7.1

MB-Kritik

Mary und die Blume der Hexen 2017

Adventure, Fantasy, Animation, Family

7.1

Ryunosuke Kamiki
Yûki Amami
Fumiyo Kohinata
Hikari Mitsushima
Jirô Satô
Ken'ichi Endô
Shinobu Ôtake
Ikue Otani
Kate Winslet
Jim Broadbent
Ewen Bremner
Lynda Baron
Morwenna Banks
Giles New

Inhalt

Während der einsamen Sommerferienzeit bei ihrer Tante Charlotte wird die junge Mary von der schwarzen Katze Tib zu einer seltsamen Blume im Wald geführt und stolpert in der Nähe sie sogar über einen Besen. Ehe sie sich versieht, trägt dieser das überraschte Mädchen über die Wipfel der Bäume, in die Wolken hinfort. Die Reise endet an der Endor Universität für Magie, wo Mary zuerst fasziniert von den vielen Eindrücken ist. Doch an dem mysteriösen Ort ist nicht alles, wie es scheint und die Zaubermacht kommt nur zu einem Preis.

Kritik

Dass Yonebayashi Hiromasas Regiearbeiten nicht die gleiche magische Perfektion ausstrahlen wie die des Studio Ghibli, für das er unter anderem an Spirited Away und Ponyo arbeitet, scheint zum Start seines dritten Animes bereits zum Gemeinplatz geworden. Gerade die genuinen optischen und dramaturgischen Details geben dem charmanten Debüt Studio Poncos die nötige Eigenständigkeit gegenüber den Klassikern, deren Stil unübersehbar die malerische Bildwelt des Fantasy-Abenteuers prägt. Noch fehlt es dem Regisseur (Marnie was here) scheinbar an ausreichend Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten – eine vielsagende Parallele zur jungen Heldin der Romanadaption. 

Mary Stewarts Kinderbuch The Little Broomstick ist einige Jahrzehnte älter als Harry Potter, von dem die Story trotz auffällig vieler Vergleiche nichts übernimmt (obwohl J. K. Rowling teils von Stewart inspiriert scheint). Schon die wilde Eröffnungsverfolgungsjagd, an deren halsbrecherische Dynamik keine spätere Szene heranreicht, gibt den dramatischen Grundton als untypisch bedrohlich vor. Die pittoreske Dorflandschaft, in der sich die 10-jährige Protagonistin anfangs langweilt, steht zu dem infernalischen Szenario im markanten Kontrast. Ambiguität und Dualismus, in positiven und negativen Variationen, sind wiederkehrende Themen der allegorischen Handlung.

Deren Subtext verknüpft ökologische und humanistische Themen mit dem universellen Konflikt der Selbstakzeptanz und -erkenntnis. Die titelgebende Blume, die Mary in die Hexenschule Endor und ihren neuen Bekannten Peter in Lebensgefahr bringt, verschafft ersehnte Anerkennung als vorgebliches Hexentalent. Doch Schulleiterin Madame Mumblechook durchschaut die Täuschung während Mary die ethischen Abgründe des Schulsystems erahnt. Die skrupellosen Ambitionen der Schulleiterin und des suspekten Doktor Dee spiegeln Marys hilfsbereiten Übereifer gleich bizarren Vorboten dessen, was sie werden könnten, wenn sie ihrem innerer Verunsicherung entsprungenen Drang zur Selbstoptimierung nachgibt.

Mit unverkennbarer Symbolik warnt die äußerlich faszinierende, jedoch auf Ausbeutung und Qual ausgerichtete Scheinwelt Endors vor einem elementaren Wertverlust, der den Ichverlust zugunsten einer trügerischen Verbesserung begleitet. Dabei differenziert der allegorische Plot stets zwischen neutralen Komplexen wie Magie oder Wissenschaft und deren zerstörerischer Unkontrollierbarkeit, entfesselt von Machtgier und Hybris. Die zeitpolitisch relevante Botschaft, eingebettet in detaillierte Tuschzeichnungen zwischen Phantastik und idyllischem Naturalismus und untermalt von Takatsugu Muramatsus Soundtrack, trägt die Geschichte auch über psychologisch inkohärente Momente. Ein rauer, aber vielversprechender Startflug in eine unverbrauchte Filmwelt.

Fazit

Obwohl narrative und ästhetische Imaginationskraft noch zu stark in äquivoken Andeutungen verharren und die Charakterisierung nie die literarisch vorskizzierten Möglichkeiten ausschöpft, reißt die zauberhafte Geschichte durch ihre eigenwillige Dynamik und thematische Nuanciertheit mit. Die durch das Vermarktungsmaterial implizierten Konventionen umgeht die lebhafte Allegorie auf der Suche nach einer individuellen künstlerischen Sprache. 

Autor: Lida Bach
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