6.6

MB-Kritik

The Empire of Corpses 2015

Sci-Fi, Thriller, Animation

6.6

Kana Hanazawa
Yoshimasa Hosoya
Taiten Kusunoki
Shin-ichiro Miki
Akio Otsuka

Inhalt

Im viktorianischen England wird die industrielle Revolution durch die Wiedererweckung von Toten beflügelt. Ein junger Student der Totenwiederbelebung widersetzt sich jedoch dem System.

Kritik

The Empire of Corpses bildet den ersten Teil der Project-Itoh-Trilogie. Dieses vom Studio Wit (Attack on Titan) produzierte High-Budget-Projekt startete im Oktober 2015 in den japanischen Kinos und fand nun dank des Publishers Kazé auch seinen Weg nach Deutschland. Die Blu-Ray ist seit dem 28. April bei uns im Handel.

Der Film entführt den Zuschauer in eine Welt aus verschiedensten, auf den ersten Blick vollkommen unvereinbar scheinenden Elementen, die aber eine nicht zu verleugnende Faszination entfalten. Kurz gesagt handelt es sich um einen Zombie-Steampunk-Scifi-Agenten-Horror-Thriller, der zudem noch dem Alternative-History-Genre zuzuordnen ist. Denn hier wurde im viktorianischen England die Wissenschaft der Totenerweckung entdeckt. Basierend auf den Erkenntnissen der Forschung von Viktor Frankenstein und dem Wissen vom Gewicht der Seele von 21 Gramm kann durch das Injizieren von künstlichem Seelenstoff eine Leiche wiederbelebt werden. Jedoch hat sie keine richtige Seele und kann sich unter anderem nicht artikulieren. Dennoch hat diese Forschung alle Bereiche des Lebens revolutioniert. Kriege werden von Toten bestritten, Fabriken von Toten betrieben und selbst auf den Straßen wandern sie unter den Lebenden. Eine spannende Ausgangslage.

Wie dem ein oder anderen vielleicht bereits auffällt, wurden hier hunderte Schnipsel aus Populärkultur, klassischer Literatur und Sagen zu einem bunten Potpourri vermischt. Es treten tatsächliche historische Persönlichkeiten wie Ulysses S. Grant auf, daneben aber auch Arthur Conan Doyles Figur John Watson oder die amerikanische Sagengestalt Paul Bunyan. „Hunderte“ war vielleicht ein wenig übertrieben, aber es sind derart viele dieser kleinen Eastereggs, dass man den Film sehr aufmerksam schauen und auch einiges an Vorwissen mitbringen muss, um alle zu entdecken.

Das ist aber auch gleichzeitig eine Stärke und eine Schwäche des Films. Die Handlung bestehend aus vorhersehbaren Wendungen und eindimensionalen Charakteren soll nur als Transportmedium für einerseits die angesprochenen Eastereggs und andererseits tiefgreifende philosophische Fragen dienen. Die Charaktere bleiben vollkommen belanglos, sie sind weder besonders sympathisch, noch unsympathisch und irgendwann verliert man als Zuschauer das Interesse an deren Schicksal. Leider bleibt auch der philosophische Ansatz lediglich oberflächlich. Es werden viel mehr Fragen aufgeworfen, als beantwortet oder überhaupt behandelt werden könnten, wodurch der ganze Film zu einer Aneinanderreihung von Eastereggs, verschiedensten, kurz angeschnittenen philosophischen Themen und willkürlichen Plot-Elementen verkommt.

Aber – und das ist eine nicht zu verachtende Leistung – macht er trotzdem Spaß. Das liegt in erster Linie an der grandiosen visuellen Umsetzung durch das erfahrene Studio Wit. Der Stil ist dabei sehr detailverliebt und trotz der oft düsteren Kulissen und Thematiken recht verspielt. Einige Elemente wurden von zeitgenössischen Apparaturen inspiriert. So erinnert beispielsweise die Maschine, die den Seelenstoff injiziert stark an das Analytical Engine von Charles Babbage, einem der ersten Computer. Die Figuren sind simpler gehalten und wirken manchmal etwas zu heterogen in der sehr detailreichen Umgebung. Der Einsatz von CGI hingegen ist sehr professionell, weshalb an keiner Stelle ein schlampig animiertes CGI-Modell den visuellen Gesamteindruck stört. Besonders das Finale ist ein Meisterwerk der modernen Anime-Kunst und ein wahres Fest für jeden Fan von eindrucksvollen Animationen.

Fazit

"The Empire of Corpses" ist ein Potpourri aus vielen Elementen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Während der visuelle Teil ohne Zweifel zum Besten gehört, was die moderne Animationskunst zu bieten hat, ist die Handlung leider nichts weiter als ein Transportmedium für Eastereggs und oberflächliche philosophische Themen. Aber dennoch ist das Potenzial vorhanden und man darf auf die kommenden Teile gespannt sein.

Autor: Tobias Kiwitt
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