Inhalt
Die hochschwangere Sandra sitzt wegen einer Gewalttat im Gefängnis. Trotzdem kämpft sie darum, das Baby nach der Geburt behalten zu dürfen. Aber ist sie bereit dafür oder stellt die junge Mutter eine Gefahr ihr Kind dar?
Kritik
Letztendlich bleibt es namenlos, das titelgebende Ungeheuer, das in Christina Ebelts (Sterne über uns) schroffer Hauptfigur (eine herausragende Franziska Hartmann, Die Bilderkriegerin - Anja Niedringhaus) tobt, sie zum Zuschlagen bringt. Obwohl sie weiß, dass sie sich damit selber schadet, dass die unkontrollierte Wut immer wieder hochkocht, egal, wie oft Sandra sie runterwürgt oder rauslässt, wenn sie endlich einen Vorwand zum Zuschlagen gefunden hat. Geh boxen oder Holz hacken, sagt ihr Freund Miki (Slavko Popadic, Der Kroatien Krimi: Tod im roten Kleid) unironisch. Doch Sandra tut nichts und die Wut bleibt.
Wo sie herkommt, erklärt die Regisseurin und Drehbuchautorin nie. Nur, wo sie hinführt: in den Strafvollzug, wo das Publikum ihr erstmals begegnet. Da ist sie hochschwanger, was die Fragen aufwirft, die ihre Anwältin und die Leiterin des offenen Vollzugs stellen. Ist sie weiterhin eine Gefahr, womöglich für das Baby? Auch das lässt die karge Inszenierung offen. Klar ist, dass die Aggression nicht verschwunden ist, sondern brodelt greifbar in Sandras angespannten Gesichtszügen, gepressten Antworten und Kontaktvermeidung.
Dass sie emotionale Nähe kaum zulässt, ist einer der wenigen psychologischen Hinweise der Rückblenden. Selbige kulminieren in einer Tat, die ihr monotoner Alltag zwischen Fleischfabrik und Pflege der anstrengenden, aber keineswegs furchtbaren Mutter (Martina Eitner-Acheampong, Lu von Loser) nichtmal ansatzweise nachvollziehbar machen. Die Eskalation wirkt umso unverständlicher, da jeder Aufbau fehlt. Warum kann Sandra nicht gewaltfrei streiten, keine Grenzen oder Bedürfnisse formulieren? Was geht tatsächlich in ihr vor, wenn sie läppische Anlässe explodieren lassen? Viele Fragen, keine Antwort.
Fazit
In Grundzügen erinnert Christina Ebelts raue Bestandsaufnahmen anSystemsprenger, nicht zuletzt aufgrund der indirekten Infantilisierung ihrer hyperaggressiven Hauptfigur. Doch deren provokantes Porträt bleibt dick aufgetragene Kontur ohne Inhalt. Weder beleuchtet die frustrierend stagnative Handlung ein System, noch ein Milieu. Persönliche Entwicklungen, zum Guten oder Schlechten, sind nicht erkennbar. So wirkt die Protagonistin des formidablen Schauspielkinos wie ein Tier im Käfig: ihres Zorns und der Inszenierung, die das Prekariat im doppelten Sinne als soziologisches Spektakel ansieht.
Autor: Lida Bach