Inhalt
Der Film ist eine stilisierte Biographie des ereignisreichen Lebens von japanischem Heiligtum. Yukio Mishima war Künstler, Schriftsteller und (fast) Revolutionär, der sich im Jahr 1970 mittels Seppuku das Leben nahm. Teile aus seinem Leben werden immer wieder mit verfilmten Szenen aus seinen literarischen Werken verbunden, sodass ein Gesamteindruck des Werkes und Lebens von Yukio Mishima entsteht.
Kritik
Dass dieser Film einen immens niedrigen Bekanntheitsgrad hat, liegt sicherlich daran, dass der Film etwas betagt ist und ohne bekanntere Namen auskommen muss. Das gute daran ist, dass das Werk keine großen Namen braucht, um Neugierige von sich zu überzeugen. Zwar fungieren hier die Namen Francis Ford Coppola ("Der Pate") und George Lucas ("Star Wars") als Augenfänger - beide waren im Amt des Ausführenden Produzenten tätig - doch eigentlich ist es die Lebensgeschichte des japanischen Autoren Yukio Mishima, die den Reiz ausmacht. Denn die Radikalität, die dieser Mann an den Tag gelegt hat, die ist ehrlich gesagt nur schwer zu glauben.
Paul Schrader (der das Drehbuch zu Marty Scorseses „Taxi Driver“ geschrieben verfasste) hat sich fünfzehn Jahre nach Mishimas Freitod daran gemacht, das Leben des (Ausnahme-)Künstlers zu erforschen. Einer Untersuchung kommt der Film gleich, die sich dem Autoren auf die scheinbar einzig richtige Art und Weise nähert. Als Rahmenhandlung dient hier die tatsächliche Lebensgeschichte des Japaners; von seiner frühen Kindheit, über seine Jugend, hinein in das junge Erwachsenenalter und die letzten Momente. Eine viel zentralere Rolle spielen hier jedoch die stückhaften Adaptionen dreier Mishimas Werke. Der Titel des Films „Mishima - Ein Leben in vier Kapiteln“ bezieht sich dabei gleich auf die dramaturgische Aufteilung des Filmes. Vier Kapitel, namentlich beauty, art, action und harmony of pen and sword, die zu Großteilen gar nicht den Star des Films zeigen, sondern sich seiner versteckten Persönlichkeit, die in seine literarische Werke floss, widmen und diese Kapitel stets mit stilistischen Eigenarten gezeigt werden.
Diese durchaus besondere Art der Näherung, die Paul Schrader für sein Werk gewählt hat, ist es, die den besonderen Reiz des Werkes ausmacht. Selbst (oder vor allem) für Zuschauer, denen Biopics oft zu linear sind, die nicht nur ihr Geschichtswissen abhaken wollen, sondern sich ein handfestes Charakterdrama wünschen - für die scheint dieser Film gemacht. Und das trotz der Tatsache, dass es ein wenig übereilt scheint, das Gezeigte des Films als „handfest“ zu bezeichnen. Denn der tiefste Kern des Filmes ist in der Tatsache verankert, dass das Leben des Mannes, der hier das Objekt der Untersuchung ist, ein einziger Widerspruch mit sich selbst war. Von Beginn an scheint das Leben von Mishima zum Scheitern verurteilt zu sein. Er merkt, dass seine Überzeugung ins Leere läuft. Als Künstler hat er das Bedürfnis, die Welt um ihn herum zu gestalten, doch je mehr er sich anstrengt, desto weniger Durchschlagskraft scheint seine Person zu haben, desto geringer scheint sein Einfluss.
Als Autor sind es Wörter für Mishima, die etwas bewegen können - und damit sind sie das Gegenteil der Welt, die für ihn rein körperlich ist. Konflikt, Gewalt, Sex. Die ganze Welt, das normale Leben scheitert an seiner Körperlichkeit, an der Vergänglichkeit von Schönheit; niedergeschriebene Wörter aber überdauern alles. Später wird Mishima diese Ansicht von einem neuen Blickwinkel aus betrachten; währenddessen springt Paul Schrader vor und zurück in der Zeit und von einer Roman-Adaption in die nächste. Die eigens nachgestellten Szenen kommen mit eigenen Farbeigenschaften daher. Schrader, großer Fan von Yasujiro Ozu ("Die Reise nach Tokyo"), lehnt seine Inszenierung an die Japanischen Filme der 30er an, wechselt von Farbe zu schwarz-weiß und vermischt alles zu einem wahrlich bunten Mix aus verschiedenen Stilen, Stimmungen und Ansätzen, die in der Summe ein großes Bild zeichnen. Ein Bild über einen Menschen mit einer polarisierenden Existenz und ein Bild über ein paradoxes Leben.
Die scheinbar charakterisierende Eigenschaft der Widersprüchlichkeit, die Mishima früh als tragend für sein Leben beschrieb; sie findet ihren Weg über Schraders Regie in den Film. In den Adaptionen der Geschichten spiegeln sich Elemente seines Seins wieder. Der Bruch mit und die Sucht nach der pompösen Schönheit, die Erfüllung im Leid, das Heldentum im Martyrium, Narzissmus in der Selbstzerstörung. Mishima scheitert, um zu siegen, wenn er sich am Ende doch fotografieren lässt und das Wort komplett außen vor lässt. Stattdessen lässt er den Körper sprechen. Selbstverständlich lässt sich bei diesem Werk debattieren, inwiefern das Gezeigte der Wahrheit entspricht, inwiefern die künstlerische Freiheit gewährleistet wurde. Im gleichen Gedankengang muss man allerdings ebenso darüber grübeln, ob diese Fragen wirklich relevant sind. Muss dieser Film ein Leben faktisch abhandeln, das letztendlich selbst ein großes Kunstwerk werden sollte? Ein Leben also, das sich über eine klare Position aber vage Linien und Ideen identifizierte?
Fazit
Mit „Mishima: Ein Leben in vier Kapiteln“ hat Paul Schrader ein herausragendes, weil erfrischend anderes, Biopic inszeniert. Der Regisseur springt fröhlich zwischen den Zeit- und Handlungsebenen vor und zurück, bezieht sich in der Rahmenhandlung auf das tatsächliche Leben des japanischen Star-Autoren, konzentriert sich aber in der meisten Zeit auf die Adaption verschiedener Werke von Mishima. Das klingt etwas bunt durchmischt, ergibt letztendlich aber einen Mix, der durch imposante Musik und Bildregie zu einem Werk opernhafter Natur wird. Audiovisuell ist das herausragend und inhaltlich nicht minder interessant, wenn Schrader die widersprüchlichen Elemente des Lebens vereint. Das Scheitern und der Sieg darin. Der Anfang vom Ende, der auch der Anfang vom Anfang ist.
Autor: Levin Günther