5.6

MB-Kritik

Saw X 2023

Mystery, Horror, Thriller

5.6

Tobin Bell
Shawnee Smith
Synnøve Macody Lund
Steven Brand
Renata Vaca
Joshua Okamoto
Octavio Hinojosa
Paulette Hernández
Jorge Briseño
Costas Mandylor
Michael Beach
Isan Beomhyun Lee
David Alfano
Katie Barberi
Lucía Gómez-Robledo
Donagh Gordon

Inhalt

Zwischen den Ereignissen von SAW I und II begibt sich John Kramer (Tobin Bell) nach Mexiko, um sich einer experimentellen medizinischen Behandlung zu unterziehen. Die Hoffnung auf eine Wunderheilung treibt ihn an. Doch stattdessen entdeckt er, dass die gesamte Operation ein teuflischer Betrug ist. Mit einem neuen Ziel vor Augen kehrt der berüchtigte Serienmörder zu seiner Arbeit zurück: Er dreht den Spieß um und zieht die Betrüger auf seine ganz eigene, hinterhältige und raffinierte Art zur Rechenschaft.

Kritik

Saw: Spiral ist gescheitert. Als Versuch, das blutige Horror-Franchise fortzusetzen, erweist er sich als missglückte Erweiterung sowie auch als vergeblicher Versuch der Modernisierung. Dieser Film, von dem Hauptdarsteller Chris Rock offensichtlich sehr überzeugt war, hat eher seine Karriere geschadet als der Oscar-Slap. Nach diesem (finanziellen) Debakel hätte die Serie bequem in altbewährte Bahnen zurückkehren können, doch die Autoren Josh Stolberg und Pete Goldfinger (sind seit Teil 8 im Boot) sowie Regisseur (drehte bereits Saw VI und Saw 3D - Vollendung) wählten einen anderen Weg. Ihr neuer Beitrag wirkt tatsächlich erfrischender als alle bisherigen Ableger, die der Überraschungshit von 2004 hervorgebracht hat. Um Missverständnisse zu vermeiden: Saw X  bleibt seinem Wesen treu. Es gibt groteske Fallen, die abstruse, hirnverbrannte Philosophie von Mastermind John 'Jigsaw' Kramer, vermeintlich clevere Twists und natürlich wird das Blut in Strömen vergossen. Aber der Ablauf ist neu gestaltet.

Seit dem zweiten Teil folgte die Serie einem ähnlichen Muster. Irgendwann wurde kaum noch verhehlt, dass es vor allem um die Apparaturen ging, mit denen Jigsaw seine Opfer malträtierte und meistens auch massakrierte. Saw X versucht hingegen, eine echte Geschichte zu erzählen. Sie mag nicht sonderlich intelligent sein, erfüllt jedoch erstaunlich gut ihren Zweck. Der todkranke Foltermeister glaubt, die Rettung für sich gefunden zu haben, doch seine Hoffnung wird zunächst aufgebaut, um dann zerschmettert zu werden. Doch Rache ist süß, und in diesem Kontext – wie bereits erwähnt, wir sprechen immer noch über Saw – auch ausgesprochen blutig.

Die Produzenten haben zugegeben, dass es ein großer Fehler war, Jigsaw in Saw III sterben zu lassen. Seitdem war er in Rückblenden immer präsent, was die Filme aber nie von seiner Gravität befreien konnte. Ganz gleich, welcher Erbe seines Vermächtnisses auftauchte, es gab immer nur den einen Jigsaw. Saw X scheint dieses Problem erkannt zu haben und versucht, es mit einem simplen Trick zu lösen: Der Film spielt zwischen dem ersten und zweiten Teil. Im Wesentlichen fühlt sich der Film wie ein Legacy Sequel an, das die anderen Nachfolger so gut wie möglich ignoriert. Keine Sorge für die eingefleischten Fans, ein paar Überreste der Teile zwei bis acht sind immer noch zu finden.

Es ist eine kluge Entscheidung, die Serie mit Saw X zu entlasten und gleichzeitig die Struktur zu variieren. Dies beinhaltet allerdings auch, dass John Kramer entweder als unschuldiges Opfer dargestellt oder überhöht heroisiert wird. Das hat fast schon etwas Selbstverliebtes. Der moralische Kompass ist ziemlich schief. Dies dürfte Zuschauer, die sich daran stören, vor Herausforderungen stellen, insbesondere wenn Jigsaw zum lieben Onkel, wenn nicht sogar zum White Savior hochstilisiert wird, der nur das Beste für die Menschheit im Sinn hat. Dass dabei Personen zerfleischt werden, scheint nicht so wichtig zu sein. Das Ganze wirkt ziemlich absurd und fragwürdig. Man kann dem zehnten Teil jedoch schwerlich den Unterhaltungswert absprechen – zumindest für diejenigen, die solche Filme mögen oder Fans von Hauptdarsteller sind.

Der Schauspieler, der bereits seit 1979 aktiv ist und vor seiner Rolle als Jigsaw in Produktionen wie Mississippi Burning, Die Firma oder GoodFellas mitwirkte, trägt den Film mit Bravour. Auch, weil er mit (Ragnarök) in der Rolle von Dr. Cecilia, eine durchaus fähige Gegenfigur erhält. Die anderen Charaktere sind da eher Beiwerk. Sie sind meist nicht mehr als menschliche Blutbeutel, die nur dazu dienen in Jigsaws Maschinen zu landen. Zwar haben sie mehr Substanz als frühere Opfer, sie als ernsthafte Figuren zu bezeichnen, wäre jedoch zu viel des Guten.

Im Gegensatz zu den vorherigen Teilen, die oft ernst und grob waren, enthält Saw X übrigens eine Prise Ironie. Sei es Jigsaw, der sich selbst als Life Coach bezeichnet, oder Cecilia, die eine Szene fast schon in eine Splatterkomödie verwandelt. Der Film an sich ist noch weit davon entfernt, zu einem selbstreferenziellen oder auf Meta-Ebenen abzielenden Lachfest zu werden. Doch die Verbissenheit der früheren Teile ist Vergangenheit, ebenso wie die optische Ausrichtung. Die visuelle Gestaltung war früher eher zweckmäßig als ansprechend. Saw X hingegen sieht recht ordentlich aus. Obwohl der Film keinen hinreißenden Look besitzt, ist er im Vergleich zu den hässlichen Ästhetiken der vorherigen Teile eindeutig ein Fortschritt und das sorgt mit dafür, dass Saw X der beste Teil seit dem Erstling ist.

Fazit

"Saw X" setzt die Tradition der Serie fort, kombiniert aber eine neue Erzählweise mit den bekannten Elementen. Für Fans des Franchise bietet der Film ein blutiges Spektakel mit einem Hauch von Ironie und einer aufgewerteten Ästhetik. Ein gelungener Versuch, die Serie neu zu beleben und gleichzeitig ihre Wurzeln zu ehren. Das hätte gerne noch etwas radikaler vom Neuansatz sein können, als Revitalisierung der Reihe macht der zehnte Teil keinen herausragenden, aber einen guten Job.

Autor: Sebastian Groß
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