Inhalt
Für ihren Beruf sei keine Liebe erforderlich sagt die Prostituierte Yui, die gemeinsam mit ihren Kolleginnen Masako und Rie für einen Escort Service in Tokio arbeitet. Die drei jungen Frauen erledigen ihren Job mit höchster Professionalität: Die Kunden werden pünktlich besucht und zuvorkommend bedient. Und falls jemand Sonderwünsche hat, so werden auch diese erfüllt - selbstverständlich gegen Aufpreis. Doch das souveräne Geschäft mit dem käuflichen Sex gerät ins Wanken, als unerwartet persönli.
Kritik
Dawn of the Felines entführt den Zuschauer in die abgelegenen Gassen Tokios, in die kleinen Hinterzimmer, hin zu den heimlichen Begegnungen des ältesten Geschäfts der Welt, wo er uns vorerst mit einer Professionalität konfrontiert, die gewissenhaft jeden Funken Intimität von der Bedürfnisbefriedigung zu trennen versucht. Kazuya Shiraishi (One Night) fängt episodenhaft die isolierten Erfahrungen der drei Prostituierten Yui (Satsuki Maue) , Masako (Juri Ihata) und Rie (Michié, Silence) ein, um sie wieder in Pausenatmosphäre aufeinandertreffen zu lassen. Die heiteren Momente, die die melancholisch-triste Stimmung der Arbeitseinsätze aufbrechen, finden sich beim gemeinsamen Mittagessen, beim Gespräch zwischen den Buchungen. Dieser Kontrast, der durch den ulkig anmutenden Besitzer des Escort Services untermalt wird, steht sinnbildlich für das Thema des Filmes: die Auflösung der Grenzen zwischen dem Berufs- und Privatleben.
Dawn of the Felines kommt bisweilen dokumentarisch daher. Die wackelige Kamera eilt Charakteren hinterher, Szenen werden so aneinander montiert, dass sie nicht auf das Ausbilden einer Narrative angelegt sind, Dialoge erwecken den Eindruck von Interviewsequenzen. Die intendierte Authentizität soll Einblicke in ein fremdes Milieu ermöglichen und die Verschlungenheit von Professionalität und Intimität darstellen. Dabei ist Shiraishi feinfühlig genug, um keine klare Kerbe zwischen der entfremdeten Arbeit und der emotionalen Erfahrung dieser zu schlagen, sondern sie im Übergang zu zeigen.
Die späteren Szenen, die sich Verfangenheiten im Privaten widmen, bleiben dem tristen Ton des Werkes treu, versuchen ihm jedoch eine stärkere Dramatik abzugewinnen. Dabei entstehen Momente, die nicht vor Pathos zurückschrecken, die den Absprung von der Monotonie der bisherigen Lauflänge wagen, doch an ihr scheitern. Die sperrige Erzählweise, gepaart mit dem Drang der authentischen Darstellung, erlauben uns am Ende kein Mitschwingen. Sie bleiben als eine jener Unausgegorenheiten zurück, unter denen wir auch einen Ausflug in eine SM-Show und eingestreut humoristische Momente subsumieren müssen. Was bleibt ist ein langweilender Einblick, dessen Enthüllungen uns hinlänglich aus anderen Werken bekannt sind.
Auch konzeptionell verschenkt der Film seine Potentiale. Sein Fragen nach dem Innenleben der Charaktere wirkt zwar aufrichtig, doch in dessen Spannfeld zwischen Großstadtschmerz und Vergangenheitsbewältigung erwartbar. Verbindungen zwischen der Prostitution und anderer Lohnarbeit, durch die eine Verschiebung zu einer gesellschaftskritischen Perspektive ermöglicht wäre, deutet er durch Routinen (Taxifahrten, (Mittags-)pausen, etc.) an, verfolgt sie jedoch nicht weiter, bleibt beim Klischee der Milieu-Studie. Stattdessen verengt er die Verschiebung des Beruflichen ins Private auf das Sexuelle, greift nicht die verkaufte Intimität anderer Berufe auf, sondern bleibt bei der formelhaften Gleichstellung von Sexualität und Intimität. Infolgedessen bleiben auch emanzipatorische Bestrebungen in Einzelmomenten gefangen.
Fazit
"Dawn the Felines" präsentiert sich als authentischen Einblick in das Leben dreier Prostituierter, wobei seine bewusste Monotonie langweilt, seine Ausbruchsversuche unausgegoren wirken, er letztlich in den immer gleichen klischeebehafteten Narrativen kulminiert. Trotz seines sensiblen Zugangs, der eine aufrichtige Innenschau der Charkatere ermöglicht, gelingt es ihm nicht, neue Perspektiven zu gewinnen.
Autor: Maximilian Knade