Inhalt
Kritik
Wie inszeniert man einen Western, ohne dabei klischee- oder stümperhaft zu wirken? Irgendwas mit Rache ist immer gut, raue Männer vom Leben gezeichnet, im Niemandsland zwischen zwei verlassenen Städten, stehen sich Auge in Auge gegenüber. Schüsse fallen, einer der Männer geht zu Boden. Welchen Satz spricht der Sieger, der dann bis zum allerletzten Atemzug im Kopf des Besiegten spukt und ihn mit aufgerissenen Augen im Wüstenstaubt leblos zurücklässt? Dieser Frage stellt sich auch der Protagonist des halb autobiografischen „Sie nannten ihn Diego“ (Sal) von Diego Rougier. Dessen Held (Fele Martinez) ist nämlich ebenfalls ein Regisseur, der in seiner Ideenlosigkeit auf die glorreiche Idee kommt, nach Nordchile in die wilde Wüstenei zu fahren, um dort Ideen für seinen Film zu generieren.
In Chile angekommen, trifft er ausgerechnet auf die Siedlung, in der ein ihm zum Verwechseln ähnlicher Mann von örtlichen Banditen seit Jahren gesucht wird. Also wird Diego kurzerhand entführt und gegen seinen Willen festgehalten, was zwar zu Stoff für den Film führt, aber auch die Gefahr in sich birgt, dass er den Film nie mehr drehen wird. Die Geschichte erinnert nicht von ungefähr an Robert Rodriguez‘ „El Mariachi“, auch hier landet ein Fremder in einer kleinen Stadt und wird durch unglückliche Umstände, ebenfalls eine Verwechslung, zum Suchobjekt örtlicher Banditen. Rodriguez‘ Film wurde mit einem sensationell niedrigen Budget von grob 7.000 US Dollar gedreht, das Budget von „Sal“ dürfte ungleich höher gewesen sein.
Unterbrochen wird die solide, aber von wenigen Höhepunkten bestückte Geschichte von gelegentlichen Intermezzos in Form von gedanklich gesponnenen Filmszenen, die den jeweiligen Inszenierungsstand des Films im Film zeigen. Das ist aber nicht mehr als ein Aufhänger, der die aktuelle Situation Diegos in Filmform gießt und nur durch die eher mittelmäßige Inszenierung auffällt. Diego lernt erst unbeholfen, später mit zunehmendem Erfolg den Gebrauch von Schusswaffen zu schätzen und setzt sich blutig gegen seine Feinde zur Wehr. Die dabei angesetzten Effekte sind für einen B-Movie beachtlich und bieten mit den wunderbaren Landschaftsaufnahmen den positiven Kern, der aber auch die neutralen Storyelemente beherbergt. „Sal“ ist salzig, staubig und blutig, aber auch beliebig.
„Sal“ bietet recht wenig, verlangt im Gegenzug aber auch nur, dass man sich auf ihn einlässt. Und die in knapp zwei Filmstunden verpackte Geschichte kann unterhalten. Denn er hat eins mit vielen B-Movie Vertretern gemein, er ist mit Liebe zum Film gemacht, auch wenn er die fast schon zwingenden popkulturellen Anspielungen an andere Westerngrößen vermissen lässt.
Fazit
Für Genrefans ein sicher interessanter, wenn auch betont unauffälliger neo-Western, der durch seine gelungene Gewaltdarstellung und sein Setting punkten kann. Nichtsdestotrotz bleibt man hinter den Möglichkeiten, was auch an der konstruierten und zu routiniert erzählten Geschichte liegt.
Autor: Magnus Knoll