MB-Kritik

Mistress Dispeller 2024

Documentary

Inhalt

In ihrer verzweifelten Hoffnung, ihre Ehe zu retten, engagiert eine Frau in China einen Profi, der verdeckt ermittelt und die Affäre ihres Mannes auflöst. Mit auffallend intimem Zugang verfolgt Mistress Dispeller dieses sich entfaltende Familiendrama aus allen Ecken einer Dreiecksbeziehung.

Kritik

„Aller Menschen Begehren wird bestimmt durch die Leere in ihren Herzen“, kommentiert die fokussierte Agentin, die Elizabeth Lo (Stray) bei ihrer delikaten Arbeit begleitet, in einer Szene wie aus einem romantischen Thriller oder desillusioniertem Ehedrama. Etwas von beidem ist die fesselnde Studie einer manipulativen Ménage à trois, deren Faszination nicht im Szenario liegt, sondern dessen Soziologie. Packender als der Plot ist die Authentizität einer konfliktiven Konstellation, die nicht fiktiv ist, sondern dokumentarisch. Der Bedarf regelt das Angebot. 

Das der routinierten Titelfigur ist es, die Geliebten untreuer Ehemänner loszuwerden. Was brutal klingt, offenbar sich als Frage emotionalen Fingerspitzengefühls. Mrs. Li hegt den Verdacht, dass ihr Gatte fremd geht. Trennung ist für die wohlhabende Auftraggeberin keine Option. Nicht nur, weil Scheidungen in Chinas konservativer Mittelschicht verpönt sind, sondern sie ihren Mann noch liebt - und er sie. Davon jedenfalls ist die elegante Dame überzeugt und Wang Zhenxis Job ist es nicht, potenzielle Kundinnen zu vertreiben.

Dieses Schicksal trifft die Geliebte. Fei Fei ist jünger, hübscher und materiell schlechter gestellt. Die Geliebte sei das eigentliche Opfer, erklärt Wang in den nüchternen Einblicken in ihre Vorgehensweise, der die Kamera mit der ruhigen Konzentration einer gelehrigen Schülerin folgt. Der Blick ist niemals voyeuristisch, kein Bild reißerisch, keine Behauptung spekulativ. In ihrer Sachlichkeit liegt die intime Inszenierung näher an einer Dekonstruktion als der Dramatisierung eines professionellen Prozesses, der die Kommodität des Privaten bedrückend deutlich macht.

Fazit

Paradoxerweise ist es gerade die Abwesenheit emotionaler Ausbrüche und aufgebrachter Konfrontationen, der Elizabeth Los differenziertem Berufsbild seine latente Spannung verleiht. Die Gefasstheit der Beteiligten, denen die Regisseurin stets die Führung in den klar strukturierten Situationen überlässt, ist auch ein soziographischer Spiegel einer Gesellschaft, die emotionale Bedürfnisse rigiden gesellschaftlichen Normen und einer gefühllosen Geschäftsmentalität unterwirft. Über jeder der scharf beobachteten Szenen liegt eine Aura romantischer Resignation, verbunden mit seelischen Selbstdisziplinierung in bedrückendem Kontrast zur medialen Offenheit.

Autor: Lida Bach
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