Inhalt
Jeff Kincaid soll den Bau einer Eisenbahnstrecke zwischen Carson City und Virginia City auf die Beine stellen. Einige Einwohner der Stadt fürchten um das harmonische Idyll, Minenbesitzer Davis hat noch ganz andere Gründe um not amused zu sein: Seine Goldmine ist nur Tarnung, bisher verdienten er und seiner Männer ihren Lebensunterhalt durch das Überfallen von Kutschen, die vom Schienenverkehr in Zukunft ersetzt werden sollen…und wesentlich schwieriger auszurauben sind.
Kritik
Das tägliche, mühselige Buddeln nach Bodenschätzen ist nicht so das Ding vom selbsternannten Lebemann „Big“ Jack Davis (Raymond Massey, Jenseits von Eden). Die Goldmine von ihm und seinem etwas weniger eloquenten, eher ungehobelten Partners Squires (James Millican, Winchester '73) - dem klassischen Kompagnon fürs Grobe – fördert schon lange nichts mehr zu Tage, die Schornsteine werden nur noch zur Tarnung angeworfen. Eigentlich lässt Davis sein Gefolge als Champagner-Bande den Kutschenverkehr zwischen Virginia- und Carson City munter plündern. Champagner-Bande, da bewusst nur Geld von Banken oder staatlichen Institutionen geraubt wird, während die Insassen nicht nur in Ruhe gelassen werden, sie dürfen sich in der Zwischenzeit an Brathähnchen und Schampus laben. Denn, so Davis‘ Plan, wenn ausschließlich „die da Oben“ zu Schaden kommen und das normale Volk sogar fürstlich bewirtet wird, ist das allgemeine Interesse an der Ergreifung der Gang nicht besonders hoch.
Eine Idee, wie sie auch von einem zahmen James-Bond-Bösewicht oder einem Super-Schurken aus der 60er-Jahre Batman-Serie stammen könnte, und so ähnlich kommt Raymond Massey in dieser Rolle auch rüber, was sogar einer der positiveren Aspekte des sichtlich in die Jahre gekommenen Westerns Carson City ist. Bunt nachkolorierter Genre-Standard, der mit den klassischen Zutaten seiner Zeit keine größeren Experimente wagt. Ein bemüht raubeinig angepriesener Protagonist (zum damaligen Zeitpunkt schon 54 Jahre alt und sieht trotz aller Anstrengungen keinen Tag jünger aus: Randolph Scott, Sacramento), der als abenteuerlustiger, trinkender und raufender Hallodri mit leichten Ecken und Kanten verkauft wird, aber in Wahrheit auch nur etwas weniger spießig ist als die sonstigen Heldenfiguren der frühen 50er. Aber immerhin, nicht ganz der damals noch gerne verwendete Pfadfinder-Typ ohne Reibungsfläche, natürlich doch noch im sehr gemäßigten Rahmen. Dieser gerät mit dem Pseudo-Minenchef und hauptberuflichen Oberschurken aneinander, spannt durch seine kernige Männlichkeit dem kleinen, zu milchigen Halbbruder versehentlich die einzige attraktive Frau weit und breit aus (was soll man auch machen, Fluch oder Segen?), wird bald von der gesamten Gemeinde gehasst (etwas Umbruchs-Kritik ist natürlich auch vorhanden), wird mal in dem eigenen Meisterwerk eingeschlossen und darf am Ende selbst den Tag retten. Sprich Frau, Geld, Ehre und alles was dazu gehört.
Carson City ist eine nach herkömmlichen und erprobten Methoden abgeschmeckte Western-Pfanne mit Ablaufdatum spätestens seit dem Auftauchen von Sergio Leone, dafür ist er aber durchaus (noch) in Ordnung. Verglichen mit anderen Western dieses Zeitraums (Meisterwerke wie Zwölf Uhr mittags selbstverständlich ausgenommen, dem konnte der hier auch damals schon nicht mal die Sporen sauberlecken) etwas abwechslungsreicher, nicht mit dem ganzen harten Stock im Arsch, aber auch kein Straßenfeger. Vor 65 Jahren bestimmt grundsolide Unterhaltung, heute anschaubar ohne die echte Highlights und die ganz fatalen Aussetzer, wovon sich nicht jeder Film dieser Dekade (auch diverse „Klassiker“) freisprechen lässt. Einer der besseren Lückenfüller des MDR am Feiertag, ob man den immer griffbereit haben muss ist Ansichtssache.
Fazit
Zeitlich unübersehbar stark angeknabbert, auch weil die Sehgewohnheiten und Genre-Ansprüche sich drastisch wandelten, nicht erst durch das „moderne“ Kino. Aber dennoch bietet „Carson City“ eine recht angenehme Form von braven, gediegenen Unterhaltungswert, zu dem man besser Kaffee statt Whiskey serviert. Nicht schlecht, darüber kann er sich inzwischen schon freuen.
Autor: Jacko Kunze