Inhalt
"Maleficent - Die Dunkle Fee" erforscht die nie erzählte Geschichte der berühmtesten aller Disney-Schurkinnen aus dem Klassiker "Dornröschen" und zeigt den Verrat, der ihr gutes Herz schließlich zu Stein werden lässt. Getrieben von Rachsucht und dem grimmigen Wunsch, ihr Reich zu verteidigen, belegt Maleficent Aurora, die neugeborene Tochter des Menschenkönigs, mit einem grausamen Fluch, der nicht rückgängig zu machen ist. Als die Prinzessin heranwächst, gerät sie unweigerlich zwischen die Fronten der verfeindeten Mächte: ihrer liebgewonnenen Heimat, dem Reich des Waldes, und dem Königreich der Menschen, das sie eines Tages regieren soll. Maleficent erkennt, dass Aurora der Schlüssel sein könnte, damit endlich wieder Frieden im Land einkehrt, und sieht sich zu drastischen Maßnahmen gezwungen, die beide Welten für immer verändern werden.
Kritik
Heutzutage macht man keinen Halt mehr vor Remakes und Reboots. Vor allem bei Märchen. Da werden auf der einen Seite Rotkäppchen als "Red Riding Hood" und auf der anderen Seite Hänsel und Gretel als "Hänsel und Gretel - Hexenjäger" in düsteren und blutigen Manieren neu verfilmt und eigentlich ist so wirklich kaum jemand damit zufrieden. Disney wirft in ihren letzten Werken eher ein neues Augenmerk auf altbekanntes. "Rapunzel - Neu verföhnt“ oder "Die Eiskönigin“ haben dabei aber nette, sympathische Versionen der alten Geschichten gezeigt und damit gleichzeitig erfreut und überrascht. Es gibt also doch noch gute Remakes. Die Frage bleibt: Muss dennoch wirklich alles, was damals zum Kult avancierte, neu erzählt werden? Disney stimmt für ja und bringt uns zum 55 Geburtstag des Original-Dornröschens eine neu erzählte Version der Geschichte um die schlafende Schönheit. Bei "Maleficent", dessen Titel den Schwerpunkt der Neuerzählung schon recht deutlich macht, wählt man einen komplett neuen Ansatz, erzählt die Geschichte aus der Sicht des Bösewichts und ändert dabei mal gut drei Viertel des Originals ab. Aber funktioniert das auch? Oder verkommt "Maleficent" am Ende zu einer Art "Angelina Jolie – Der Film“, wie man bei all den Promos und Trailern befürchten konnte? Ist das Remake (wie man es schon nennen muss) nur Angeline Jolie-PR oder haben die Macher hier wirklich etwas neues, interessantes zu erzählen?
Die Antwort: Jein. Was "Maleficent" erwartungsgemäß großartig macht sind die Effekte und das Märchenflair. Der Märchencharme überrascht auf vielen Ebenen, da sich Maleficent durch seine leicht pathetische aber auch verträumte Erzählweise wie ein echtes Märchen alter Tage anfühlt und dabei einen unverkennbaren Disney-Charme mit sich bringt. Bei 200 Millionen Dollar Budget konnte man einiges an Effektwucht erwarten und dieses bringt der Film auch durch und durch mit sich. Die Wesen des Waldes, die Zauber, die Umgebung. Alles ist toll designed und großartig animiert. "Maleficent" ist einer der wenigen Filme, die sich in 3D wirklich lohnen. Die Kehrseite der Medaille ist dabei aber ein sehr schwaches Drehbuch, eine geforcet wirkende Storyline und ein mieses Pacing.
Wenn die ersten Szenen von "Maleficent“ auf der Leinwand erscheinen und sich die junge Titelheldin in luftigen Höhen durch den Märchenwald schwingt, dann klappt einem schnell der Kiefer gen Boden. So großartig ist das animiert, so stimmig wirken die Wesen und Pflanzen des Zauberwaldes. Man braucht nicht lange um sich vollends in dieser Zauberwelt zu verlieren, die Atmosphäre zu genießen und das detailverliebte Drumherum zu bestaunen. Diese Welt versprüht einen altbekannten Charme, den man schon aus den alten Disney-Märchen kennt und der in "Maleficent“ so echt wirkt, wie noch nie. Auch später im Film mag diese Welt und vor allem der 3D-Effekt immer noch zu überzeugen, ebenso wie der wummernde Sound des Orchesters. Man merkt schnell, dass Regisseur Robert Stromberg ursprünglich aus der Sparte des Production Designs kommt und dort für Filme wie "Alice im Wunderland" oder "Avatar“ (für welche er jeweils einen Oscar gewann) zuständig war. "Maleficent“ legt einen großen Wert auf seine Oberfläche und diese kann auch durch und durch überzeugen, ja sogar faszinieren. Wenn eine Armee von Baummonstern, angeführt von der dunklen Fee höchstpersönlich, auf eine Armee von Menschen trifft, dann ist das zwar nur ein kurzer Augenschmaus, aber einer, der sich gewaschen hat.
