Inhalt
Heather (Alexandra Daddario) erbt von ihrer ihr unbekannten Großmutter ein Haus. Da die junge Frau ihren neuen Besitz gern genauer unter die Lupe nehmen will, macht sie sich mit ihren besten Freunden und ihrem Freund auf den Weg und fährt nach Texas. Was für die Truppe als lustiger Roadtrip beginnt, entpuppt sich als wahrer Albtraum, denn Leatherface (Dan Yeager) treibt an ihrem Zielort sein Unwesen. Und natürlich ist sein bevorzugtes Mordinstrument noch immer eine Kettensäge.
Kritik
Um dem Film gerecht zu werden, müsste ich die Kritik mit zig Rechtschreibfehlern bespicken. Ob man das Budget für den 3-D-Effekt verprasst hat und somit kein Geld mehr zur Verfügung stand, um ein ordentliches Drehbuch zu bekommen? Und „ordentlich“ bedeutet hier schlichtweg: fehlerfrei. Denn das Script zum neuen „Texas-Chainsaw“-Film wirkt, als wäre jemand am Rechner eingeschlafen, mit der Stirn auf die Tastatur geknallt und erst wieder aufgewacht, als das dramaturgische Ungeheuer fertig war.
Was tut man, wenn man von einem Psychopathen mit Kettensäge über ein Jahrmarktgelände gehetzt wird? Wohin flüchtet man, wie bringt man sich in Sicherheit? Genau, man hängt sich an die Gondel eines Riesenrads, denn das ist schon von der Sache her saugefährlich und außerdem kommt man ja nach kurzer Zeit quasi zurück zur Ausgangssituation, wo der Killer auf einen wartet. Diese kurze Inhalts-Anekdote soll als Beleg für den ersten Absatz der Kritik dienen. Doch keine Sorge, es gibt noch mehr.
Der Film macht in den ersten Minuten eine Menge richtig. Er startet mit einer Zusammenstellung von Szenen des Originals. Da freut sich der geneigte Horrorfilmfreund natürlich. Interessant wird es, als der eigentliche Film plötzlich da ansetzt, wo der erste Teil endete. Das bedeutet zwar auch, dass dieselben Figuren jetzt von anderen Menschen gespielt werden, immer eine gefährliche Sache, jedoch hier nicht anders möglich. Daher ok. Nicht gut, aber ok. So spielt „Texas Chainsaw 3D“ zeitlich zunächst in den 70ern und das macht Hoffnung. Die bald darauf zerstört wird, denn der Sprung in die Neuzeit lässt nicht lange auf sich warten. In welche Zeit genau? Nun, es gibt schon iPhones, damit ist die folgende Frage geklärt: Haben wir es hier mit einem der dümmsten Filmfehler zu tun? Die Antwort: vermutlich! Denn die Protagonistin war in den 70ern ein Baby, zur Hauptspielzeit des Films ist sie die genretypische junge Frau. Selbst eine grobe Rechnung ergibt ein Alter der Hauptfigur, das keineswegs dem Äußeren dieser Darstellerin entspricht. Es sei denn, sie ist die optisch vitalste Etwa-40-Jährige, die es gibt. Dann könnte man allerdings verstehen, warum Leatherface so heiß auf ihr Gesicht ist. Apropos Leatherface (ist schon jemandem die Ähnlichkeit zwischen „Leather“ und „Heather“ aufgefallen?): Der mordende Sawyer müsste im Film schon um die 60, vielleicht sogar 70 Jahre alt sein. Es ist kaum ein Geheimnis, dass er sich nicht wie ein Grandpa verhält, wenn er seinen Opfern hinterherjagt.
Bei all dem Spaß, der hier zwischen den Zeilen durchsickert, bleibt der Streifen in dieser Hinsicht doch ein Ärgernis, da jede Ernsthaftigkeit verloren geht. Nötige Ernsthaftigkeit, wenn man per Film das Gefühl realistischen Horrors auf den Zuschauer übertragen möchte. So manövriert sich „Texas Chainsaw 3D“ schnell und vor allem eigenhändig in eine Schublade mit der Aufschrift „absurd und lächerlich“. Und hat kaum noch eine Chance, da wieder raus zu kommen. Vielleicht gibt es vereinzelte Beobachter, die sich an Plot-Unsinnigkeiten nicht stören, doch die Mehrheit findet es wohl cineastisch wenig prickelnd, wenn z. B. bei „The Dark Knight“ aus leeren Schulbussen beherztes Kinderlachen schallt, wenn New Yorker Polizisten in einem Streifenwagen mit der Aufschrift Toronto unterwegs sind („Der unglaubliche Hulk“), wenn moderne Armbanduhren in Sandalenfilmen auftauchen, Halteseile zu sehen sind, mehr Schüsse abgefeuert werden, als mit der jeweiligen Pistole möglich … und, und, und. Zwischenfrage: Wenn man in den Fängen des vermeintlich Bösen ist, im Geheimen aber noch ein Messer in petto hat, was macht man dann? Heather hat in jedem Fall eine ganz eigene Art, mit diesem möglicherweise lebenswichtigen Gegenstand umzugehen. Und so gibt es noch eine Vielzahl anderer Unstimmigkeiten, die „Texas Chainsaw 3D“ zum Anwärter auf den im wahrsten Sinne des Wortes dümmsten Film des Jahres machen. Wer im Verlauf der Spielzeit noch nicht überzeugt davon ist, wird es spätestens beim Finale sein. An der Stelle soll das abstruse Ausmaß nicht vollends offengelegt werden, nur so viel: Familie ist alles.
Das Interessante: So prinzipiell lässt der Streifen ja eine mitunter solide Unterhaltungschance durchschimmern. Mit einem etwas sinnvolleren Drehbuch hätte das auch ein ordentlicher Spaß auf niedrigem Genreniveau werden können, denn gorelastig ist das Machwerk in jedem Fall, wenn auch leider nicht durchgängig mit handgemachten Effekten. Zwar stört der Sprung von den 70ern in die Moderne hin zu den stereotypischen Zweibeinern wie laufendes (beziehungsweise hüpfendes) Silikon und rennende Muskelpartien, doch weil uns heutzutage fast jeder Horrorfilm weismachen will, dass so die klassischen jungen Leute aussehen, erscheint es, und hier haben wir die gelungenste Drehbuchentscheidung, umso erfrischender, dass der Großteil recht schnell ins Filmjenseits wandert, um der Story einen Weg abseits des vertrauten Gruppe-vs.-Killer-Szenarios zu zeigen.
Fazit
Wenn ein Film schon ohne Fehler nicht herausragend ist, wird es umso kritischer, je fehlerbesetzter er dem Publikum präsentiert wird. Ja, Menschen machen Fehler, doch das hier gleicht einer Farce. Allerdings lenkt das zunächst vom Fakt ab, dass man mal wieder einen der berühmtesten Filmkiller verhunzt. Wird einem das klar, entpuppt sich der Ärger jedoch als Empörung, die so rasend ist wie eine gut geölte Kettensäge.
Autor: André Gabriel