Inhalt
Nachdem er bei einem betrügerischen Kartenspiel einen Bankscheck seiner Firma über 5.000 $ verloren hat, begeht Arthur Winant Selbstmord. Die anderen Spieler, denen Danny Haley angehört, machen sich Sorgen über die Gefahren, die mit der Einlösung des Schecks einhergehen, doch das wird zu ihrer geringsten Sorge, als der Anführer der Gruppe erhängt aufgefunden wird…
Kritik
Düstere Bilder, lange Schatten, verruchte Hinterzimmer, tragische Anti-Helden, eine pessimistische Grundstimmung, schicksalhafte Frauenfiguren, oft mit traumatisierten Kriegsheimkehrern und gar nicht mal so selten ein Exil-Deutscher auf dem Regiestuhl: der Film Noir erlebte seine ganz große Zeit in den 40er Jahren und war stilprägend wie kaum eine zweite Bewegung der Filmgeschichte. 1950 war dieser Trend noch nicht gebrochen und Stadt im Dunkel erfüllt praktisch alle vorher genannten Eckpfeiler dieser Gattung wie selbstverständlich. Die Bilder sind düster, die Schatten diesmal nicht ganz so lang, die Hinterzimmer spielen eine entscheidende Rolle, die Stimmung ist (zumindest anfangs) ultra-pessimistisch, gleich zwei Frauenfiguren spielen eine entscheidende Rolle, der Protagonist ist Anti-Held und Kriegsheimkehrer zugleich und auf dem Regiestuhl nahm der gebürtige Ludwigshafener William Dieterle (Der Glöckner von Notre Dame) Platz. Checkliste mustergültig erfüllt, in der Theorie passt das optimal.
Aber auch in der Praxis kann sich der Film immer noch wirklich sehen lassen, die im Schlusspart zu Tage tretenden Kritikpunkte lassen sich zeitbedingt sogar noch schuldmindernd relativieren, da zur damaligen Zeit gerne noch dieser „auf Nummer sicher“ Weg gegangen wurde, anstatt sich voll auf die potentiellen Stärken und Möglichkeiten der Geschichte einzulassen und – ist leider so, Genre-unabhängig – das Frauen-Männer-Bild ist aus heutiger Sicht sicher nicht optimal gealtert. So what, aber als Kind seiner Zeit zählt Stadt im Dunkel zweifellos zu einem der besseren Film Noir, ohne in der Liga der ganz großen mitspielen zu können. Für den späteren Oscar-Preisträger, Testosteron-Bolzen und Feuerwaffen-Fanatiker Charlton Heston (Ben Hur) war es seine erste Hauptrolle in Hollywood und somit der Grundstein für eine Bilderbuchkarriere. Zu dem Privatmann Heston und auch zu seinem später oft selbstverliebt wirkenden Spiel kann man stehen will man will, was Leinwandpräsenz und Charisma angeht, war sein Starappeal unbestreitbar (der Marlon Brando-Faktor). Dies zeichnet sich bereits hier deutlich hervor und ist einer der ganz großen Pluspunkte des Films.
Heston spielt Danny Haley, einen desillusionierten Ex-Soldat, der nach dem Totschlag an dem Liebhaber seiner Ex-Frau (und seines ehemals besten Freund) auf die schiefe Bahn geraten ist. Nun hält er sich als Mitbetreiber eines illegalen Wettbüros in Chicago irgendwie über Wasser und ist mit der Sängerin Fran (Lizabeth Scott, Der blonde Tiger) lose liiert. Diese bringt unabsichtlich den braven Arthur Winant an den Pokertisch von Danny und seinen Freunden, die den armen Hund nach allen Regeln der Kunst ausnehmen. Nachdem er Firmengelder verzockt hat, erhängt er sich in seinem Hotelzimmer. Danny hat daraufhin nicht nur aus taktischen Gründen, sondern durchaus auch moralische Bedenken, den Scheck des Toten einzulösen, allerdings werden die Probleme schnell sehr akut. Denn Arthur hat einen Bruder, der ihn immer beschützte und scheinbar an massiv psychischen Problemen leidet. Als der erste seiner Mittäter – wie Arthur – erhängt aufgefunden wird, ist Danny klar, dass er sich in großer Gefahr befindet.
Auch wenn die Beweggründe des Protagonisten durch die Bedrohung von Außen auch abseits von Moral nachvollziehbar sind, ist besonders die ambivalente und jederzeit glaubhafte Charakterzeichnung von Hestons Figur bemerkenswert. Der Zwiespalt zwischen Ganove aus Überlebenszweck und menschlichem Dilemma ist jederzeit enorm greifbar, seine Handlungen über weite Strecken absolut logisch und erst gegen Ende schleichen sich handelsübliche Mechanismen ein, die den bis dahin clever geschriebenen und handwerklich astrein inszenierten Film weit über den Genre-Durchschnitt heben. Im Schlussspurt wird Danny sicherlich dann doch als zu moralisch geläutert und aufopferungsvoll hingestellt und schlussendlich gewährt ihm auch Fran die (alles andere als wohlverdiente) zweite Chance, da er eben ihr Traummann ist und sie nur eine Frau, die sich einfach glücklich schätzen kann. Naja. Aber unter dem Kritikpunkt ließen sich etliche Filme (und sogar Klassiker bis Meisterwerke) dieser Epoche locker in der Luft zerpflücken, trotzdem soll es nicht unerwähnt bleiben. Und es gibt eben noch Filme, die über diese Hürde nicht stolpern.
Fazit
Atmosphärisch starker, weitestgehend packender, ambivalent erzählter Film Noir mit einem extrem charismatischen Hauptdarsteller zu seinen Anfangszeiten und einem interessanten Plot, der lediglich am Ende nicht ganz seine Möglichkeiten ausschöpft. Freunde dieser Filmgattung sollten aber dringend investiert sein und auch als Einstiegswerk eignet sich dieser Beitrag völlig problemlos. So gesehen eine glasklare Empfehlung.
Autor: Jacko Kunze