Inhalt
Taxifahrer Jerry muss mitansehen, wie einer seiner Fahrgäste auf offener Straße umgebracht wird. Er selbst kann den Killern entkommen und findet in dem Koffer des Toten eine Millionen Dollar in bar. Die Kohle kann er auch gut gebrauchen, denn der Mafiosi, dem sie gemopst wurde, heuert den berüchtigten Hitman Eckhart an, um Jerry auszuschalten und das Geld wiederzubeschaffen. Doch der als harmlos eingestufte Cabbie entwickelt neben einem ausgeprägten Fluchtinstinkt auch ungeahnte Survival-Qualitäten.
Kritik
„Niemand verlässt Vegas am Samstagabend.“
Es sei denn, man hat gerade ein von der Mafia geführtes Casino um 1.000.000 $ erleichtert, und das nicht legal am Spieltisch, sondern auf die ganz krumme, lebensgefährliche Tour. So einen Zeitgenossen soll der versoffene und runtergekommene Taxifahrer Jerry Logan (Ex-80er-Teenieschwarm Andrew McCarthy, Immer Ärger mit Bernie) samt seiner Beute zum Flughafen kutschieren, doch dort werden sie nie ankommen. Der Langfinger wird erledigt, aber Jerry kann stiften gehen. Wie er erst kurz danach feststellt mit einer ganzen Menge Trinkgeld. Nehmen oder nicht nehmen steht ja eh nicht mehr zur Debatte, denn auf der Abschussliste steht er als Kronzeuge sowieso schon. Und wenn schon untertauchen, gestaltet sich das mit genügend Reisespesen nur leichter. Wobei „leichter“ ein sehr theoretischer Begriff ist, wenn es sich bei dem Jäger um so einen skrupellosen Profi wie David Eckhart (Scott Glenn, Das Schweigen der Lämmer) handelt.
Krawallbruder Mark L. Lester (Die Klasse von 1984, Phantom-Kommando, Showdown in Little Tokio) gründete kurz zuvor seine eigene, kleine Produktionsfirma American World Pictures und Night of the Running Man war der erste Film, den diese selbst veröffentlichte. Allerdings nicht für die große Leinwand, sondern uraufgeführt bei HBO und danach als DTV-Beitrag weiterverwertet. Basierend auf der einzigen Novelle von Lee Wells, der auch das Script verfasste und danach völlig in der Versenkung verschwand. Selbst Lester und seine Mitarbeiter konnten ihm nicht mal die Tantiemen auszahlen, da sie ihn nicht ausfindig machen konnten. Schräg. Aber wenn man dem Regisseur glauben mag, war die Hauptfigur des verlotterten Alkoholikers Jerry (McCarthy süppelt im Film locker zwei Flaschen Bourbon, da wird keine Ruhephase ohne Glas verschwendet) stark autobiographisch angelegt (Wells fuhr selbst in Las Vegas Taxi), von daher hat ihn eventuell der eigene Lebenswandel einfach überrollt.
Sein Dasein als TV- bzw. Videozögling kann Night of the Running Man auch schwer verleugnen. Zwar im oberen Bereich solcher Produktionen angesiedelt, optisch aber unverkennbar kaum jemals für die große Leinwand konzipiert. Die kleine Hochphase von Mark L. Lester als erfolgreicher B-Movie-Handwerker hatte ihren Zenit auch schon nachweißlich überschritten, wobei dieser Film noch deutlich über dem Gerümpel steht, mit der er sich ab dann und bis heute seinen Lebensunterhalt zusammenkratzt. Das liegt nicht an einem besonders originellen Script oder einer hochwertigen Inszenierung, das bewegt sich alles im mausgrauen Durchschnittsbereich. Aber immerhin auch nicht weniger. Lester war nie bekannt für das Filigrane, für Eleganz oder Finesse und davon ist dieser Film naturgemäß auch ganz weit entfernt. Woran es ihm jedoch nicht fehlt ist Tempo. Sehr grob vergleichbar mit einem klassischen Hitchcock-Plot, in dem ein „Unschuldiger“ (könnte man drüber streiten, aber zumindest zufällig und unverschuldet) in einen Riesen-Schlamassel gerät, aus dem er nicht mehr herauskommt und somit erst nur die Flucht und später die Gegenoffensive übrig bleibt. Der Rhythmus ist durchaus okay, der Unterhaltungswert brauchbar, auch wenn speziell die völlig überflüssig im Schlussdrittel dran getackerte und absurd-hurtige Liebesgeschichte bald schon lachhaftes Niveau erreicht.
Ein großes Plus sind jedoch die beiden Hauptdarsteller. Von Scott Glenn ist man Vergleichbares natürlich gewohnt und wie zu erwarten gibt er als eiskalter Psychopath mit Gottesanbeterin-Qualitäten eine richtig schneidige Figur ab. Überraschend legt Andrew McCarthy erfolgreich sein gebrandmarktes Image als lässiger Twen-Playboy ab und überzeugt als runtergekommener, gehetzter Fuchs vor einem brutalen Bluthund. Viel gebracht hat es ihm nicht, derartige Vielseitigkeit hätte wohl 10 Jahre zuvor seine Karriere weniger einseitig und wesentlich nachhaltiger gestaltet, was jedoch diese ordentliche Momentaufnahme nicht abwerten sollte.
Fazit
Solide Durchschnitts-Ware ohne höhere Ansprüche oder auch nur den Versuch an solchen zu scheitern, aber das spricht wenigstens für eine realistische Selbstwahrnehmung. „Night of the Running Man“ ist immerhin kurzeilig ausgefallen, besitzt gewisse Qualitäten und verfügt über ein bemühtes wie fähiges Hauptdarsteller-Duo. Kann man mal machen, das dürfte im Normalfall aber auch ausreichen.
Autor: Jacko Kunze