Inhalt
Britischer Vampirfilm aus dem Jahr 1983 von Tony Scott. Miriam und John sind bereits seit Jahrhunderten unsterblich und ernähren sich von menschlichem Blut. Eines Tages bemerkt John an sich Anzeichen es Alterns. Er erfährt, dass die vorigen Partner von Miriam alle schnell alterten und wendet sich an die Gerontolgin Sarah Roberts. Diese zeigt zunehmendes Interesse am Vampirleben.
Kritik
„Mein Liebling, es gibt keine Erlösung. Keine Ruhe. Und keine Trennung.“
Es gibt auch keine Eckzähne. Keine Kruzifixe und Sonnenallergie. Und generell nur wenige der klassischen Vampir-Mythen, die Tony Scott (True Romance) bei seinem mutig-eigenwilligem, experimentierfreudigem Spielfilmdebüt bemüht. Zu ihnen gehören der unstillbare Durst nach Blut und der (Alb)Traum des ewigen Lebens, die zentralen Themen von Begierde, die stellvertretend für die Angst vor dem Altern, dem Verfall, der Einsamkeit und einer obsessiven Abhängigkeit stehen.
In seinen ersten Minuten kommt Begierde mit einer knappen Handvoll gesprochener Wörter aus, verbalisiert sich durch seine Bilder und die dadurch transportierte Stimmung, die den Film bis zum Schluss dominieren sollen. Tony Scott erlangte später den etwas zweifelhaften Ruhm eines überstilisierten, Hochglanz-Videoclip-Regisseurs. Nicht zu Unrecht, betrachtet man speziell seine Actionfilme im neuen Jahrtausend, die dadurch oft nur künstlicher wirkten und nicht an Qualität gewannen. Bei Begierde sah das noch ganz anders aus, da er seine Atmosphäre unmittelbar über die audio-visuelle Präsentation bezieht. So (positiv) intensiv wie später in keinem Tony Scott-Film mehr. Wer nach der Eröffnungssequenz in einer 80er-Gothic-Disco (mit den Klängen von BAUHAUS) und dem folgenden „Frühstück“ nicht sofort ästhetisch Feuer und Flamme ist, der ist womöglich nicht im richtigen Film. Was nicht heißen soll, dass Begierde nicht theoretisch mehr zu bieten hat, denn der suggerierte Inhalt ist mehr als interessant. Trotzdem bleibt es in erster Linie ein beeindruckendes Muskelspiel der Fassade, das dafür mit bestechenden Momenten.
Inhaltlich verfolgt Tony Scott mit seiner modernen Vampir-Interpretation einen reizvollen Ansatz. Der Segen des ewigen Lebens als Fluch der ewigen Einsamkeit, über den sich nur partiell hinweg getröstet werden kann. Irgendwann holt einen das Schicksal ein, aus welchen Gründen auch immer. Die Gefährten verfolgt das Altern plötzlich, dafür im Eiltempo. Die Liebsten werden auf dem Dachboden verstaut, um auf die nächste Generation zu hoffen. Das eigene Blut ist dominant, aber offensichtlich nicht dominant genug, um die eigene Unsterblichkeit für immer und ewig weiterzugeben. Eine düstere Ballade über das Leid von Liebe und Tod, die in eindrucksvollen Bildmontagen und einem bestechenden Soundtrack veredelt wird, mit diversen Schwächen im erzählerischen Fluss, die dafür stark kaschiert werden.
Mit der scheinbar ewig jungen Catherine Denueve (Ekel) und dem androgynen Fabelwesen David Bowie (Der Mann, der vom Himmel fiel) – nicht nur für ihre Rollen - ideal besetzt funktioniert Begierde nicht zwingend als typischer, auf Spannung fokussierter Horrorfilm, mehr als sehnsüchtiges Portrait nach Liebe und Geborgenheit, mit vorprogrammiert pessimistischem Ausgang. Zur unfreiwilligen, aber devoten Henne im Korb wird Susan Sarandon (Dead Man Walking), die sich eine denkwürdige Szene mit der Deneuve gönnt, die derer beiden Karrieren maßgeblich prägen sollte. Sicher ein Höhenpunkt des Films, der aber auch verdeutlicht, wo diese liegen. Seinen möglichen und vielleicht angepeilten Anspruch kann er nicht zur Gänze erfüllen, suhlt sich lieber in seinen bis ins Detail durchexerzierten Szenen und seiner wahnsinnigen Ästhetik. Aber nicht weiter tragisch. Wer kann, der kann und darf auch gerne. Etwas lässt Begierde dann doch seine Möglichkeiten aus, liefert insgesamt immer noch einen faszinierenden und ungewöhnlichen Beitrag zum Blutsauger-Genre ab, den man nicht ungesehen lassen sollte.
Fazit
Bezirzende, glatte und doch enorm erotisch aufgeladene Vampir-Tragödie in erstklassiger Präsentation und mit einem hervorragenden Cast. Tony Scott kratzt bei seinem Debüt an die Tür von Arthaus- und Genrefilm, erliegt eher den oberflächlichen Reizen als der tieferen Interpretation, aber das dafür mit voller Hingabe.
Autor: Jacko Kunze