Inhalt
Die hübsche Jessie will es nach ihrem Schulabschluss gemeinsam mit ihren Freunden in einem Club so richtig krachen lassen. Man ist schließlich nur einmal jung. Als ihre Freundin Kim jedoch plötzlich verschwindet und auch noch Jessies neues iPhone mitnimmt, benutzt sie eine App, um ihr Telefon wiederzufinden. Nicht ahnend, dass es jemand auf sie abgesehen hat, bringt Jessie damit sich und ihre Freunde in tödliche Gefahr...
Kritik
Seit seinem Bestehen war das Horrorkino oftmals auch stets eine Reflexion aktueller gesellschaftlicher Zustände sowie des Zeitgeschehens, dem einzelne Vertreter des Genres jeweils entsprungen sind. Es durfte daher niemanden wirklich überraschen, dass auch moderne Trends wie soziale Netzwerke oder Smartphones früher oder später als zentrale Thematik ihren Weg in zeitgenössische Horrorfilme fanden. In der jüngeren Vergangenheit kam es hierbei zur Veröffentlichung von Werken wie Unknown User, Smiley oder Open Windows, in denen fortgeschrittene Technologien auf perfide Weise gegen ihre eigenen Nutzer gerichtet wurden.
Auch Recovery von Regisseur Darrell Wheat ist ein solcher Horrorfilm, in dem die Ortungsfunktion eines Smartphones per GPS zur Falle umgestaltet wird, die leichtsinnige, jugendliche Figuren in ihr Verderben lockt. Nach der ungemütlichen Einleitung, die den Zuschauer mit einer eher unkonventionellen Familie vertraut macht, stehen sämtliche Vorzeichen von Wheats Film jedoch zunächst auf Exzess. Für Protagonistin Jessie geht es unmittelbar nach dem High-School-Abschluss vor allem darum, sich in Partys, Alkohol und Drogen zu stürzen, nach denen sie sich erst recht sehnt, als sie ihren Freund auf seiner eigenen Party beim Fremdgehen beobachtet.
Zusammen mit der gleichaltrigen Kim, die Jessie dort neu kennenlernt und für die sie sofort große Sympathien entwickelt, ihrem aufdringlichen, neunmalklugen Bruder Miles und ihrem neuen Schwarm Logan begibt sich Vierergruppe in einen Club, wo sich zumindest Jessie und Kim mit etwas Kokain zusätzlich ihrer Feierlaune hingeben wollen. Diese Hingabe an jugendlichen Leichtsinn, öffentlichen Wahrnehmungsdrang und kurzfristige Kicks ist es jedoch, die dem Film lange Zeit unnötig im Weg steht.
Bis die Ereignisse in Recovery ansatzweise Fahrt aufnehmen, ist locker eine halbe Stunde des mit insgesamt 80 Minuten ohnehin recht kurzen Streifens vergangen. Man könnte Wheats Ansatz als langsamen Spannungsaufbau sowie ausreichende Figurenzeichnung begreifen, doch dafür bietet das schlecht konstruierte Drehbuch von Kyle Arrington (The Originals) kaum mehr als austauschbare Charaktere, die klischeehaft gestrickten Abziehbildern entsprechen, und vergessenswerte Dialoge. Aufgrund regelrecht hässlicher Bilder, die durch bleiches Color Grading an eine billige Amateur-Produktion erinnern und einem ungelenken Gespür für Rhythmus und Timing, bei dem der Regisseur beispielsweise Party-Szenen mit einer Verfolgungsjagd abwechselt und somit den Spannungsfluss erheblich ausbremst, ist Recovery zudem auch handwerklich überaus dürftig ausgefallen.
Als Kim plötzlich aus dem Club verschwindet und das verbliebene Trio dem Signal von Jessies Smartphone folgt, das Kim bei sich trägt, verschlägt es die Figuren in ein heruntergekommenes, vermeintlich verlassenes Haus, in dem passiert, was keinen Zuschauer ernsthaft überraschen dürfte. Für eine kurzweilige Home-Invasion-Achterbahnfahrt platziert Wheat effektive Spannungsmomente viel zu spät, während sich die Antagonisten im Vergleich zu den simpel gestrickten Protagonisten ebenfalls nur als öde Psychopathen aus der Psychohorror-Trickkiste entpuppen.
Auch wenn der Regisseur ganz zum Schluss mit einem Ende aufwartet, welches durchaus mit garstiger Boshaftigkeit punkten kann, verläuft sich das letzte Drittel des Films zuvor in unlogischen, kaum nachvollziehbaren Entscheidungen der Figuren, labyrinthisch angeordneten Strukturen eines Hauses, mit denen Wheat kaum etwas anzufangen weiß und beiläufig eingestreuten Gewalteinlagen, die dem Szenario keinerlei Horror oder Spannung beizufügen wissen.
Fazit
Die Social-Media-Prämisse in „Recovery“ entpuppt sich als oberflächlich abgehandeltes Alibi, um einen schlecht konstruierten, klischeebeladenen sowie handwerklich unsauberen Horrorfilm von der Stange zu inszenieren. Nach einem viel zu langen, belanglosen Auftakt, der knapp die Hälfte der Gesamtlaufzeit für sich beansprucht, zerstört Darrell Wheats Home-Invasion-Szenario mit müden Schocks, verpassten Thrills und unnötigen Gewalteinlagen auch die letzten Hoffnungsschimmer auf einen zumindest halbwegs überzeugenden Genrebeitrag.
Autor: Patrick Reinbott