seite. Das ist natürlich ebenfalls Kalkül: Abseits von Nordkorea, stellt China die letzte Bastion gegen den Streamingdienst dar. Eine beidseitige Kooperation könnte da gegebenenfalls die Wogen glätten. Doch lohnt sich das aberwitzige Sci-Fi-Abenteuer überhaupt?
Zumindest lässt sich Die wandernde Erde mit einem Wort fantastisch beschreiben: Gigantomanie. Egal ob Story, Charaktere, Pathos, Action der Inszenierung. Wer einen Hang zum trashig überdrehten hat, wird hier bei der Arbeit von Regisseur Frant Gwo schnell fündig. Dies beginnt schon beim Start des Films: Mit wenigen Szenen bekommen wir eine Welt serviert, in der nicht nur die Erde längst ein Eisblock geworden ist, sondern die Menschheit die Erde per Technologie in ein riesiges Raumschiff verwandelt hat. Logik, Physik oder gar Realismus sucht man dabei ebenso vergebens wie etwas Bodenständigkeit. Dies wiederum passt aber perfekt in die eigentliche politische Ausrichtung Chinas: Wenn die Natur nicht den Menschen dient, dann muss sie eben solange verformt werden, bis sie einen Mehrwert bietet. Insofern ist Die wandernde Erde besonders gesellschaftspolitisch interessant: Wo der Mensch absolut keine Rolle mehr spielt – vor allem angesichts einer Mission, die das Überleben des gesamten Planeten bedeutet – fungiert ein gewisser Technokratismus als Heilbringer. Ohne jegliche Emotion wird somit beiläufig erwähnt, wie viele Millionen oder gar Milliarden Menschen bereits ihr Leben für das Projekt „Wanderende Erde“ und andere Rettungsmissionen gelassen haben. Doch abseits dessen, ist das Sci-Fi-Abenteuer auch eine äußerst spaßige Angelegenheit.
Während die Charaktere – und auch das Familiendrama – eher aufgesetzt wirken und auch die Figuren kaum ein angenehmes Profil bekommen, gelingt es Die wandernde Erde dennoch ordentlich Tempo und Action in den Film zu bringen. Zugegeben, der technische CGI-Stil, der vielfach an ein Videospiel erinnert, ist gewöhnungsbedürftig, liefert aber gerade zum Ende des Films hin fabelhafte Bilder, die im Gedächtnis bleiben. Das größer, schneller und weiter Szenario sorgt zudem dafür, dass kaum Zeit zum Nachdenken bleibt. An jeder Ecke zerbricht etwas, wird etwas von Erdbeben zerstört, drängt die Zeit oder muss jemand gerettet werden. Ein etwas eigentümlicher Humor sorgt zudem dafür, dass zumindest nicht alles ernst genommen werden muss. Und spätestens, wenn zum Finale hin alles Hoffnungslos erscheint und China reichlich pathetisch noch einmal alle Menschen – passend die USA mit Flagge – zusammenbringt, liefert Die wandernde Erde packende Sci-Fi-Endzeit-Trash-Unterhaltung, die vor allem für Fans geeignet ist. Wer jedoch auf eine ernste und reale Auseinandersetzung mit dem Thema gehofft hatte, wird hier enttäuscht. Dies zeigen besonders die letzten Szenen des Films, in dem einmal mehr Technologie wie das neue Wundermittel scheint. Und ja, die Menschheit steht zusammen, aber nur, wenn China ihnen den Weg weist. Alleine dafür muss man das gigantische Sci-Fi-Spektakel einmal gesehen haben.
Fazit
"Die wandernde Erde" ist im Kern pure und aberwitzige Gigantomanie: Während Menschenleben wie Verbrauchsgegenstände gegen die Katastrophe geworfen werden, dürfen Technologie, Action und Pathos die Welt retten. Und ja, dass macht auf eine trashige Art und Weise viel Spaß, sorgt aber auch regelmäßig für ein Kopfschütteln. Durch die treibende Action und die stimmige Inszenierung, dürften Genre-Fans aber gerne einen Blick riskieren.
Autor: Thomas Repenning