Als man sich 2016 noch Gedanken machte, welche Filme bei der nächsten Oscarverleihung eine große Rolle spielen werden, wurde The Founder stets als heißer Kandidat gehandelt. Die Entstehungsgeschichte eines Unternehmens, das heute zu den weltweit wertvollsten Marken gehört, bzw. über einen Mann, der dazu beigetragen hat, hat gehöriges Award-Potential. Danach ging der Buzz um das Biopic erschreckend schnell zurück, an den US-Kinokassen floppte der Film gewaltig und die Oscars ignorierten ihn komplett. Das überrascht, denn The Founder ist im Grunde ein wirklich guter Film mit einer interessanten Thematik, der solch einen Untergang nicht verdient hat.
John Lee Hancock (Saving Mr. Banks, Blind Side - Die große Chance) verfilmte hierzu ein Drehbuch von Robert D. Siegel(The Wrestler), das 2014 noch auf der Blacklist stand, also der Liste, die die beliebtesten, aber unverfilmten Drehbücher Hollywoods listet. Mc Donalds kennt natürlich jeder, vermutlich waren auch die meisten dort schon essen oder tun das in hoher Häufigkeit. Wie auch immer man dem Unternehmen gegenüber steht, dessen Entstehungsgeschichte ist zweifellos eine, die von allgemeinem Interesse ist. Zwar reicht diese bis 1940 zurück, als Dick und Mac McDonald ihre erste Filiale eröffneten, The Founder setzt jedoch erst 1954 an, als der Milchshake-Mixer-Verkäufer Ray Kroc (Michael Keaton) hinzu stieß. Kroc ist die zentrale Figur des Films, er selbst bezeichnet sich als der wahre Gründer von Mc Donalds, auch wenn die Idee dazu gar nicht seine war.
Dennoch ist Kroc zweifellos das Zugpferd hinter dem Erfolg der Fast Food-Kette, denn er überzeugte die beiden Brüder, ins Franchise-Geschäft einzusteigen und die Idee hinter dem Restaurant, die ihn zutiefst beeindruckte, landesweit (und später weltweit) auszuweiten. Interessant ist dabei der Interessenskonflikt, der in The Founder stets thematisiert wird. Während die Brüder in kleineren Dimensionen denken und sehr idealisiert an die Sache gehen, stets mit dem Wunsch, dem Kunden eine angemessene Qualität zu bieten, ist Kroc durch und durch Geschäftsmann, der auf Profit und Erfolg aus ist. Milchpulver statt echter Milch, Sponsoren und Werbung statt Klasse... das Trio gerät immer mehr aneinander.
Michael Keaton verkörpert diesen Mann, der vor Ehrgeiz, Elan und Kraft nur so strotzt, überaus beeindruckend. Nach Birdman und Spotlight beweist er einmal mehr, dass er großen Rollen nicht nur gewachsen ist, sondern sie sich mit Leichtigkeit zu Eigen macht. Eine Oscarnominierung hätte sich Keaton damit redlich verdient, eine Schande dass er diese nicht erhalten hat.
Was The Founder zudem sehr interessant macht: Seine zentrale Figur, Ray Kroc, ist kein klassischer Sympathieträger. Zu Anfang noch fiebert man regelrecht mit und wünscht ihm mit seinem Vorhaben den größten Erfolg. Doch zeigt sich mit der Zeit, dass er ein sehr schwieriger Mensch zu sein schien, dem sein unternehmerischer Erfolg das wichtigste Ziel war, ohne Rücksicht auf die Opfer, die er dabei auf der Strecke ließ. Nun kann man sich darüber streiten, inwieweit ihm das Erreichen seines Ziels gegönnt sei, menschlich mag man nicht zu ihm sympathisieren, rein aus geschäftlicher Sicht jedoch war der Mann genial. Oder, wie er es selbst bezeichnete, hartnäckig und fleißig. Und das verdient auf jeden Fall Bewunderung. Manch Film braucht keine strahlende Heldenfigur, auch das thematisch sehr eng angelehnte The Social Network ging bereits einen ähnlichen Weg und verlor dabei in keinster Weise an Faszination. Michael Keaton jedoch besitzt dermaßen viel Charisma, um aus dieser Figur, trotz einiger Schandflecke, einen coolen Typen zu machen.
Im Gegensatz zu The Social Network ist The Founder rein tonal weitaus heiterer angelegt. Die 50er und 60er Jahre erstrahlen in hellem Licht, die Menschen lächeln fröhlich mit ihren Burgern in der Hand, fast könnte man meinen in einem Retro-Werbespot gelandet zu sein. Produktionstechnisch sieht alles sehr schick aus, hin und wieder erlaubt sich der Film auch kleine humorvolle Einschübe. In seiner zweiten Hälfte ändert sich das zwar, hier geht es zusehend ernster und schmutziger zu, doch stets in Maßen, nie so düster wie bei David Fincher.
Warum ist The Founder denn nun nicht der ganz große Wurf geworden? Die Geschichte eines Mannes, der den amerikanischen Traum quasi verwirklicht und ein Imperium aufbaut, sollte doch durch und durch Oscarfutter darstellen. Schwer zu beantworten, denn The Founder ist eigentlich ein guter Film. Um jedoch wirklich herauszustechen, wäre vielleicht noch etwas mehr Biss und Pep vonnöten, um sich auch nachhaltig im Gedächtnis einzubrennen. Vielleicht hätte es dem Film auch gut getan, seinen Fokus auf ein Genre zu legen, statt zwischen Satire und Drama zu springen. Möglicherweise noch ein wenig mehr Schmutz und ein etwas kritischerer Umgang mit seiner zentralen Figur. Doch das sind Dinge, die man dem Film gern verzeiht und den Spaß an ihm kaum trüben, daher sollte man sich nicht all zu sehr an ihnen festhängen.