Inhalt
Die attraktive Polizistin Angel Wolfe muss verhindern, dass der mit dem Teufel im Pakt stehende Superverbrecher Lee Chuck in den Besitz von zwei magischen Edelsteinen gelangt. Gemeinsam mit zwei nicht minder vorzeigbaren Mitstreiterinnen schleust sie sich undercover in die sonderbare Sekte des mysteriösen Dr. Sin Do ein, der auf seiner Insel ausschließlich Frauen zu tödlichen Amazonen ausbildet. Der Grund: Er besitzt einen dieser Steine. Oder so…
Kritik
So, hier kann man sich als großer Cineast outen: Wer kennt Jim Wynorski? Ach, doch so Wenige? Wie kann das sein, schließlich hat der Mann, kürzlich erst 69 Jahre alt geworden, bereits 103 Spielfilme inszeniert – in 35 Jahren! Mal so im Vergleich: Alejandro Jodorowsky (Santa Sangre) ist dieses Jahr 90 geworden und kommt in 51 Jahren Karriere als Langfilm-Regisseur auf 10 Werke. Liegt womöglich daran, dass der eine jahrelange Vorbereitung ins seine experimentellen wie exzentrischen Meisterwerke steckt, während allein zu den letzten Arbeiten des anderen Nummern mit Titeln wie Sharkansas Women's Prison Massacre, Piranhaconda oder – ganz besonders schön - The Hills Have Thighs zählen. Den Grundstein für diese umfangreiche und hochwertige Karriere legte der unerschrockene und tüchtige Jimmy 1984 mit The Lost Empire, der bei uns den schön schmissigen Namen Drei Engel auf der Todesinsel übergestülpt bekam. Und trotz der zahlreichen Konkurrenz aus den eigenen Reihe lässt sich auch ohne Kenntnis der weiteren 102 Kunstwerke mutmaßen, diese könnte/müsste sein bester…naja, sein mit ziemlicher Sicherheit unterhaltsamster Film sein. Nur so ein Bauchgefühl.
Worum geht es denn bei Drei Engel auf der Todesinsel? Tja, das lässt sich so einfach gar nicht sagen. Da gibt es zwei magische Edelsteine, deren Zauberkraft irgendwas ganz Tolles kann. Die will sich ein mysteriöser Schurke namens Lee Chuck unter den Nagel reißen, da er Seelen für den Teufel sammeln muss - oder so ähnlich. Also fest steht: Der darf die nicht haben, sonst geht die Welt (vermutlich) unter. Zu Beginn schickt dieser (ehrlich gesagt wissen wir das gar nicht und es wird auch später nicht mehr erklärt, aber wir nehmen es einfach mal an. So muss man sich hier übrigens oft die Handlung zusammen-mutmaßen) ein paar Ninjas mit tödlichen Christbaumschmuck in eine Juweliergeschäft, wo sich einer dieser Steine befindet. Nach einem blutigen Duell mit den Cops erliegt einer der Gesetzeshüter später im Krankenhaus seinen Verletzungen. Gerade noch rechtzeitig kann er seine Schwester Angel (maßlos untalentiert, aber ebenso ungeniert: Melanie Vincz) - ebenfalls Polizistin, was man ihr jeder Sekunde abnimmt – noch diese sonderbare Geschichte auftischen, woraufhin diese sich an die Ermittlungen macht.
Ein kurioser Charly Chan-Lookalike, den sie zufällig am Tatort hinter einem Vorhang findet, berichtet ihr und ihrem schnauzbärtigen, aber nicht sonderlich blitzmerkerisch veranlagten Kollegen-Stecher Rick (Paul Coufus, Die Stunde der Ratte) über die Sekte eines gewissen Dr. Sin Do, der auf seiner geheimen Insel eine Art Ausbildungscamp für halbnackte Amazonen-Soldatinnen betreibt. Der soll einen der begehrten Steine besitzen. Also macht Angel das, was jeder vernünftige Polizistin in dieser Situation machen würde: Sie lässt ihren depperten Porno-Schnauzer daheim und rekrutiert sich dafür eine ganz besondere Ladys-Squad. Bestehend aus der inhaftierten Knastdirne Heather (Angela Aames, ist wohl mal bei Scarface durchs Bild gelaufen, Glückwunsch dafür) und der von Angel höchstpersönlich aus dem Totenreich rekrutierten Indianerin Whitestar (das dralle Busen-Sternchen Raven De La Croix, Drüber, drunter und drauf) um sich als Trio ohne Furcht und Oberbekleidung verdeckt dort einzuschleusen. Der Weg dahin ist schon skurril hoch zehn, aber spätestens auf dem Eiland vom Kapuzen-Doktor gehen mit diesem merkwürdig euphorischen Unfug endgültig die Schlangen, Vogelspinnen und Gorillas durch.
