Inhalt
Martin, ein mysteriöser Fremder, kommt in eine Kleinstadt. Er ist auf der Suche nach seiner Frau. Er will sie finden und töten, denn sie leidet unter einer sehr gefährlichen und hochansteckenden Krankheit. Martin findet heraus, dass seine Frau schon vor Jahren gestorben ist. Kurz darauf wird er von drei lokalen Kleingangstern brutal attackiert. Schwer verletzt kommt er bei einer Familie unter. Doch was er nicht ahnen kann - auch er ist infiziert und löst durch sein Blut eine grauenhafte Epidemie in der Stadt aus.
Kritik
Zuerst ist es weiterhin schön zu beobachten, wie Eli Roth (Knock Knock) unablässlig aufstrebende Regisseure fördert, so wie ihn einst Quentin Tarantino (The Hateful Eight) unterstützt hat, und die chilenische Filmkultur ankurbelt. Wenngleich der nihilistische Reißer Aftershock – Die Hölle nach dem Beben 2012 nicht sonderlich überzeugen konnte, hat man dem von Nicolás López inszenierten Streifen angesehen, dass man Chile in Zukunft im Auge behalten sollte, denn das Land und seine Kinder haben Lust, dem Horror-Markt neue Impulse zu injizieren. The Stranger, freilich eine chilenisch-amerikanische Koproduktion, die unter der Aufsicht von Eli Roth entstanden hat, führt genau dieses Anstreben noch einmal vor Augen: Selbst wenn das Endergebnis nicht in Jubelstürme versetzen mag, merkt man derlei Produktionen deutlich an, dass die kreativen Köpfe im Hintergrund noch Visionen haben.
In diesem Fall handelt es sich um Guillermo Amoedo, Regisseur und Drehbuchautor in Personalunion, der uns in The Stranger in ein verschlafenes Nest entführt, in dem die augenscheinliche Ruhe nur als Einleitung für den sich anbahnenden Sturm zu verstehen ist. Als würden wir es mit einem klassischen Western zu tun bekommen, teilt sich der Film in drei klare Parteien auf: Da wäre der mysteriöse Fremde (Cristobal Tapia Montt), ein korrupter Sheriff (Luis Gnecco) und eine marodierende Verbrecherbande (unter dem Kommando von Ariel Levy). Und genau wie im Western, wird der Zuschauer gezwungen, sich die Frage zu stellen, warum es den Fremden nach Jahren der Abwesenheit wieder zurück in den Schoß seiner Heimat gezogen hat. Hier bereits gelingt es Amoedo, mit den Erwartungen des Genres zu spielen (wir sprechen sowohl vom Western, als auch vom Horror), denn The Stranger entwickelt sich im Laufe der Geschichte in eine Richtung, die es in dieser Form noch nicht zu sehen gab.
Und weil The Stranger den Charakter des Novums zu Recht für sich vereinnahmt, wird es brenzlig, eine Besprechung über den Film auszuführen, möchte man dem Interessenten doch nicht zu viel über die Geschehnisse vorwegnehmen. So viel sei gesagt: Amoedos Auffassung und Variation des Vampirismus-Mythos ist ernsthaft innovativ und einen Blick für jeden Genre-Enthusiasten wert. In Sachen Narration allerdings hat der Mann noch einiges zu lernen und scheitert zuweilen daran, seinem berückenden Inhalt den entscheidenden Antrieb zu versetzen, der den Film auch erzählerisch packend gestaltet, gerade weil sich hier über die gut 90-minütige Laufzeit doch ein solch emotionales Geflecht angestaut hat. The Stranger funktioniert vielmehr über seine Bilder und Amoedos Gespür für Stimmung, was diesen dämmerigen Slow Burner (wenngleich auf graphische Gewaltsequenzen nicht gänzlich verzichtet wird), neben seinem kreativen Ansatz, auch aus dem Durchschnitt des Direct-to-DVD-Sumpfes erhebt.
Fazit
Für ein Debüt ist Guillermo Amoedos The Stranger gar nicht schlecht, weil er nicht zuletzt aufzeigt, worauf wir uns in Zukunft noch freuen dürfen, wenn wir von diesem Mann zu hören bekommen. Ein kreativer Ansatz und ordentliches Handwerk erheben The Stranger über den DTV-Durchschnitt, inhaltlich indes aber fehlt Horror-Thriller noch der rechte Feinschliff. Aber um den zu erlangen, hat Amoedo ja noch genügend Zeit.
Autor: Pascal Reis