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Seit nunmehr 17 Jahren wird Florenz von einer grausamen Mordserie erschüttert. Die Opfer sind immer Liebespaare, die anschließend im Genitalbereich verstümmelt werden. Autor Ackermann arbeitet an einem Buch über die Taten und beginnt selbst mit der Suche nach dem Killer. Und es scheint, als würde er ihm sehr nahe kommen…
Kritik
Ein Giallo beruhend auf einer echten Mordserie, das kommt nicht allzu oft vor. Auch noch auf einer noch sehr jungen. Tatsächlich wurden in Florenz zwischen 1968 und ´85 sechzehn Menschen bei acht Doppelmorden umgebracht, alle nach dem gleichen Muster. Bis heute sind diese Verbrechen nicht aufgeklärt. Es gab Verdächtige, Verhaftungen, doch niemand wurde je dafür verurteilt. Darüber hinaus bestanden Indizien für einen satanischen Kult und somit mehrere Täter, eindeutig bewiesen wurde nie etwas. Mit seinem ersten von insgesamt nur drei Spielfilmen löste Regisseur Cesare Ferrario („La bella di Mosca“) sogar einen kleinen Skandal aus, schließlich lagen zwischen den letzten Morden und der Kinopremiere nur wenige Monate. Die Ermittlungen liefen auf Hochtouren, die seelischen Wunden der Angehörigen waren noch frisch und dann wird das Thema bereits für einen Film ausgeschlachtet, der zudem wild spekuliert über mögliche Täter und Motive. Taktgefühl sieht anders aus.
So bekam „Night Ripper – Das Monster von Florenz“ für einen kurzen Zeitraum zumindest ein wenig Aufmerksamkeit, die er aufgrund seiner eigentlichen Qualität kaum verdient. Weder als handfester Giallo, noch als ernstzunehmender, da auf aktuellen, wahren Begebenheiten basierender Kriminalfilm kann das Werk überzeugen, wirkt in seiner Mischung sehr unentschlossen und unglücklich. Von den grundlegenden Mängel in der Ausführung ganz zu schweigen. Obwohl Ferrario einerseits versucht, die Hintergründe der Mordserie zu beleuchten, sich hauptsächlich auf die (dröge dargestellten) Ermittlungen seiner Hauptfigur, dem Buchautor Ackermann (Leonard Mann, „Blumen der Nacht“), verlässt und sich somit theoretisch annährend verkaufen will wie beispielsweise David Finchers „Zodiac – Die Spur des Killers“, bedient er sich andererseits sehr eindeutig bei Elementen des klassischen Giallo. Besonders in der späteren Täter- und Motivbastelei wird tief in der typischen Kiste mit Kindheitstraumata und krankhaft gestörter Sexualität gekramt, wie es beinah jeder Film dieses Sub-Genres machte. Die Mordszenen werden zwar nicht als überstilisiertes Element reißerisch ausgeschlachtet, dennoch bewegt man sich schon im gelben Fahrwasser. Speziell die Eröffnungsszene könnte auch aus jedem Giallo oder auch Slasher stammen, mit nackter Haut, Blut und expliziter Gewaltdarstellung wird hier (noch) nicht gegeizt.
Konsequent in dieser Richtung wäre „Night Ripper – Das Monster von Florenz“ mit Sicherheit besser aufgehoben. Für mehr als zu einem beliebigen 80er-Jahre-VHS-Schlitzers zum Auffüllen des Videothekenregals reicht es beim besten Willen nicht, dafür fehlt es an allen Ecken und Enden an erkennbarer, fachlicher Kompetenz. Dem wohl angestrebten, spannenden Ermittlungsthriller kann weder die unspektakuläre, eher billig wirkende Inszenierung von Ferrario, noch das aus großzügig als Semi-Prominenz des italienischen B-C-Films zu bezeichnende Ensemble gerecht werden. Neben Leonard Mann dürfte gerade mal so eben Gabriele Tinti („Lisa und der Teufel“) dem Zuschauer durch diverse Rollen in nicht unbedingt immer hochwertigen Filmen vielleicht bekannt sein (war nicht nur im realen Leben der Gatte, sondern auch in mehreren ihrer Meisterwerke der Fummel-Gefährte von „Black Emanuelle“-Laura Gemser, das spricht Bände). Für einen gut gemachten Giallo mag das reichen, schauspielerische Glanzleistungen erwartet dort niemand, auch wenn sich zu der Blütezeit des Genres sogar immer mal wieder internationale Stars in ausgewählte Exemplare verirrten.
Dass die fetten Jahre des Genres in den späten 80ern längst vorbei waren (der brillante „Opera“ von Dario Argento natürlich ausgenommen) belegt dieses Exemplar mehr als deutlich. Von der Ästhetik und Stimmung früherer Werke ist das hier meilenweit entfernt, ist nicht mehr als zweckdienlich abgefilmte Schleuderware. Die hochinteressante, wahre Geschichte hätte einen deutlich besseren Film verdient. Eine gewisse Form von unbeholfener Bemühung lässt sich „Night Ripper – Das Monster von Florenz“ immerhin zugestehen. Vernünftig und vor allem zielstrebiger umgesetzt wäre vermutlich etwas Brauchbares entstanden. So sieht man lediglich die Intention, das fertige Produkt ist weder Fisch noch Fleisch, nur ein schlecht abgeschmeckter Eintopf ohne Salz. Nur so am Rande: Das Maintheme hört sich an wie das von „Nightmare – Mörderische Träume“ in einer eingejazzten Variante aus dem Kofferraum eines Fiat Punto geplumpst. Selbst da ist einem nichts eingefallen.
Fazit
Ambitionierte, daran allerdings gnadenlos gescheiterte Spät-Giallo-Variante einer spektakulären Verbrechensserie, die der des „Son of Sam“ aus den USA nicht unähnlich war, sogar noch geheimnisvoller. Bedauerlich, dass sich das cineastische Ergebnis selbst als schlichter Genrefilm nicht besonders sehen lassen kann.
Autor: Jacko Kunze