Doch wenn man so viel von der Oberfläche eines Films schwärmt, von seinen Effekten und seiner detaillierten Welt, dann fällt ganz schnell auf, dass die anderen Aspekte des Films anscheinend nicht so überzeugend sind. Und genau so ist es auch. Schlimmer sogar. Was "Maleficent“ an Überlegung und Kreativität bei seinem Design ausstrahlt, das fehlt dem Film beim Drehbuch, beim Pacing und bei der Geschichte. Die Story um die böse Fee (die im Untertitel zur dunklen Fee umgetauft wurde) aus Dornröschen bleibt blass und unüberlegt. Die Geschichte, die im Film immer wieder als die "wahre“ Geschichte um die schlafende Schönheit betitelt wird, hat weder einen wirklichen roten Faden, noch so etwas wie einen packenden Spannungsbogen. "Maleficent“ möchte mal eben die Geschichten zweier Frauen erzählen, ihr Heranwachsen, sowie ihre erste Liebe, während dabei auch noch eine Fiesling-Origin-Story betrachtet werden muss. Achja und irgendwo muss dann ja auch noch die eigentliche Erzählung des Märchenklassikers seinen Platz finden. Das ist für einen 90 Minuten Film (ohne Abspann) natürlich viel zu viel. Und so springt "Maleficent“ immer wieder von einem wichtigen Punkt zum nächsten, kommt einem gar wie ein Zeitraffer vor, der die Kindheit und Jugend von sowohl Maleficent als auch Sleeping Beauty im Schnelldurchlauf abspult. Der Grund für Maleficents Wandlung zum Bösen mag dann zwar nachvollziehbar sein, aber wenn der Film damit verbringt eine beinahe 45 Minuten lange Montage am Anfang hinzuklatschen, damit alle Weichen für die eigentliche Geschichte gestellt sind, dann kommen die Charaktere zum Einen arg zu kurz und zum anderen keine Emotionen auf.
Es wirkt beinahe so als hätte man bei "Maleficent“ viel zu viel und gleichzeitig nichts zu erzählen gehabt. Wenn nach der ersten Hälfte der Film eigentlich erst richtig los geht und vorher mal eben bei allen wichtigen Ereignissen, die sich über Jahrzehnte erstrecken, kurz Halt gemacht hat, dann verpufft das Erzählte plötzlich zu einem Wölkchen. Das große Problem des Films ist einfach sein Pacing und sein (oft hölzernes) Drehbuch, welches es einfach nicht schafft, die Geschichte vernünftig und emotional packend zu erzählen und zu wenig Zeit mit den Charakteren und den Geschehnissen zubringt. Ein Diaval (Sam Riley) und ein Prince Phillip (Brenton Thwaites) sind solch oberflächliche Figuren, dass sie dem Zuschauer vollkommen egal sind und man sich beinahe fragt, was sie überhaupt in dem Film zu suchen haben. Ein König Stefan ist dabei auch noch absolut falsch besetzt, obwohl Sharlto Copley eigentlich ein guter Schauspieler ist, hier aber überhaupt nicht gefordert wird. Hinzu kommt ein sehr alberner Humor. Die drei Feen (Lesley Manville, Imelda Staunton, Juno Temple), die für den Comic-Relief des Films sorgen sollen, fangen nach kurzer Zeit nur noch an zu nerven. Die besten komödiantischen Momente hat tatsächlich Angelina Jolie, dessen Malefiz mit ihren trockenen Sprüchen und ihrem düsteren Charme am ehesten zu begeistern weiß. Sie ist es dann natürlich auch, die den Hauptteil des Films einnimmt, die ein Motiv, eine Geschichte und eine Aufgabe bekommt (obwohl auch ihre Entwicklung immer wieder riesige Sprünge hinnehmen muss). Angelina Jolie ist bei all dem natürlich omnipräsent, was aber weit weniger negativ auffällt als gedacht. Sie macht ihre Sache auf jeden Fall gut. Eine Aurora (Elle Fanning), die eigentlich die emotionale Basis und Ausgangspunkt diverser Wandlungen der Geschichte darstellt, ist am Ende dann aber ebenso nebensächlich wie der Rest. Ihre Szenen sind rar und schnell vorbei. Zwar macht Elle Fanning das ganze in charmanter Manier, das rettet aber nicht darüber hinweg, dass das Drehbuch ihr, sowie allen Figuren außer Maleficent, keinen echten Charakter zusteht. Hier wollte man anscheinend so schnell wie möglich zum furiosen Finale kommen, weswegen alles, was irgendwie packende Emotion oder gar Charaktertiefe vermitteln kann, untergeht.
Kurz gesagt: Außen hui, innen pfui. Oder so ähnlich. Wer über ein hölzernes Drehbuch, ein mieses Pacing und einen fehlenden Spannungsbogen hinwegsehen kann, bekommt immerhin großartige Effekte, ein tolles Design und den unverkennbaren Disney-Charme spendiert. Mit all den Pros und Cons pendelt sich der Film also letztlich irgendwo im Durchschnitt ein.
Fazit
Von den Klischees und hölzernen Dialogen abgesehen, die der Film mit einem märchenhaften Charme zum Großteil überspielen kann, kann "Maleficent“ nur auf der Oberfläche mit den Effekten und dem Design wirklich begeistern. Der Rest fällt einem miesen Pacing, einem sprunghaften Drehbuch und einer spannungsarmen Geschichte zum Opfer, die sich viel zu viel vornimmt und eher wie eine einzige, große Montageszene und weniger wie ein runder Film wirkt. Mit etwas Feingefühl für wichtige Momente, besseren Dialogen und mehr Laufzeit wäre hier mehr drinnen gewesen.
Autor: Thomas Söcker