Für Freunde des ungepflegten, chaotischen und nie und niemals irgendwie kalkulierbaren Trashfilms der wilden 80er ist Drei Engel auf der Todesinsel ein wahres Fest. Da ist in der Tat alles dabei, wird ohne Sinn und Verstand in den Thermomix geworfen und auch der verzweifelt an dieser nicht kompatiblen Pampe aus Schwachsinn. Was dabei herauskommt, ist theoretisch ungenießbar, macht praktisch aber so verdammt viel Laune. Unter den Anti-gut-guten Filmen ein echtes Highlight. Der Plot folgt überhaupt keiner Logik, das Frauenbild ist beschämend, die Kulissen wüst zusammengerumpelt aus allem, was von den vergangenen Action, Horror, Science-Fiction oder Abenteuerfilmchen im Studio zurückgelassen wurde. Sex sells wird ganz groß geschrieben, Gewalt wird versucht mit den billigen Mitteln auch hier und da noch mal zu zelebrieren, was natürlich nur einen putzigen Effekt hat und die degenerierten Dialoge sind oftmals zum Schießen. Dankbar verstärkt durch die schlodderige Snychro („Kikeriki“). Das Beste dabei ist, wie unberechenbar das ganze durchgehend ist und man sich nie sicher sein kann, in wie weit hier was kläglich gescheitert oder ganz bewusst zum Abschuss freigegeben wird. Das macht es erst doppelt und dreifach so charmant.
Tatsächlich zeigt dieses nudistisch-sexistische Affentheater ab und zu fast verblüffende Qualitäten: Der Vorspann ist richtig schön. Beinah wie von Saul Bass für Hitchcock oder ein kleiner Bond. Dazu wabert ab und zu ein richtig geiles Synthesizer Score durch die Gegend, als wenn John Carpenter heimlich komponiert hätte, hinterher aber nicht mehr damit in Verbindung gebracht werden wollte. Was durchaus verständlich wäre. Getoppt und endgültig in den Hochadel des Trash berufen wird diese geschmacklos-ulkige Sause - die sich übrigens auch nicht dafür scheut, Bezüge zum Dritten Reich miteinzustreuen (man achte mal auf das Flaggen-Design) - allerdings erst in seinem furiosen Finale. Dort gibt nicht nur Phantasm-Grusel-Grandpa Angus Scrimm einen seiner recht seltenen Gastauftritte außerhalb „seines“ Lebenswerk-Franchise, die dort präsentierte Super-Waffe schlägt jedem Fass mit Karacho dem Boden aus. Wenn nicht noch mehr. Nicht zu fassen, ehrlich nicht. Wenigstens schlägt jetzt mal die Stunde von Captain Nutzlos a.k.a. Schnäuzerchen, inzwischen im feschen Lederdress endgültig an der Wall of Fame der Blue Oyster Bar angekommen.
Fine. Stille. Applaus.
Fazit
Absurd ist gar kein Ausdruck für das, was einem hier gut 85 Minuten in den Schritt geschmiert wird. „Drei Engel auf der Todesinsel“ ist waschechter Trash in Reinkultur, ohne falsche Hemmungen, höchsten minimal aufploppender Insel-Begabung (kann aber auch glücklicher Zufall sein) oder echtem Konzept. Kein kalkulierter Billo-Goldesel wie bei den Asylum-Halunken, sondern richtig ehrlicher, saukomischer Vollschrott, bei dem sich immer das Gefühl einstellt, irgendwas hatten die wirklich vor. Nur was, das erschließt sich auch beim besten Willen nicht. Aber wahrscheinlich besser so, zumindest für den entzückten-amüsierten Endverbraucher.
Autor: Jacko Kunze