MB-Kritik

Terra Mater - Mother Land 2022

Short

Cheryl Isheja

Inhalt

Selbstbewusst steht sie da, wie eine Göttin des technologischen Schrotts, umgeben von endlosen Bergen aus Müll, Plastik, Gestank und seltenen Erden. Ihre Anklage ist wütend, gefasst und auf den Punkt.

Kritik

Der Font, in dem Kantarama Gahigiri die erste Hälfte des mehrdeutigen Titels präsentiert, beschwört ein Science-Fiction-Szenario. Einer erdrückenden Zukunftsvision gleicht denn auch die bedrohliche Steilküste, deren Wände die statische Kamera in den Eröffnungsszenen ihrer zehnminütigen Doku-Dystopie überragen. Doch die Klippen aus Müll sind keine künstliche Kulisse, sondern Zeuginnen einer Zerstörung, die weit über die ökologischen Maßstäbe hinausreicht. In ihrem energetischen Experimentalfilm exponiert und kontextualisiert die Regisseurin in maximal reduzierter Form die rassistischen und kolonialistischen Faktoren jener Umweltverschmutzung. Eine weibliche Verkörperung (Cheryl Isheja) des verwüsteten Mutterbodens rezitiert in Stakkato-Strophen eine postkoloniale Prophezeiung von Rückeroberung Rechenschaft, die ungehört in den schmutzigen Schluchten verhallt.

Fazit

Aus bedrückend authentischen Aufnahmen ökologischer Verwüstung und menschlicher Ausbeutung erstellt Kantarama Gahigiri eine apokalyptische Allegorie der katastrophalen Konsequenzen der Plünderung von Bodenschätzen, die das Konzept einer postkolonialen Welt als Märchen enthüllt. Der Zivilisationsmüll, der sich in Form bizarrer Berge aus Abfall und Schutt türmt, wird zum sinnbildlichen Fundament der auf Rassismus, Kolonialismus und Kapitalismus basierten Strukturen historischer Ausbeutung, die bis heute unverändert fortbestehen. Es sind filmische Stimmen wie diese, die dem Festival zu lange fehlten.

Autor: Lida Bach
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