Inhalt
Inspiriert von einer feministischen Science-Fiction-Kurzgeschichte, die 1905 in Bengalen geschrieben wurde, begibt sich Inés auf eine Entdeckungsreise durch Indien auf der Suche nach Ladyland, dem utopischen Land der Frauen.
Kritik
In Einklang mit der autobiografisches Alter Ego und subjektives Spiegelbild vereinenden Protagonistin (Stimme: Miren Arrieta, Stumm) ihrer symbolistischen Sinnsuche braucht und nimmt sich Isabel Herguera (Ámár) ihre Zeit zur Definition eines konkreten Zielpunkts ihres weltweiten Weges. Jener ist Ines so reich an visuellen, intellektuellen und historischen Beobachtungen, dass die nur 80 Minuten Laufzeit des lyrischen Langfilm-Debüts der Regisseurin und Co-Drehbuchautorin wie im Flug vergehen und eine Vertiefung der komplexen Konzepte die Wirkung der elliptischen Episode verstärkt hätte.
Doch die Absicht der zwischen naiver Malerei und Neo-Expressionismus oszillierenden Aquarell-Animationen, ist nicht Antworten auf die den episodischen Plot vorantreibenden gesellschafts- und genderkritischen Probleme zu geben, sondern ein Aufzeigen deren theoretischer, textlicher und thematischer Vielschichtigkeit. Die dramaturgische Reise der jungen Comic-Künstlerin Ines auf den Spuren der außerhalb ihrer bengalischen Heimat kaum bekannten Autorin und feministischen Vorkämpferin Begum Rokeya, deren 1905 veröffentlichtes Titelwerk eine matriarchalische Utopie beschreibt, ist eine zu Ide(ologi)en Studien und Analysen.
Vorgetragen werden sie von Ikonen des Metiers wie Mary Beard und Paul B. Preciado, deren gezeichnete Cameos verdeutlichen emblematisch die Ambiguität der imaginativen Inszenierung. Obwohl amüsant und beeindruckend, lenkt die prominente Präsentation von Inhalten ab statt sie zu betonen, und wirkt ähnlich gestelzt wie die spruchreifen Dialoge. Darin heißt es, sich der Realität zu stellen, sei edel; eine Herausforderung, der die träumerische Tour durch Länder, Literatur und Lebensläufe auf verschlungene, doch stets faszinierende Weise begegnet.
Fazit
Satte Wasserfarben, die über die Leinwand hinauszufließen scheinen. Kantige Konturen als Chiffre prägnanter Persönlichkeitszüge. Durchschimmernde Details in wortwörtlich malerischen Momentaufnahmen, deren Deutungen einander überlagernden wie die Zeitebenen der episodischen Handlung. Jene umrahmt ein philosophisches Potpourri, das zu entdecken Isabel Hergueras symbolistisches Spielfilmdebüt dem Publikum überlässt. Die ausdrucksstarke Ästhetik der von spielerischen Stilbrüchen aufgelockerten Szenengemälde wird zum künstlerischen Katalysator der psychologischen Perspektive. Dieser bilderbuchartige Blick auf eine Vielfalt feministischer Schaffenskraft besticht trotz seiner beklemmenden klassistischen Einschränkung.
Autor: Lida Bach