Inhalt
Der stinkreiche Immobilienhai Liu Xuan will das geschützte Delfinreservat in der Quingluo-Bucht plattmachen. So sehen sich die Meeresbewohner gezwungen, ihre Unterwasserwelt mit allen Mitteln zu verteidigen. Angeführt von Eight – halb Mann, halb Oktopus – beauftragen sie Shan, die schöne Meerjungfrau, den fiesen Playboy zu ermorden. Ausgerüstet mit den tödlichen Waffen der See, aber nicht allzu viel Talent für ihre Aufgabe, macht sich Shan daran, Liu Xuan zur Strecke zu bringen.
Kritik
Nun, wo Stephen Chow draufsteht, erwartet den Zuschauer eben genau dies: Den puren auf Leinwand geworfenen Wahnsinn, bei dem meist kein Auge trocken bleibt. Mit Filmen wie Kung Fu Hustle, Shaolin Kickers oder zuletzt Journey to the West (der leider immer noch keinen Weg nach Deutschland gefunden hat) gab es so bereits halsbrecherische wie aberwitzige Geschichten zu entdecken, die sich vor Slapstick und Situationskomik kaum noch retten konnten. Kein Wunder also, dass sein neuer Film The Mermaid (OT: Mei ren yu) sich innerhalb weniger Tage zum erfolgreichsten chinesischen Film aller Zeiten aufschwang – mit insgesamt über 500 Millionen US-Dollar Einspielergebnis. Zwar ist dieser Kelch mittlerweile an Wolf Warrior 2 (OT: Zhan lang II) gegangen, das trübt aber den Spaß der absurden Story rund um einen Immobilienhai, der von einer Meerjungfrau ermordet werden soll, aber natürlich nicht. Und ja, richtig gehört: Wo bereits die Geschichte wie ein wahrgewordener Comic-Streifen wirkt, so entpuppt sich auch der Film als buntes, schrilles, ironisches wie höchst humorvolles Chaos-Werk, bei dem man einfach beherzt mitlachen muss.
Multitalent Stephen Chow (Schauspieler, Martial-Arts-Kämpfer, Autor, Produzent und Regisseur) versteht es eben wie kein anderer, seine Filme mit einer gekonnten Mischung aus CGI-Unsinn und überdrehten Charakteren so vollzustopfen, dass der Zuschauer kaum Zeit zum Atmen hat. Und dies ist auch gut so: Denn würde man auch nur einen kleinen Augenblick über das gezeigte nachdenken, so würde vermutlich der Gedankengang in der Irrenanstalt enden. Der absurde Humor ist es aber auch, der die Filme von Chow so besonders macht. Im Falle von The Mermaid vermischt sich dieser dann auch mit einigen kleineren wichtigen Botschaften. Denn wenn schon zu Beginn echte YouTube-Videos von Delfinschlachtungen zu sehen sind oder später die Obrigkeit mit Waffengewalt gegen die vermeintlichen Meeresbewohner vorgeht, dann lässt dies einen kleinen Klos im Hals zurück. Umweltverschmutzung ist hier ein zentrales Thema, wenn auch gleich etwas oberflächlich und eben stark lächerlich – und dennoch auch wichtig. Und dies ist dann wohl auch der größte Kritikpunkt an The Mermaid. Neben all dem Slapstick, dem ausufernden Lachen (Stichwort Küche) und den völlig durchgeknallten Charakteren, wäre etwas mehr Substanz dennoch wichtig gewesen. Dennoch: Auch das neue verrückte Abenteuer von Stephen Chow ist ein absolutes Genre-Highlight.
Dies liegt vornehmlich einmal mehr an der leichtfüßigen Inszenierung, die uns Chow vorsetzt. Direkt wie aus einem Manga entsprungen, wechseln sich CGI-Massaker (ohne jemals schlecht zu wirken) mit kongenialen Slapstick-Momenten ab, sodass die Figuren regelrecht durch die Kulissen springen können (sehr zur Freude des Publikums). Chao Deng kann dabei als völlig irritierter Playboy ebenso überzeugen, wie Show Lo als wankelmütiger Octopus oder die junge Yun Lin, die mit dem Film gleichsam ihr Kino-Debüt feiern konnte. Nebenbei gibt es mit Hark Tsui (Regisseur von Once Upon a Time in China oder Detective Dee und der Fluch des Seeungeheuers), Kris Wu sowie Chi Ling Chiu auch einiges abseits zu entdecken. Und dann wäre da auch noch die kleine Rom-Com-Geschichte, die uns The Mermaid offenbart. Hier können Chao Deng und Yun Lin überzeugen, die dem Paar mit ihrer anfänglichen Anti-Liebe (oder eher Shans eigentlichem Ziel) eine ganz eigene Dynamik verleihen. Gerade daher wirkt dann auch das durchaus blutige wie actionreiche Finale so intensiv. Am Ende bleibt allerdings The Mermaid dann doch ein klassisches Märchen.
Fazit
"The Mermaid" ist aufgedreht, bunt, schrullig, absurd und so dermaßen übertrieben, sodass kein Auge trocken bleibt. Die Mischung aus romantischem Märchen, wichtiger Botschaft sowie purem Slapstick-Abenteuer funktioniert zwar nicht immer (dafür fehlt dann doch eine gewisse Ernsthaftigkeit und etwas Ruhe), aber für reichlich Spaß ist auf jeden Fall gesorgt. Mehr als einmal dürfte kein Auge trocken bleiben bei dem Versuch, das Treiben auf der Leinwand zu verfolgen. Hier darf mit vollem Herzen gelacht werden. Stephen Chow sei Dank.
Autor: Thomas Repenning