Inhalt
Kim und Izzy sind beste Freundinnen und schreiben mit ihrem Einzug in ein Apartment mitten in einer US-Stadt ein neues Kapitel in ihren zuvor trüben Leben. Trotz anfänglicher Skepsis beim ersten Rundgang verbleiben sie im Zimmer mit ebenjener Nummer 203, dessen Ausstattung das Zusammenleben und die Freundschaft der beiden schon bald auf eine intensive Probe stellen wird.
Kritik
Eine bestimmte Zimmernummer, zwei beste Freundinnen und drei Objekte in dieser Wohnung, die den Weg für einen Horror-Aufenthalt ebnen – die Zutaten lassen Room 203 wie einen Verwandten der Folge „Lot 36“ aus Guillermo Del Toros Anthologie „Cabinet of Curiosities“ aussehen. Nach einer Demonstration der spukenden Kräfte in ebenjenem Zimmer, die Erinnerungen an „Smile“ wecken, werden die zwei jungen Erwachsenen Kim (Francesca Xuereb) und Izzy (Viktoria Vinyarska) kurz und knapp eingeführt. Beide verbindet eine enge Freundschaft und lösen sich von ihren Familien, während letztere mit einem Schicksalsschlag umzugehen hat. Kim wiederum beginnt ihr Studium an einem College, dessen Einweihungsfeier sie versäumt, aber lernt dafür den zufällig vorbeilaufenden Ian (Eric Wiegand, Outsiders) auf dem Campus kennen. Beide sehen ihre Berufung im Journalismus, wodurch die Konstellation dieses Horrorstreifens klar gezeichnet ist, aber der weitere Verlauf der Geschichte absehbar wird.
Die investigative Funktion des Journalismus wird mit der Ergründung des Room 203 simpel verknüpft, aber dies reichte den Drehbuchautor:innen anscheinend nicht aus. Sie fügen der Handlung eine Beziehungsebene hinzu, die dem Horror in der von Unheil heimgesuchten Wohnung im Wege steht. Währenddessen soll Kim einen Aufsatz über ein Thema schreiben, das sie beschäftigt und mit Izzy als anonymisierte Quelle setzt sie sich mit der Trauer und dem Umgang mit Verlusten auseinander. Taktgefühl als auch das Unterbringen von Ambition und enger Freundschaft unter einem Dach zu bringen wären interessante Punkte, die sich mit dem Ursprung der dunklen Kräfte hätten kombinieren lassen können. So eine Verbindung wird aber nicht hergestellt. Der Horror entwickelt sich graduell mit dem Tragen einer Halskette, dem Finden einer Spieluhr und einem Buntglas-Gemälde im Wohnzimmer. Frappierende Überschneidungen mit „Harry Potter und die Heiligtümer des Todes – Teil 1“ und dessen Amulett von Salazar Slytherin werden hierbei deutlich.Die von Trauer gezeichnete Izzy erlebt das Gefahrenpotenzial der drei Objekte am eigenen Leib, doch an einen existenziellen Rand, den der Beginn bereits überzeugend veranschaulichte, wird sich nicht erneut herangewagt, indem die Auswirkungen ohne Begründung teils revidiert werden.
Das größte Problem an Room 203 ist jedoch seine Laufzeit. Wirkte der Trailer temporeich gestaltet, so macht sich die Enttäuschung beim Endprodukt von einer Szene zur nächsten stärker bemerkbar. Auf ganze 100 Minuten streckt sich der investigative Horror-Trip, der um 30 bis 40 Minuten hätte gekürzt werden können. Zuschauende sollen sich zwar in der unwohlen Atmosphäre regelrecht suhlen, aber die Beziehungsebene stört und visuell beißt sich dies mit einem hippen Sepia-Filter. Zudem sind die Räumlichkeiten mit wenig Licht oder bei Nacht schlecht ausgeleuchtet, womit sich der Grusel an keiner Stelle etablieren möchte. In einigen Passagen blubbert ein Klavier vor sich hin, eine Bar-Szene wirkt wie ausgestorben durch die zu leise Musik und am Tag des Einzugs der Freundinnen wird ein verhunzter Elektropop-Song abgespielt. Harmonieren tun Bild und Ton nur selten und manchmal schimmert dabei ein Vorsatz durch. Die Schauspieler:innen bieten im Rahmen der Handlung, die im Verlauf auch in die Mythologie eintaucht, eine akzeptable Leistung, sodass Room 203 mit etwas Geschick und dem Entfernen eines Nebenstrangs ein bestenfalls solider Horrorfilm hätte werden können.
Fazit
„Room 203“ hätte die nötigen Mittel in seinen Räumlichkeiten stehen, um einen inspirierten, aber knackigen Psycho-Horrorstreifen zu präsentieren. Doch die Umsetzung gelingt nicht. Die Laufzeit zehrt zu sehr am Geduldsfaden, indem das Drehbuch ein unnötiges Beziehungsgeflecht kreiert und die Arbeit des Journalismus auf investigativer und persönlicher Ebene nicht mit den dunklen Kräften stark genug verknüpft wird. Hinzu gesellen sich eine schlechte Ausleuchtung in der zentralen Wohnung und eine Musik, die zur bloßen Untermalung genutzt wird. Vom Grauen fehlt jede Spur und am Tempo mangelt es gehörig, sodass schließlich in der Wohnung verschenktes Potenzial liegen bleibt.
Autor: Marco Focke