7.6

MB-Kritik

Sanjuro 1962

Action, Comedy, Drama, Crime, Thriller – Japan

7.6

Toshirō Mifune
Tatsuya Nakadai
Keiju Kobayashi
Yūzō Kayama
Reiko Dan
Takashi Shimura
Kamatari Fujiwara
Takako Irie
Masao Shimizu
Yūnosuke Itō
Akira Kubo
Hiroshi Tachikawa
Yoshio Tsuchiya
Kunie Tanaka
Tatsuyoshi Ehara
Akihiko Hirata

Inhalt

Japischer Actionfilm aus dem Jahr 1962. Neun junge Samurai, die der Korruption in den eigenen Reihen überdrüssig sind, fragen genau den falschen um Rat. Zum Glück ist Sanjuro zur Stelle und durchschaut den vermeintlichen Helfer. Der Film basiert auf dem Buch Peaceful Days von Shugoro Yamamoto.

Kritik

Wenige Regisseure haben die Rezeption des Samuraifilm-Genres weltweit so beeinflusst, wie der Japaner Akira Kurosawa (Rashomon). Mit Die sieben Samurai hat er den wohl bekanntesten Film in dieser Hinsicht gedreht. Sein Werk Yojimbo - Der Leibwächter fand über den Italo-Western und Sergio Leone Eingang in die westliche Welt. Sanjuro, der Film der Stunde, wird oft in Verbindung mit Yojimbo erwähnt. Ähnliche Handlung, ähnliche Poster, ähnliche Figuren-Konstellationen und Toshiro Mifune (Bilanz eines Lebens). Die Geschichte ist dabei recht einfach: Ein Samurai-Clan leidet unter Korruption und einer Verschwörung im Innern. Sanjuro hilft neun jungen Samurai dabei, das Problem zu beseitigen. Doppelseitige Verdächtigungen, Paranoia und Unsicherheit erschweren dabei die Arbeit.

Sanjuro, der herrenlos umherwandernde Mann ist ein Superheld im Samurai-Kostüm, dabei aber eher Hancock als Tony Stark. Ein Mann, der sechs Kämpfer mit einem Arm umschubst, der sich mit einer ganzen Armee anlegt und ihr zeigt, wie viel ein Mensch bluten kann. Der aber auch oft in einer lethargischen Wut gefangen ist. Er ist verwahrlost und geheimnisvoll. Er legt eine gelassene Kompetenz an den Tag - seine Taten sprechen dabei für sein Können. Sein zynisches Dasein und die berserkerhafte Kampfstrategie zeugen jedoch von einem inneren Schmerz, der den Kämpfer so verwirrt, dass er ihn angewidert abstoßen will, indem er in wilder Raserei die Klinge blitzen lässt. Wenn Sanjuro loslegt, bleibt kein Auge trocken, kein Bauch verschlossen, keine Gliedmaße an ihrem Platz.

Sanjuro richtet wie ein Gott, ist aber ebenso fehlbar. Auch er kann nicht alles vorhersehen, auch er kann seinen Kopf nicht völlig unbemerkt aus der Schlinge ziehen und muss manchmal improvisieren. Er ist ein Samurai, der metzelt und schlachtet, der wütet wie ein Tiger, in einem Käfig, aus dem er auszubrechen versucht. Ein Samurai, der Menschen zerdrückt, als wären sie Fliegen. Der seinem Instinkt folgt, auch wenn ihm der Weg missfällt. Der wütend auf seine Gabe der Gewalt ist, wütend auf die Welt, weil sie ihm diese Gabe abverlangt. Es kann nicht richtig sein, was Sanjuro hier tut - und dennoch führt es zum Erfolg. Der Kampf der jungen Samurai gegen die Verschwörung ist für Sanjuro gleichzeitig ein Kampf gegen die Verschwörung in seinem Inneren. Nur der Selbstmord würde den absoluten Sieg versprechen; der Sieg über sich selbst. Kurosawa spielt hier äußerst geschickt mit den Klischees des Samurai-Genres und mit dem Ehrenkodex der Krieger.

Die erwähnt simple Geschichte besticht dabei vor allem durch zwei Komponenten. Einerseits schafft Mifune hier einen der besten Charaktere seiner Laufbahn. Von der ersten Sekunde bis zum letzten Schritt ist Sanjuro ein greifbarer Antiheld, der sich nur schwer mit der eigenen Räudigkeit abfinden kann. Andererseits ist diese blendende Schauspielarbeit in - und das muss man betonen - herausragenden Bildern durch Akira Kurosawa und seinen Kameramann Fukuzo Koizumi eingefangen. Die Simplizität der Handlung wird mit der technischen Perfektion erfolgreich bekämpft. Wie hier ein Arsenal von zehn Figuren in einzelne Einstellungen integriert werden, ist für jeden Filmfan eine Augenweide. Und über die Bilder gelingt es dem Meisterregisseur auch, seinen Beitrag zur Geschichte zu geben: Er wendet den Mythos des einsamen Helden ins Verkehrte. Kurosawa zitiert den John Ford auf John Wayne-Zoom aus Ringo. Direkt nachdem Sanjuro einem Widersacher den Magen aufgeschlitzt hat und die Blutfontäne exzessiv spritzt. Die Zeit der Helden ist vorbei. Sanjuro ist da.

Fazit

Mit „Sanjuro“ hat Akira Kurosawa ein technisch perfektes Samurai-Filmwerk abgeliefert, das einer simplen Geschichte konsequent folgt. Der Regisseur sowie sein Stamm-Darsteller Toshiro Mifune finden zu beeindruckenden Qualitäten und erzählen dabei eine Geschichte, die in jedem Italo-Western ein neues Zuhause finden würde. Dass selbst die spektakulären Kampfszenen stets übersichtlich gefilmt und nie durch seltsame Eingriffe verwirrend wirken, zeugt von der ruhigen Kontrolle, die Kurosawa auf den Film hatte. Im Gegensatz zu Sanjuro selbst, der wie ein Irrer durch die Meute metzelt.

Autor: Levin Günther
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