Inhalt
Die junge Schamanin Hwa-rim und ihr Co-Medium und Partner Bong-gil folgen einem Hilferuf in die USA, wo die reiche exil-koreanische Familie Park von Irritationen geplagt ist: Mit der Nachkommenschaft stimmt etwas nicht, das Familienoberhaupt selbst hört Schreie. Das Duo nimmt den Auftrag an – immerhin wird gut gezahlt – und beginnt mit zwei Mitstreitern, einem Feng-Shui-Experten und einem Bestatter, das Ahnengrab im Norden der Provinz Gangwon-do zu exhumieren. Dabei entweicht etwas aus dem Sarg, Menschen sterben, andere erweisen sich als besessen und die wirklichen Probleme haben noch nicht einmal begonnen.
Kritik
Was Jang Jae-hyuns (Svaha: The Sith Finger) geschichtsschweres Genre-Werk nicht nur von typischen Okkult-Thrillern abhebt, sondern auch den übrigen Beiträgen des Berlinale Forums, wo der düstere Dämonen-Horror mit seiner cineastischen Qualität und Professionalität ein Glanzlicht setzt, ist die archaische Auseinandersetzung mit historischen Traumata. Dass diese besonders einem westlichen Publikum kaum vertraut sind, macht die zwischen Spuk und Splatter oszillierende Story mitunter schwer zugänglich, gibt ihr dafür jedoch auf subtextlicher Ebene eine außergewöhnliche Spannung, die bis zum eskapistischen Ende trägt.
Das Ausgangsszenario, das die junge Schamanin Hwa-rim (Kim Go-eun, Little Women) zurück in ihre koreanische Heimat bringt zu den verzweifelten Eltern eines von rastlosen Geistern bedrohten Babys führt, dient vorrangig als Brücke zum eigentlichen Konflikt. Dabei fällt Hwa-rims Schüler Bong-gil (Lee Do-hyun, The Good Bad Mother) in den Bann eines Dämons, der im doppelten Sinne die Grenzen der spirituellen Sphäre der Protagonistin transzendiert. Die japanische Nationalität des Geistes wird zum Schlüssel seines Zorns, den die Heldin und ihre Clique besänftigen müssen.
Die Message dahinter ist simpel, aber eindrucksvoll in ihrer historischen Konkretisierung: Nur wenn die Geister der Vergangenheit ruhen, können nachfolgende Generationen frei von historischer Last aufwachsen. Dass dafür eine schier unendliche Anzahl nicht nur für die Schamanin und ihre Unterstüzer*innen, sondern auch die Zuschauenden ermüdender Rituale erforderlich sind, wirkt dramaturgisch und ideologisch gleichermaßen zwiespältig. Wenn ein nationalspezifischer Kontext so dezidiert benannt wird, sollte auch eine entsprechende Aufarbeitung stattfinden anstelle von bloody business as usual.
Fazit
Es ist wahrhaftig ein langer Kampf, historisch, dramatisch und bei über zwei Stunden Laufzeit auch filmisch, den es in Jang Jae-hyuns fachmännischer Horror-Kost zu bewältigen gilt. Während die gemessen eingesetzten Spezialeffekte tadellos sind, lassen Kostüme und Maske gerade gemessen am Standard der Produktion zu Wünschen übrig. Auch die Kulissen sind mitunter deutlich als Studiosets zu erkennen. Das Ausmaß zu beschränken und dafür an Atmosphäre und Ausarbeitung der Figuren zu feilen, hätte der soliden Spuk-Show gutgetan.
Autor: Lida Bach