Inhalt
Mr. Roger Hobbs, ein schwer arbeitender Familienvater, plant für den Urlaub dieses Jahr eine schöne Weltreise nur für sich und seine Frau. Doch diese macht ihm einen Strich durch die Rechnung: Sie möchte mit der ganzen Familie einschließlich Enkelkinder den Urlaub in einem Ferienhaus am Meer verbringen. Dieses erweist sich beim Eintreffen auch noch als Bruchbude. Die mitgenommene Haushälterin ist entsetzt und sucht nach kurzer Zeit das Weite. Bei einer Bootsfahrt mit seinem Sohn verlieren sie im Nebel die Orientierung und gelangen nur mit Glück wieder zum Hafen. Außerdem lässt sich der exzentrische Vogelbeobachter Martin Turner mit seiner Frau in dem Haus nieder und sorgt für weitere Komplikationen. Und so wird es für Mr. Hobbs nicht viel mit Geruhsamkeit.
Kritik
Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt. So ergeht es dem erfolgreichen, aber vom Alltag gestressten Banker Roger Hobbs (James Stewart, Winchester ´73), dem eigentlich für den Sommerurlaub eine romantische Europatour mit seiner Gattin Peggy (Maurin O´Hara, Die Taverne von Jamaika) vorschwebt. Diese überrumpelt ihn kurzerhand mit einem völlig anderen Programm: Bekannte haben ihnen ihre Strandvilla in der Nähe von San Francisco überlassen und Peggy nutzt die Gunst der Stunde, um auch die bereits das Nest verlassenen Töchter samt deren Anhang einzuladen. Eine Idee, von der Roger alles andere als begeistert ist, aber letztlich lässt er sich natürlich überreden. Somit reißt das Ehepaar Hobbs mit ihren beiden noch minderjährigen Kindern und der renitenten, bärbeißigen Haushälterin Brenda (Minerva Urecal, Im Schatten des Zweifels) voraus, in Erwartung ihrer anderen beiden Töchter, deren Gatten und den Enkelkindern. Da ist die Bude voll. Und mit der Bude fängt das Unheil an…
Denn die schicke Strandvilla entpuppt sich als die baufällige Ferienresidenz der Munsters. Mr. Hobbs ist geschockt und würde am liebsten auf dem Hacken kehrtmachen, aber nun wird der Käse eben durchgezogen. Und dem bemitleidenswerten Familienoberhaupt bleibt wirklich nichts erspart. Angefangen von dem Trümmerhaufen in dem sie hausen müssen über die nur widerwillig empfangene Sippschaft. Nicht etwa wegen den Töchtern, aber der Anhang: Schwiegersohn Nummer 1 Byron (John Saxon, Nightmare – Mörderische Träume) ist ein dauerklugscheißender Psychologe und Freud-Apostel, während er zu Schwiegersohn Nummer 2 Stan außer etwas flüchtigem Smalltalk noch keine richtige Bindung aufgebaut hat. Noch schlimmer sind die Enkelkinder, besonders der süße ADHS-Terror-Fratz Peter, dessen Hobbys sind Sachen kaputt machen und „Brumpa“ Hobbs zu beleidigen. Murphys Gesetzt, es schlägt unbarmherzig zu. Dauer-Kofferkuli Roger muss den handfesten Ehestreit seiner Kinder ausbaden, wird von einem blonden Dummchen vor den Augen seiner Frau ständig angebaggert, spielt den Tanz-Zuhälter für seine 14jährige, von Zahnspangen-Komplexen geplagte Tochter, segelt mit seinem Fernseh-süchtigen Sohn hilflos auf hoher See und muss am Ende gar Gastgeber für das wohl spießigste und doppelmoralischste Biedermann-Pärchen der Welt spielen. Wenigstens lernt er da mal, wie man richtig läuft. Selbst die Wasserpumpe scheint ihn ganz exklusiv zu mobben. Was war noch gleich mit Urlaub?
Dem erprobten Gespann James Stewart und Regisseur Henry Koster (Mein Freund Harvey) gelingt über weite Strecken eine äußerst amüsante und durchaus auch als Satire auf übliche Heile-Welt-Familienkomödien angelegt Gaudi, die am Ende natürlich doch wieder recht versöhnliche Töne anschlägt, was aber in seiner Entwicklung und Botschaft nicht nur absolut vertretbar, sondern genau so richtig ist. Ja, man darf und muss auch mal sagen dürfen, wenn man keinen Bock auf die bucklige Verwandtschaft hat, selbst wenn es die eigenen Kinder oder Enkelkinder (besonders diese!) sind. Deswegen ist man kein schlechter Mensch oder liebloser Vater, aber gerade wenn man eigentlich sich mal erholen wollte, dann bleibt mit eurem Scheiß doch mal zuhause. Stattdessen wird man in die Rolle des Problemlöser-Dullis geschubst, hat überhaupt keine Wahl und darf noch nicht mal – wie so oft heimlich angedeutet – doch nur mal entspannt „einen lupfen“ (Mein Freund Harvey lässt grüßen). Doch am Ende hat man es rückblickend natürlich irgendwie „gerne“ gemacht – auch wenn es in dem Moment eine Plage war. Das ist ehrlich, das ist herzlich und nicht so verlogen wie viele andere Komödien dieser Zeit, in denen Vati und Mutti immer die Besten sind und mit einem breiten Lächeln alle Turbulenzen in Zuckerwatte verwandeln. Von James Stewart fabelhaft entnervt gespielt und mit einigen entlarvend-witzigen Highlights veredelt, wie dem herrlich getimten Badezimmer-Showdown.
Fazit
Behält seinen anfänglich erstaunlich hämischen Biss nicht ganz bis zum Ende aufrecht, was aber eine bewusste und nicht zwingend schädliche Entscheidung ist. „Mr. Hobbs macht Ferien“ verschreckt das Harmonie-süchtige Publikum der alten Hollywood-Familien-Komödie nicht vollends, findet dafür geschickt eine Annährung zur angedeuteten Dekonstruktion. Nicht alles ist Friede, Freude, Eierkuchen und zwischenzeitlich ist es die reine Pest. Trotzdem hat man seine Bagage natürlich lieb und ist bereit, jeden Schrott auf sich zu laden, wenn es denn sein muss. Aber das Kind beim Namen nennen, das sollte doch erlaubt sein. Wenigstens.
Autor: Jacko Kunze