4.7

MB-Kritik

Der Exorzist: Bekenntnis 2023

Horror

4.7

Lafortune Joseph
Leslie Odom Jr.
Gastner Legerme
Tracey Graves
Marie Michele Bazile
Rodrigue Lucien Louissaint
Albert Wollf II Saint Felix Nolasco
Viergeue Charles
Prince Jayden Constant Felix
Jake Arsene Joseph
Yomayli Joseph Louisimus
Dieunanne Hercule
Eliseo Antonio Paredes
Gardy Helve
Lidya Jewett
Danny McCarthy

Inhalt

Seit dem Tod seiner Frau vor zwölf Jahren zieht Victor Fielding (Tony-Gewinner und Oscar®-Nominierter Leslie Odom Jr. One Night in Miami, Hamilton) die gemeinsame Tochter Angela (Lidya Jewett, Good Girls) allein groß. Als Angela mit ihrer Freundin Katherine (Newcomerin Olivia Marcum) nach tagelangem Verschwinden im Wald zurückkehrt, ohne sich an irgendetwas erinnern zu können, wird eine Kettenreaktion in Gang gesetzt, die Victor zwingt, sich dem abgrundtief Bösen zu stellen. Getrieben von Entsetzen und Verzweiflung, sucht er die einzige lebende Person auf, die selbst solch ein Erlebnis durchlitten hat: Chris MacNeil.

Kritik

Gäbe es nicht den satanischen Fluch einer bemühten Marketing-Kampagne würde man sich fast wünschen The Exorcist: Believer wäre unter einem anderen Titel ohne jegliche Information über die Sequel-Verbindung zu William Friedkins Meilenstein des Horrorkinos The Exorcist veröffentlicht worden. Nicht nur hätte diese theoretische Strategie diesem weiteren sogenannten “Legacy-Sequel,” deren Hauptreiz im gegenwärtigen Horrorkino das Einsammeln nostalgischer Früchte und das Bedienen bekannter Erzählmuster darstellt, eine etwas subversivere Facette abgewonnen, es hätte vor allem die gravierende narrative Unebenheit von David Gordon Greens (Pineapple Express, Halloween) gewollter Dämonen-Austreibung turned Christliche Propaganda eine zufriedenstellende Auszahlung geliefert. So aber betritt das Publikum seinen Film mit dem Vorwissen, irgendwann beim titelgebenden Exorzismus anzukommen und bis es so weit ist mit einem Feuerwerk an erschöpften Blumhouse –Tropen und bedeutungsschwangeren Glaubensfloskeln bedient. 

Nachdem die beiden Kinder Angela (Lidya Jewett, Black Panther) und Katherine (Olivia Marcum) nach ihrem Verschwinden in den örtlichen Wäldern nach drei Tagen wiedergefunden werden, verhalten sich beide zunehmend merkwürdiger: Während Angela ihre Körperflüssigkeiten und Bewegungen irgendwann nicht mehr unter Kontrolle hat, Angela mit einem entschlossenen “The Body in the Blood!”-Ruf die sonntägliche Messe zum Sakrileg werden lässt, und beide immer aggressiver werden, scheitern bald alle wissenschaftlichen Erklärungsversuche. Während Katherines strenggläubige Familie relativ schnell ahnt, was Sache ist, muss Angelas Vater Victor (Leslie Odom Jr.,Murder on the Orient-Express) erst von der wahren Geschichte von Chris MacNeil (Ellen Burstyn, Requiem For A Dream) und deren besessenen Tochter Regan (Linda Blair, Repossessed) erfahren, um endlich dem Vorwissen des geneigten Publikums entsprechend zu verstehen, dass ein Exorzismus her muss. Bis die Figuren endlich auf diesem Wissensstand angekommen sind vergeht eine gefühlte Ewigkeit, (fast die ganze Hälfte des Filmes, genau genommen). Es ist eine Schwäche, die Green fast aus Friedkins Original übernimmt, welches zwar Figurenkonstellationen geschickt auszubauen wusste, aber dennoch zu wenig zu erzählen hatte, bevor die Priester im letzten Akt endlich zu Kreuz und Weihwasser greifen. Was damals noch die obszöne Zerstörung jeglicher prüden Familienbilder der 1970er durch den Fluch des Dämonen Pazuzu symbolisierte, steht im Jahr 2023 nur noch für einen leeren Spuk voll gewollter Ekelbilder, die nur noch ihre eigene Ideenarmut entblößt. 

 Als simple Verdeutlichung, wie sehr The Exorcist: Believer an seinem Kult-Vorgänger hängt, diesen aber zu keiner Sekunde erreicht, lassen sich die beiden Eröffnungsszenen des Filmes vergleichen: Während wir in Friedkins Film der Ausgrabung einer sinisteren Dämonenstatue im Irak beiwohnen, läutet Green seinen Film mit einem Erdbeben während des Familienurlaubs von Victor ein, bei dem dessen hochschwangere Frau verschüttet wird und ihn zu einem moralischen Dilemma führt, ein Aspekt, den der Film in seinem erzwungen konfrontativen Finale gewollt entlarvend wieder aufgreift. Während in Friedkins Film alles unter der Oberfläche verhandelt wird und erst im Unterbewusstsein zum Schrecken führt, vergreift sich Green an einer deplatzierten Charakterfokussierung, ohne dabei seinem Austreibungsnarrativ etwas Substanzielles hinzufügen zu wissen. Durch das lange Ausbleiben supernatürlicher Ereignisse erhält man fast den Eindruck, der Regisseur spiele hier ein Brechen mit Konventionen wie bereits in dem viel gescholtenen, wenn auch mutigen Halloween Ends. Jedoch führt er diesen Fokus an kein befriedigendes Ende, sodass auch die christliche Helbringerbotschaft aus William Peter Blattys Urtext im Vergleich zu Friedkins Film keiner Subversion mehr unterläuft. Wenn schließlich Chris MacNeil, reduziert zu hohlen Legacy-Charakter, schließlich in einer Montage vom messianischen Zusammenhalt im Angesicht mit dem Teufel schwadroniert, so erreicht Greens Film eher die Faith-Based Allüren eines God Is Not Dead, denn jemals das höllische Inferno von Friedkin.

Fazit

“The Exorcist: Believer” ist ein weiteres Produkt einer ewigen Nostalgie-Resteverwertung aus dem Hause Blumhouse, das weder seinen Vorgänger respektiert, noch etwas Eigenes herbeizimmert und den man am liebsten als amüsanten Edeltrash abstempeln möchte, gäbe sich der Film in seinem ausgeübten christlichen Glauben nicht so unangenehm hemmungslos .

Autor: Jakob Jurisch
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