Inhalt
Ein uralter Mann (Jared Leto) sitzt im Jahr 2092 vor einer Art Psychiater, dessen Gesicht vollständig tätowiert ist, und wird nach seinem Alter befragt. "34" antwortet der alte Mann, der sich im Jahr 2009 vermutet, denn er wurde am 9. Februar 1975 geboren.Der Psychiater möchte von ihm, dem letzten noch lebenden Sterblichen, da der Tod inzwischen überwunden wurde, etwas über seine Vergangenheit wissen, und setzt ihn unter Hypnose. Seine Erinnerungen gehen zurück in die Phase vor seiner Geburt, als er sich Mom (Natasha Little) und Dad (Rhys Ifans) selbst aussuchte, und als Nemo Nobody geboren wurde. Doch dann driften seine Lebenswege auseinander - ist er beim Vater oder bei der Mutter geblieben, als diese sich trennten? - Und welche der drei Frauen hat er wirklich geheiratet?
Kritik
13 Jahre hat es gedauert, bis der Belgier Jaco Van Dormael nach seinem Film "Am achten Tag" wieder Regie führte. Darüber, was er in dieser langen Zeitspanne gemacht hat, kann man nur mutmaßen, doch wenn auch nur ein Teil dieser Zeit in "Mr. Nobody" geflossen ist so hat es sich gewiss mehr als gelohnt.
"Mr. Nobody" ist ein außergewöhnlicher Film, voll von Kreativität, Tiefe, Emotionen und Schönheit, ein wilder Mix aus Drama, Sci-Fi, Fantasy und Romanze. Er erinnert in Zügen an Filme wie "Die Truman Show", "12 Monkeys", "Sie liebt ihn – Sie liebt ihn nicht", "Butterfly Effect", "Cloud Atlas" oder "The Fountain", ist aber doch anders als jeder von ihnen. Erzählt werden mehrere parallele Zeitebenen die das Geschehen immer wieder unter dem Aspekt aufzeigen, was geschehen wäre, wenn Nemo Nobody (Jared Leto) sich in seinem Leben für einen bestimmten Weg entschieden hätte entschieden hätte. Somit splittet sich die Geschichte immer mehr und mehr in Teilstränge auf und man sieht, wie folgenschwer selbst kleinste Entscheidungen im Leben sein können und wie der Schmetterlingsefekt sich auf das ganze weitere Leben einer oder mehrerer Personen auswirken kann. Jede dieser einzelnen Geschichten, die ja eigentlich doch eine sind, hat ihren ganz persönlichen Reiz und wird mit großen Emotionen und viel Gefühl erzählt. Eine Achterbahnfahrt der Gefühle, dessen Spektrum von Liebe, Glück und Vollkommenheit bis hin zur Depressionen und Trauer reicht – je nachdem, welchen Weg er in seinem Leben eingeschlagen hat. Vor allem die Geschichte um Anna (Diane Kruger), die Liebe seines Lebens, der im Film am meisten Zeit gewidmet wird, weiss zu begeistern. Ganz nebenbei werden auch allerlei philosophische Fragen über unsere Existenz aufgeworfen, die den Anspruch heben und zum Nachdenken anregen.
"You have to make the right choice. As long as you don't choose, everything remains possible." - Nemo Nobody
Nicht nur inhaltlich begeistert "Mr. Nobody", sondern überraschenderweise auch technisch und handwerklich, nicht selten gerät man ins Staunen über die vielen fantastischen kreativen Einfälle. Seien es die wunderschönen Bilder, die der Film zu bieten hat, die einfallsreichen Locations, die originellen Ideen, die gelungenen Kamerafahrten oder die ineinander übergehenden, genialen Szenenwechsel, die sich hier immer wieder finden und dabei teilweise an Marc Forsters "Stay" erinnern - Jaco Van Dormael hat einfach in jeder Hinsicht hervorragende Arbeit geleistet und zeigt sich über die gesamte Zeit hinweg verspielt mit seinem Projekt. Zudem trägt noch die Wahl der Musik von Pierre van Dormael zum mehr als positiven Gesamteindruck bei und unterstützt die vielen spektakulären Szenen bestens.
Auch schauspielerisch liegt "Mr. Nobody" auf ganz hohem Niveau. Jared Leto hat sich schon des Öfteren als großartiger Charakterdarsteller behaupten können, seine Rolle in "Mr. Nobody" zählt gewiss zu seinen besten Arbeiten. Beeindruckend ist auch seine Darstellung als 118 Jahre alter Mensch hinter einer Maske, wie man es in ähnlicher Weise schon bei Brad Pitt in "The Curious Case of Benjamin Button" gesehen hat. Wer während des Films sehr zu überraschen weiss ist die deutsche Schauspielerin Diane Kruger, die hier zur Abwechslung mal wirklich überzeugen kann. Der Nebencast schliesst sich den beiden nahtlos an.
Fazit
Narrativ, schauspielerisch und auch handwerklich ist "Mr. Nobody" eine Glanzleistung. Ein ganz besonderer Film, den man nicht verpassen sollte.
Autor: Sebastian Stumbek